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INTERVIEW/278: Meeresnutzung - Sofortmaßnahmen unverzichtbar ...    Friederike Sorg im Gespräch (SB)


In einem schlammigen Fischteich werden die Fische zur weiteren Behandlung von 8 Personen mit Grasmatten eingekreist. - Foto 2008 by Randall Brummett (WorldFish) CC-BY-NC-ND-2.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/] via flickr

Was unterscheidet nachhaltige kleine Teichwirtschaft von Massentierhaltung unter Wasser?
1. Eine schonende und umsichtige Methodik beim Umgang mit den Fischen.
Foto 2008 by Randall Brummett (WorldFish) CC-BY-NC-ND-2.0
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Die Teiche werden in Handarbeit ausgehoben. - Foto 2008 by Randall Brummett (WorldFish) CC-BY-NC-ND-2.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/] via flickr

2. Viel Mühe und noch mehr Hände.
Foto 2008 by Randall Brummett (WorldFish) CC-BY-NC-ND-2.0
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An zweiter Stelle des 10-Punkte-Aktionsplans, den das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zum Thema Meeresschutz und nachhaltige Fischerei aufgestellt hat, steht: "Nachhaltige handwerkliche Fischerei und Aquakultur fördern" [1]. Um dafür praktische Ansätze zu entwickeln, hat das BMZ die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) beauftragt, für die Friederike Sorg arbeitet.

Als Sprecherin des 5-jährigen GIZ-Projektes stellte sie am 8. Juni 2018, dem Tag der Ozeane, im letzten Themenblock der von Brot für die Welt, Fair Oceans und Forum Umwelt & Entwicklung veranstalteten Konferenz "Weltmeere zwischen Umwelt und Entwicklung" in der Landesvertretung Bremens in Berlin den aktuellen Stand des kritischen Entwicklungsbereichs vor. Das bis 2022 ausgelegte "Globalvorhaben nachhaltige Fischerei und Aquakultur" ist schon das zweite GIZ Projekt im Rahmen der Sonderinitiative "EINEWELT ohne Hunger" nach dem bereits abgeschlossenen "Globalvorhaben Förderung einer verantwortungsvollen Fischerei und Aquakultur". Daß die Ziele von 2014 mit den heutigen nahezu identisch geblieben sind, macht deutlich, daß trotz zahlreicher und bester Absichten, den Menschen vor Ort bessere Einkommens- und Lebensbedingungen zu verschaffen, der Handlungsbedarf nicht abgenommen hat.


Sterile, semiindustrielle Betonreaktoren, in denen Speisefische gezogen werden. - Foto 2008 by Randall Brummett (WorldFish) CC-BY-NC-ND-2.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/] via flickr

Oder nachhaltiges Wirtschaften mit Ausgangsressourcen und 'Besatz', die ein hochwertiges Massenprodukt verspricht?
Nachhaltige Aquakultur in Malawi.
Foto 2008 by Randall Brummett (WorldFish) CC-BY-NC-ND-2.0
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Ein malawischer Fischer, der mit einem Einbaum und einfachsten Hilfsmitteln bestenfalls den Eigenbedarf abdeckt. - Foto: 2008 by Randall Brummett (WorldFish) CC-BY-NC-ND-2.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/] via flickr

Subsistenzfischereidilemma.
Nachhaltig und fischgerecht wirtschaften, macht oft nur wenige Menschen satt.
Foto: 2008 by Randall Brummett (WorldFish) CC-BY-NC-ND-2.0
[https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/] via flickr

