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FORSCHUNG/292: Wasserkraftwerke verschieben Temperaturregime in Flüssen (BBU AK Wasser)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 904 vom 1. November 2008 28. Jahrgang

Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Wasserkraftwerke verschieben Temperaturregime in Flüssen


Wasserkraftwerke ("Hydroelektrische Kraftwerke") können erheblichen Einfluss auf den Jahresverlauf der Flusswassertemperatur nehmen. Dies geschieht auf unterschiedlichen Wegen und hat negative Auswirkungen auf die Ökologie. Im Winter verbleibt Wärmeenergie aus den Sommermonaten im Staubereich und wird in die Wintermonate verlagert. Im Sommer erwärmt sich das Wasser auf den sogenannten Restwasserstrecken wegen des geringeren Abflusses. Außerdem wird durch Einleiten von Wasser in die Rhone, vor allem in Spitzenstromzeiten, ein Verlust von Wärme durch die Umwandlung potenzieller Energie in Strom verursacht. Am Beispiel der Rhone hat das EAWAG-Institut in der Schweiz eine Untersuchung bezüglich der Veränderung des Temperaturregimes unternommen (MEIER & WÜEST, 2004). Bilanziert wurde der Wärmehaushalt der Rhone vor und nach dem Bau der Wasserkraftwerke. Man konnte feststellen, dass der Wärmetransport in der Rhone innerhalb eines Jahres vor dem Bau der Wasserkraftwerke lediglich 3% geringer war. Eine wesentlich höhere Veränderung ergab sich bei Berücksichtigung der verschiedenen Jahreszeiten. Die Energie aus dem Sommerhalbjahr (-6 Terrawattstunden [TWh]) verschob sich in das Winterhalbjahr (+7,6 TWh). Das entspricht einer jahreszeitlichen Verschiebung der Wärmeenergie von ca. 12% bezogen auf einen jährlichen Wärmetransport von 44-55 TWh. Die daraus resultierende wasserkraftbedingte Temperaturverschiebung ist aus ökologischer Sicht unbedenklich. Viele Organismen sind in der Lage, sich langfristig an solch vergleichsweise geringen Temperaturveränderungen anzupassen.

Viel gravierender sind kurzfristige Temperatursprünge, die durch den Schwall-Sunk-Betrieb der Wasserkraftwerke an der Rhone verursacht werden. Diese Temperatursprünge haben unterschiedliche negative Auswirkungen auf den Stoffwechsel ("Metabolismus") von Fischen. Durch Trockenfallen von Flussabschnitten während der Sunkphase gleichen sich die geringen Wassermengen im Flussbett rasch der Umgebungstemperatur an. Demgegenüber fehlt in den meist kanalisierten Gerinnekanälen völlig eine seitliche Temperaturvariabilität aufgrund von fehlenden Stillwasserzonen oder Totarmen. Im Winter wird dadurch ein starkes Abkühlen und im Sommer ein starkes Erwärmen des Wassers im Kraftwerkskanal verursacht. Was bedeutet dass für die Fischbestände? Die Reduktion des Wasserabflusses durch Herunterfahren der Wasserkraftwerke zu stromverbrauchsarmen Tageszeiten kann vor allem im Winter zum Stranden von Fischen führen (SALVEIT, 2001). Im Winter ist die Aktivität der Fische ohnehin stark verringert was ihnen einen Ortswechsel erschwert. Besonders Bachforellen bei Temperaturen unter 4,5°C sind davon betroffen. In Flachwasserzonen kann sich Eis bilden, was sich negativ auf Fischeier und Embryonen auswirkt. Im Rahmen einer weiteren Studie wurde festgestellt das, dass das Wachstum von Bachforellen durch Temperatur- und Wasserabflussschwankungen sowie niedrige Wasserstände verringert wurde - im Gegensatz zu hohen stabilen Wasserständen (FLODMARK, 2004).


Literatur:

- FLODMARK, L., VOLLESTAD, L., & FORSETH, T. (2004). Performance of juvenile brown trout exposed to fluctuating water level and temperature. Journal of Fish Biology , S. 460-470.

- MEIER, W., & WÜEST, A. (2004). Wie verändert die hydroelektrische Nutzung die Wassertemperatur. 36 Wasser Energie Luft , S. 305-309.

- SALVEIT, S., HALLERAKER, J., ARNEKLEIV, J., & HARBY, A. (2001). Field experiments on stranding in juvenile atlantic salmon (Salmo Salar) and brown trout (Salmo trutta) during rapid flow decreases caused by hydropeaking. Regulated Rivers: Research & Management , S. 609-622.

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 904/2008
Herausgeber:
Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband
Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. März 2009