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SCHADSTOFFE/147: Nitrat im Grundwasser - Wasserwerke schlagen Alarm (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 407 - Februar 2017
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Wasserwerke schlagen Alarm
Nitrat im Grundwasser bereitet massive Probleme und hohe Kosten

von Christine Weißenberg


Weil die Wasserwirtschaft seit einigen Jahren vielerorts steigende bzw. auf hohem Niveau anhaltende Nährstoffeinträge in das Grundwasser beobachtet, engagieren sich ihre Interessenverbände u.a. im laufenden Prozess zur Neuregelung der Düngegesetzgebung. Sie machen Druck für verschärfte Auflagen - und vor allem für deren praktische Umsetzung.

"Wir haben in nitratbelasteten Gebieten seit Jahren zunehmende Kosten in der Wasserwirtschaft. Hier ist die Landwirtschaft gefordert, endlich dafür zu sorgen, dass weniger Stickstoff ins Grundwasser gelangt. Die geplante Reform der Düngeverordnung ist ein wichtiger Anfang. Das wird aber nicht ausreichen, weitere Schritte müssen folgen", so Katherina Reiche, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Kommunaler Unternehmen e.V. (VKU). "Es besteht ein Vollzugsdefizit", erklärt Christa Hecht, Geschäftsführerin eines anderen Zusammenschlusses, der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. (AöW): "Weil die Behörden die Landwirtschaft bei der Düngepraxis zu wenig in die Pflicht nehmen."

Steigende Kosten

Die Trinkwasserversorger geraten zunehmend selbst unter Druck, weil sie ihre Qualitäten aufrecht erhalten müssen. Bestehende Kooperationen der Wasserwirtschaft mit Landwirten vor Ort laufen seit vielen Jahren mit meist sehr guten Erfahrungen. Es gibt unzählige dokumentierte Erfolge durch Beratungs- und Maßnahmenprogramme, mit denen beide Seiten zufrieden sind. Aber durch andere Betriebe, die sich nicht an gute fachliche Praxis entsprechend der Vermeidung von Nährstoffeinträgen in Gewässer halten, entstehen laufend Verunreinigungen, wodurch mittlerweile in vielen Regionen die Kosten zur Reinigung des Trinkwassers steigen. Die guten Kooperationserfolge auf Basis von Ausgleichszahlungen rechnen sich dann schlicht nicht mehr. Hecht betont dazu: "Zu den Kooperationszahlungen an landwirtschaftliche Betriebe gibt es innerhalb der Wasserwirtschaft sehr unterschiedliche Auffassungen, weil sie dem Verursacherprinzip widersprechen. Aber vom ökonomischen Standpunkt war es vielen wichtiger und kam sie günstiger, solange Belastungen des Grundwassers direkt vermieden und dadurch Aufbereitungskosten für das Rohwasser gespart werden können."

Regional differenzieren

Die Stoffeinträge landwirtschaftlichen Ursprungs gelangen diffus über die Fläche in den Untergrund und damit in das Grundwasser. Das dauert je nach Bodenart und -mächtigkeit unterschiedlich lange und führt meist zu längerfristigen Beeinträchtigungen. "Wenn das Grundwasser in ihrem Einzugsbereich zu sehr mit Nitrat belastet ist, müssen die Wasserversorger Brunnen tiefer bohren oder gar auf andere Quellen ausweichen, sie müssen dann verstärkt auf Oberflächenwasser zurückgreifen", erläutert Reiche die Konsequenzen. Deshalb begrüßten die VertreterInnen der Wasserwirtschaft die Ergebnisse der letzten Kompromissverhandlungen zur Düngeverordnung zumindest als kleinsten gemeinsamen Nenner. Inhaltlich hatten die Verbände weitgehendere Forderungen, erkennen in der Ausrichtung jedoch zumindest eine bedeutendere Stellung von Umweltzielen. Zu einer regional differenzierten Herangehensweise fasst Reiche die Erwartungen des VKU zusammen: "Die Bundesländer sollen mit der neuen Düngeverordnung nicht nur die Gebiete ausweisen müssen, die mit Nitrat belastet sind, sondern in diesen auch die erforderlichen Maßnahmen zur Reduktion der Nitratüberschüsse umsetzen. Beispielsweise sollten ausreichend Lagerkapazitäten für den anfallenden Wirtschaftsdünger geschaffen werden oder ein qualifizierter Flächennachweis geführt werden." Der Wasserwirtschaft geht es keineswegs nur um Wirtschaftsdünger sondern um die Düngung insgesamt, mit Einsatz mineralischer Dünger. Problembereiche und -regionen haben sie an unterschiedlicher Stelle durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Tierhaltung sowie durch die Ausrichtung auf maximalen Ertrag auf den Ackerflächen ausgemacht. Hinzu kommen ausschwemmungsgefährdete Standortbedingungen.

Gezielt Lösungen finden

Einschränkungen und höhere Standards sind mit höheren Kosten für die landwirtschaftlichen Betriebe verbunden. Das kann bei unveränderter Markt- und Preislage für wirtschaftliche Schwierigkeiten bei den LandwirtInnen als schwächste Marktakteure sorgen. Doch dies scheint objektiv betrachtet weniger eine Sache für die politische Arbeit der Wasserwirtschaft als vielmehr für LandwirtschaftsvertreterInnen zu sein. Schließlich hätte gerade der Bauernverband genug Möglichkeiten, sich in die agrarpolitischen Entwicklungen mit Lösungsvorschlägen und Ideen für flankierende Maßnahmen einzubringen, damit die Mehrkosten für gesellschaftliche Anforderungen, die auch an anderer Stelle, wie beim Tierwohl, eingefordert werden, gedeckt werden. Anreize für eine weitere Intensivierung erweisen sich vor diesen Hintergründen immer stärker als nicht mehr zeitgemäß.

Politisch und behördlich sollte bei einer Veränderung der Düngegesetzgebung gezielt darauf geachtet werden, die Problementwicklungen, -regionen und -strukturen ehrlich zu benennen und für Veränderungen in die Pflicht zu nehmen. Sonst sehen sich eventuell auch diejenigen mit neuem Aufwand konfrontiert, die sich schon um eine Gewässer schonende Bewirtschaftungsweise bemühen, die Intensivierung nicht bis hin zu maximalen Erträgen ausgereizt haben und die für kein großes Verunreinigungsrisiko sorgen. Was ebenfalls dem Verursacherprinzip widerspricht.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 407 - Februar 2017, S. 17
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Mai 2017

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