Laut BMZ leben weltweit 58 Millionen Menschen unmittelbar vom Fischfang. Zählt man ihre Familien und die Zulieferer von Fischereibedarf dazu, sind es heute sogar zehn bis zwölf Prozent der Weltbevölkerung, bzw. 660 bis 820 Millionen Menschen, deren Existenz direkt oder indirekt vom Sektor Fangfischerei und Aquakultur abhängt. 200 Millionen davon kommen wiederum aus Entwicklungsländern. Die meisten davon sind arme Kleinfischer und kleine Teichwirte, d.h. "Aquafarmer", die wenig mehr als Subsistenzwirtschaft betreiben. Auch Kleinfischer in Lohnarbeit an den Ufern des Viktoriasees müssen hier dazugezählt werden. Ihnen wird, bei genauerer Betrachtung, eine subtile Form der Ausbeutung zuteil, die sich in dieser Region entwickeln konnte. Die Nilbarsch-Fischerei am Viktoriasee ist erst in den 1990er Jahren entstanden. Geschäftstüchtige Investoren, die über ein Kapital von teilweise über hundert Fischerbooten verfügten, heuerten Bauern aus dem Umland an, durch welche die Flotte der handwerklichen Fischer scheinbar ad hoc einen enormen Zuwachs erhielt. Der Bau eines Bootes kostet laut dem Referenten für Welternährung von Brot für die Welt, Francisco Mari [2], zwei Millionen Uganda Shilling, der Außenbordmotor sieben Millionen (ca. 1850 Euro). Bei nur zehn Prozent Beteiligung an der täglich gefangenen Menge Fisch, muß selbst der fleißigste lange fischen, um sich mühevoll ein eigenes Unternehmen aufzubauen. Zehn Prozent können viel oder sehr wenig sein. Wenn der Fang ausbleibt, reichen sie nicht für den notwendigsten Bedarf.

Für andere benachteiligte Bevölkerungsgruppen im Senegal oder in Indonesien bedeutet Fisch vor allem eine hochwertige Ernährungsgrundlage, mit der ein Großteil des Eiweißbedarfs abgedeckt wird. Die wertvolle Ressource ist durch die massive Subventionierung der industriellen Fangfischerei und durch die damit einhergehende Zunahme der Fangkapazitäten von Überfischung bedroht. Einer Studie des WWF von 2017 zufolge könnte der ungezügelte Appetit nach schmackhaftem Speisefisch, der sich in den Gewässern der Industriestaaten rar gemacht hat, und nun aus den reichhaltigen Fischgründen vor der Westküste Afrikas weggefischt wird, zu Hungerkrisen in ärmeren Weltregionen führen. Ohne ein verbessertes Fischerei-Management und eine gerechtere Verteilung, so die WWF Studie "Überfischt und unterversorgt", werden sich Millionen Bedürftige Fisch als Grundnahrungsmittel nicht mehr leisten können. Ohnehin haben die ausbleibenden Fänge für eine Vielzahl von Menschen in den Küstenregionen der Entwicklungsländer, wie die von Inlandsfischerei lebende Bevölkerungsgruppe, jetzt schon existenzbedrohende, sozioökonomische Konsequenzen.

