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GESCHÄFTE/052: Warum Wasserkraftstrom besonders qualitätsvoll ist... (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 1033, vom 31. März 2014, 33. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Warum Wasserkraftstrom besonders qualitätsvoll ist



Dass der Strom aus Wasserkraftwerken etwas ganz besonders ist, davon ist ANTON ZELLER überzeugt. Der Schriftleiter der Zeitschrift "wassertriebwerk" betont im Editorial der Ausgabe 2/2014, dass im Hinblick auf die anstehende Neufassung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) bei der Vergütung des Wasserkraftstroms dessen Grundlastfähigkeit gebührend berücksichtigt werden müsste. Denn dank der Grundlastfähigkeit sei Wasserkraftstrom ein Beitrag zur Versorgungssicherheit. ZELLER schreibt weiter:

"Diese hohe Qualität des Stromes aus dem kostbaren Nass wurde bislang immer noch zu gering geschätzt. Schließlich darf auch diese Grundlastfähigkeit z.B. nicht durch überzogene Mindestwasserauflagen beeinträchtigt werden." Darauf muss dann natürlich die Schimpfe auf die Genehmigungsbehörden folgen, die bei der Festsetzung von Mindestwasserabflüssen "Maß und Ziel" verloren hätten. Dies ist in den Augen der Kleinwasserkraftbetreiber umso ärgerlicher, weil "die Wasserkraft eine heimische Notstromversorgung des Landes darstellt und viel Gutes bewirken kann".

Wie man aus Wasserkraftstrom möglichst viel Geld machen kann ...

... beschreibt Dr. jur. WILHELM BUERSTEDDE in der Febr.-Ausgabe 2014 der Zeitschrift "wassertriebwerk". Unter der Überschrift "12,67 Cent - Vergütung bei WKA-Bestandsanlagen nach EEG 2012" (S. 22-25) analysiert der wasserkraftaffine Jurist die Veränderungen der Einspeisevergütung für Strom aus Kleinwasserkraftanlagen bis zu einer Leistung von 500 kW vom Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) 2004 über das EEG 2009 bis zum EEG 2012 (vgl. RUNDBR. 974/1-3). Beim EEG 2004 wurde Wasserkraftstrom noch mit 7,67 Cent pro kWh vergütet. Wenn der ökologische Zustand - beispielsweise durch eine Fischtreppe - "wesentlich verbessert" wurde, stieg die Vergütung auf 9,67 Cent. Mit dem EEG 2012 lohnte sich "eine wesentliche ökologische Verbesserung" noch mehr - denn seit her winkt eine Einspeisevergütung von 11,67 Cent, und das für eine Dauer von 20 Jahren! Mit dem EEG 2012 wurde für Bestandsanlagen bei Investitionen in die technische Optimierung der Anlage und/oder in "wesentliche ökologische Verbesserungen" die Vergütung auf 12,7 Cent angehoben. Wobei im EEG 2012 eine "wesentliche ökologische Verbesserung" auf das "ganze ökologische Programm" des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) bezogen wurde. Nach § 23(4) EEG müssen die Anforderungen nach
§ 33 (Mindestwasserführung)
§ 34 (Durchgängigkeit)
§ 35 (Schutz der Fischpopulation)
erfüllt werden (siehe untenstehenden Kasten). Dabei sollten die Anforderungen allerdings nicht zu hoch geschraubt werden, mahnt Dr. BUERSTEDDE als juristischer Schutzpatron der Kleinwasserkraftbetreiber. Denn bei einer "wesentlichen ökologischen Verbesserung" nach § 23 (4) EEG sei keineswegs der "gute ökologische Zustand" zu erreichen. Vielmehr würde es reichen, wenn nur das herabgestufte "gute ökologische Potenzial" angestrebt werde. Denn die Wasserkörper, an denen mit Kleinwasserkraftanlagen Strom gewonnen werde, seien "regelmäßig als 'künstlich' oder 'erheblich verändert' eingestuft". [Hinter diese Behauptung kann man sicher ein Fragezeichen setzen.]

In § 23 Wasserkraft heißt es in Absatz 4 im EEG 2012, dass der Anspruch auf eine erhöhte Vergütung für Anlagen an oberirdischen Gewässern nur dann bestehe, "wenn die Wasserkraftnutzung den Anforderungen nach den §§ 33 bis 35 und 6 Absatz 1 Nummer 1 und Nummer 2 des Wasserhaushaltsgesetzes" entspreche. In der Begründung wird hierzu ausgeführt, dass Absatz 4, der auf § 23 Absatz 5 des EEG 2009 zurückgeht, "die ökologischen Kriterien für die Vergütung von Strom aus Wasserkraft mit Blick auf die Änderungen im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) neu formuliere. Nachdem im neuen WHG Anforderungen an die Mindestwasserführung (§ 33), die Durchgängigkeit (§ 34) und die Wasserkraftnutzung (§ 35) festgelegt wurden, bietet es sich an, im neu gefassten EEG auf diese Anforderungen zu verweisen. (...) Denn durch die im WHG formulierten Anforderungen werden die zentralen ökologischen Anforderungen im Zusammenhang mit der Wasserkraftnutzung benannt." [Die Absätze 4 und 5 - und damit die Bezugnahme auf das WHG - sollen übrigens bei der jetzt erneut anstehenden Neufassung des EEG gestrichen werden - dazu mehr in einem der folgenden RUNDBR.]
Wasserkraft: Rücksichtnahme auf Fische, die erst noch kommen sollen?

In seinen Erläuterungen zum Fischpopulationsschutz nach § 35 WHG erklärt BUERSTEDDE, dass es dabei nur um den Schutz "vorfindlicher" Fischpopulationen gehen könne. In dieser Ansicht bezieht sich BUERSTEDDE auf den Wasserrechtsjuristen Prof. Michael Reinhardt (vgl. RUNDBR. 1022/2-3), der in der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2011 auf S. 1089 zur Auslegung von § 35 die Meinung vertreten hat, dass gewässertypische Arten dann nicht geschützt seien, wenn sie "im Gewässer derzeit nicht heimisch sind" - und zwar auch dann nicht, wenn deren Wiederansiedlung "als ökologisch wünschenswert erachtet" werde. [Auch hier wäre wieder ein Fragezeichen fällig - siehe 1030/3.]

"Wesentliche ökologische Verbesserung": Gutachten statt Bescheinigung

Im EEG2009 hat es nach § 23 (5) für die Erlangung der erhöhten Einspeisevergütung über 20 Jahre ausgereicht, wenn der Wasserkraftbetreiber die "Bescheinigung" eines Umweltgutachtes über die erreichte "wesentliche ökologische Verbesserung" dem Netzbetreiber vorgelegt hat. Demgegenüber müsse jetzt nach EEG2012 vom Umweltgutachter "ein echtes Gutachten (...) mit ausführlichen Angaben" angefertigt werden. Nachzuweisen sei "das voll erfüllte 'ökologische Programm'" des WHG. Ein Vergleich mit den Verhältnissen vor der "wesentlichen ökologischen Verbesserung" werde allerdings "nicht mehr verlangt". BUERSTEDDE erwähnt des Weiteren, dass nach EEG2012 im Gegensatz zum EEG2009 das Gutachten des Umweltgutachters der Wasserbehörde zur Bestätigung vorgelegt werden muss (s. 974/3). BUERSTEDDE erwähnt nicht, dass diese Neuerung deswegen eingeführt worden war, weil mit den Bescheinigungen teilweise Schindluder getrieben worden war. "Wesentliche ökologische Verbesserungen" sind auch dann bescheinigt worden, wenn sich fast nichts verbessert hatte (s. 974/3; s. nächste Notiz). Nachdem sich BUERSTEDDE über diese Peinlichkeit hinweg gemogelt hat, lobt er Satz 3 in § 23 (4) EEG2012. Danach dürfe eine Bestätigung des Gutachtens des Umweltgutachters nur abgelehnt werden, "wenn die Behörde erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens hat" (so der EEG-Wortlaut). Da der Betreiber einer Wasserkraftanlage durch derartige Zweifel 20 Jahre lang am Geldscheffeln verhindert wäre, könne er in einem Widerspruchsverfahren "auf Erteilung der Bestätigung vor dem Verwaltungsgericht klagen". Gleiches Recht sei dem Umweltgutachter einzuräumen. Auch er könne auf Bestätigung seines Gutachtens über die Erreichung einer "wesentlichen ökologischen Verbesserung" klagen.

"Ungerechtfertigte Bereicherung" durch Kleinwasserkraftbetreiber

Nachdem sich drei Oberlandesgerichte mit getürkten "Bescheinigungen" befassen mussten, war auch dem Bundesumweltministerium aufgefallen, dass nicht wenige Kleinwasserkraftbetreiber dank dubioser "Gefälligkeitsbescheinigungen" unverdientermaßen zu viel Geld gelangt waren. Deshalb hatte das Bundesumweltministerium im Juni 2013 unter der Überschrift "Wasserkraft - Nachweis der Einhaltung gewässerökologischer Anforderungen durch Umweltgutachterbescheinigungen nach dem EEG 2009" Erläuterungen herausgegeben, welchen Ansprüchen eine Umweltgutachter-Bescheinigung entsprechen müsse. Die Bescheinigungen und Gutachten müssten "objektiv nachvollziehbar, widerspruchsfrei und schlüssig" sein, schrieb das BMU - und weiter:

"Dem genügen Bescheinigungen, die lediglich feststellen, dass ein guter bzw. wesentlich verbesserter ökologischer Zustand erzielt worden ist, in keinem Fall. Der Nachweis kann mit solchen Bescheinigungen nicht geführt und die Modernisierungsvergütung nicht in Anspruch genommen werden. Wird die Vergütung dennoch gezahlt, erfolgt dies ohne Rechtsgrund. Es liegt nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen eine ungerechtfertigte Bereicherung vor, deren Herausgabe der Netzbetreiber verlangen kann."

Zudem wies das BMU darauf hin, dass die Übertragungsnetzbetreiber (also die großen Vier) nach §35 Absatz 4 Satz 1 EEG "verpflichtet" seien, "derartige unberechtigte Vergütungszahlungen von den Netzbetreibern zurückzufordern". Die lokalen Netzbetreiber sollten deshalb die von den Wasserkraftbetreibern vorgelegten Bescheinigungen "sorgfältig" prüfen.


Das dreiseitige BMU-Papier mit dem Anforderungskatalog an Bescheinigungen und Gutachten zur Erreichung einer "wesentlichen ökologischen Verbesserung" bei Wasserkraftanlagen kann heruntergeladen werden unter
http://www.erneuerbare-energien.de/unser-service/mediathek/downloads/detailansicht/
Dort rückwärts blättern bis Juni 2013 "Hinweis"


Inhaltsverzeichnis für die BBU-WASSER-RUNDBRIEFE 2013
Das Inhaltsverzeichnis der RUNDBR., die im Jahr 2013 erschienen sind, findet sich auf unserer Homepage unter
http://regiowasser.ak-wasser.de/node/67

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1033
Herausgeber:
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Mai 2014