Daher betonte Frau Sorg das Engagement der GIZ für die Durchsetzung des am 5. Juni 2016 in Kraft getretenen Abkommens über Hafenstaatenmaßnahmen der FAO (Port State Measurement Agreement/PSMA). Das Abkommen soll illegal gefangenen Fisch von Märkten aussperren, indem es verhindert, daß Fisch aus fragwürdigen Quellen überhaupt in Häfen angelandet wird. Bis zu 30 Prozent des weltweit gefangenen Fisches stammen derzeit aus IUU-Fischerei (illegale, unregulierte oder undokumentierte Fischerei). An dieser Stellschraube des unausweichlichen Überfischungsproblems ließe sich noch drehen. Die GIZ will daher die nationalen Gesetzgebungen auf Schwachstellen und Gesetzeslücken (wie das Mischen von Fängen oder Lieferketten über verschiedene Länder) abklopfen. Die meisten Initiativen und Förderprogramme der GIZ dienen aber vor allem dazu, die Kleinfischerei in den Entwicklungsländern zu stärken, bzw. andere kleine Unternehmungen zu unterstützen, mit deren Hilfe die Fischversorgung der Bevölkerung verbessert werden kann. Angesichts wachsender Weltbevölkerungszahlen wirken die regionalen Projekte zum Aquafarming oder zur Kleinfischerei jedoch wie ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Leider konnten in den neun Minuten Schnelldurchgang, die für das Referat angesetzt waren, im wesentlichen nur die Eckdaten der Projekte vermittelt und einige wenige Fallbeispiele genannt werden. So wurden Schulungs-Apps für Smartphones erwähnt, mit denen Kleinfischer die einfachsten Grundkenntnisse von Betriebswirtschaft und Buchführung vermittelt bekommen sollen. Sie sollen lernen, sich als Betriebswirte und Unternehmer zu verstehen. Doch Fragen, inwiefern sich nachhaltige Aquakultur von der umstrittenen, industriellen Fischproduktion in Fischsilos unterscheidet, ob die nachhaltige Aquakultur kleiner Teichwirte ohne ausreichende Wasserversorgung tatsächlich gesunde Fische hervorbringt oder ob es für den Fisch im kleinen Teich nicht einfach das gleiche Problem von Gefangenschaft bedeutet, wie für den Goldfisch im Glas, wurden in Berlin selbst in der anschließenden Diskussion nicht thematisiert. Dafür war die Referentin vor der Veranstaltung bereit, dem Schattenblick einige Fragen zu beantworten.


Die Referentin am Rednerpult. - Foto: © 2018 by Schattenblick

Mit nachhaltiger Aquakultur Win-Win-Situationen kreieren und Einkommensmöglichkeiten für die ärmere Bevölkerung schaffen.
Foto: © 2018 by Schattenblick

Schattenblick (SB): Weltweit werden immer mehr Fische auf kommerziellen Fischfarmen, in Teichen, Zuchtbecken, Netzgehegen oder Meereskäfigen gezüchtet. Aquakultur soll einer der am schnellsten wachsenden Sektoren tierlicher Nahrungsmittel sein und bis 2030 einen größeren Anteil am Markt bekommen, als der Fischfang. Sie werden heute einen Vortrag zum Thema nachhaltige Fischerei und Aquakultur halten und einige Projekte in Madagaskar, Malawi, Uganda und Mauretanien vorstellen. Sehen Sie eine ähnliche Entwicklung für die Aquakultur in den Entwicklungsländern, in denen handwerkliche und Kleinfischerei die Lebensgrundlage vieler Familien bildet, und halten Sie diese Form der Fischfleischproduktion tatsächlich für eine bessere und nachhaltigere Option, als die traditionelle Fischerei?

Friederike Sorg (FS): Sie entwickelt sich komplementär dazu. Darüber, daß die handwerkliche Fischerei weiterhin ihren festen Platz haben wird, habe ich gar keine Zweifel. Doch 90 Prozent der Fische sind entweder überfischt oder bis an die Grenzen der Nachhaltigkeit befischt. Daher ist Aquakultur durchaus eine Option, Einkommen zu generieren und Fische zu produzieren für den eigenen Konsum wie für den Verkauf am Markt oder den Export.

SB: Was muß gewährleistet sein, damit bei der Massentierhaltung unter Wasser nicht die gleichen Fehler gemacht werden wie bei den umstrittenen Eier-, Milch- oder Tierfabriken an Land, den sogenannten Legebatterien, Schweinehochhäusern oder Mega-Dairies?

FS: Die Besatzdichte und die gute Qualität der Futtermittel sind wichtige Aspekte, auf die man achten sollte. Gleichfalls ist es sinnvoll, Teiche dort anzulegen, wo der vorliegende Untergrund am besten dazu geeignet ist. Bei schlechtem Untergrund erhöht sich die Verletzungsgefahr. Kies als Lebensraum für schadstoffabbauende Bakterien, die das Wasser gesund erhalten, ist wichtig, und viele scheinbar einfache Dinge mehr müssen beachtet werden.

SB: Die Aquakultur ist augenblicklich in die Kritik geraten, weil solche Kriterien eben zumeist nicht eingehalten werden. Fische werden auf engstem Raum gehalten, eine zu hohe Besatzdichte führt zu Streß oder aggressivem Verhalten. Wie schafft man es unter den zumeist schlechten räumlichen und wassertechnischen Voraussetzungen in Afrika, solche Probleme in kleinen Teichen auszuschließen und zusätzlich weitere Einkommensquellen zu schaffen?

FS: Das funktioniert sogar sehr gut. In Madagaskar setzen wir beispielsweise in die ohnehin schon angelegten Reisfelder den Karpfen mit ein. Diese Investition lohnt sich für die Reisbauern und -bäuerinnen doppelt: Durchschnittlich erhalten sie auf diese Art fünfzig Kilogramm Fisch zusätzlich neben der Reisernte. Außerdem fällt die Reisernte etwa zehn Prozent höher aus, da das Wühlen der Karpfen bei der Nahrungssuche den Boden auflockert und mit Sauerstoff anreichert. Gleichzeitig werden dadurch vermehrt Nährstoffe aus dem Boden freigesetzt, was bessere Versorgungs- und Wachstumsbedingungen für den Reis schafft. Das ist sozusagen eine Win-Win-Situation für beide Produktionstypen.

Abgesehen von der geringeren Besatzdichte und dem Vermeiden von schadstoffhaltigen Billigfuttermitteln unterscheidet sich die nachhaltige Aquakultur von der negativ belasteten Massentierhaltung dadurch, daß keine Medikamente oder andere chemische Zusatzstoffe ins Futter gemengt werden, um den Ertrag zu erhöhen oder eine rosige Fleischfarbe zu erhalten. Also davon sind wir ganz weit entfernt. Das GIZ arbeitet mit ganz kleinen Produzenten zusammen, die sich das gar nicht leisten könnten.


Reisterrassen eines Kleinbauern in Madagaskar - Foto: 2006 by Marius Conjeaud (Mariusba) CC BY-SA 2.5 [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5], via Wikimedia Commons

Reisanbau ist auf der Insel überall möglich.
In Madagaskar werden 20 Prozent aller Reisfelder bereits mit Karpfen besetzt.
Foto: 2006 by Marius Conjeaud (Mariusba) CC BY-SA 2.5
[https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5], via Wikimedia Commons


Chinesische Bauern zeigen ihren Nebenerwerb: Eine ganze Reuse voller Fische - Foto: © 2011 by Greenpeace (http://www.greenpeace.org)

Die Idee von Reis-Fisch-Farmen kommt aus China.
Foto: © 2011 by Greenpeace (http://www.greenpeace.org)

SB: In der Landwirtschaft wird derzeit um eine Validierung von Zuchtbetrieben gerungen. Man will festlegen, unter welchen Gesichtspunkten man einen Bestand als nachhaltig bezeichnen kann und was eine gesunde Tierhaltung ausmacht, um damit am Ende Qualitätsaussagen über das Fleisch machen zu können. Gibt es entsprechende Überlegungen für einen nachhaltigen "Fischstall"?

FS: Es gibt die Zertifizierungssysteme, die bestimmte Kriterien anlegen, um zu überprüfen, ob ein Betrieb nachhaltig betrieben wird und produziert. Ich schätze, daß die "fishery improvement projects" oder "aquaculture improvement projects", die vom WWF, Greenpeace oder anderen Organisationen begründet worden sind, schon ausreichend Kriterien bieten, mit denen man unterscheiden kann, ob sich ein Aquakulturbetrieb in Richtung Nachhaltigkeit entwickelt oder nicht.

SB: Der Mensch ist bei allen Aquakulturen ein Störfaktor, der sich nicht wegdenken läßt. Gewöhnt sich das Fluchttier Fisch an den Menschen oder kann es sich überhaupt an ihn gewöhnen?

FS: An welche Art der Störung denken Sie dabei?

SB: In Zuchtbetrieben müssen Rogen und Samen abgemolken oder die Fische einfach nur umgeweidet werden und kommen dabei immer mit Menschen in Berührung, die sie anfassen oder fangen usw. Das scheint mir aus Sicht des Fisches eigentlich nicht normal, nicht "fischgerecht". Gibt es bei Ihren Projekten begleitende Untersuchungen darüber, wie die Tiere damit klar kommen?

FS: Das ist mir nicht bekannt, wobei wir in Madagaskar und Malawi, den beiden Projekten, die ich beschreibe, in den kleineren Betrieben tatsächlich so arbeiten, daß die Aquafarmer selbst ins Wasser steigen, die Fische mit Netzen behutsam an die Seite schieben und dann erst anfassen. Ich halte das für eine sehr schonende und umsichtige Methodik. Mir ist bislang nicht der Gedanke gekommen, daß es für die Tiere Streß bedeuten könnte.

SB: Sie sagen, Sie beschreiben vor allem zwei Fälle oder Projekte. Wie kann man sich als Laie Ihre Arbeit vorstellen?

FS: Wir haben vor kurzem das Projekt zur nachhaltigen Fischerei und Aquakultur gestartet. In Madagaskar und Malawi geht es vor allem um nachhaltige Aquakultur, dabei in Madagaskar insbesondere um das Einsetzen von Fischen in die Reiswirtschaft. In Mauretanien dreht es sich vor allem um die nachhaltige Fischerei entlang der Küsten und in Uganda kümmern wir uns um den Viktoriasee und seine Bewirtschaftung. Die Aktivitäten in den Ländern laufen nach und nach an. Teams des GIZ arbeiten auf drei Ebenen: Zunächst auf der Politikebene, die man braucht, um die Rahmenbedingungen zu schaffen. Auf einer mittleren Ebene geht es darum, Organisationen zu finden, die wissenschaftliche Untersuchungen zu diesen Themenbereichen durchführen und auf der unteren Ebene arbeiten wir mit den Produzenten zusammen und versuchen, diesen verbesserte Praktiken nahezubringen, mit denen sie gut wirtschaften und gleichzeitig ökologisch nachhaltig produzieren können.

SB: In welcher Weise ist die GIZ mit diesen Projekten verbunden? War sie der eigentliche Initiator oder spielt sie nur eine begleitende oder beobachtende Rolle?

FS: Das Projekt fällt unter die Sonderinitiative "EINEWELT ohne Hunger", die der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Herr Müller, ins Leben gerufen hat. Diese Initiative soll einen Beitrag zur Ernährung der Bevölkerung leisten, aber auch zu Einkommen und Beschäftigung. Wir haben in diesen Ländern verschiedene Möglichkeiten geprüft und dann die Projekte entwickelt, gemeinsam mit den lokalen Akteuren oder den potenziellen Umsetzungspartnern. Teilweise implementieren wir die Aktivitäten selbst. Dann geht GIZ-Personal vor Ort und führt das durch. Teilweise vergeben wir die Komponenten an die Consulting-Wirtschaft. Wir legen dabei besonderen Wert darauf, daß die lokalen Organisationen, zum Beispiel landwirtschaftliche Beratungsdienste oder ähnliches, unterstützt werden, indem man ihnen Wissen zur Verfügung stellt, das sie dann weitertragen können. Darüber hinaus arbeiten wir mit Forschungsinstitutionen zusammen, die unsere Projekte mit eigenen Studien und wissenschaftlichen Untersuchungen begleiten. Es ist immer ein Gemisch aus unterschiedlichen Akteuren, die in den Projekten zusammenkommen und sie gemeinsam implementieren.


Ein Experimentierfeld mit verschiedenen Reissorten und Fischen in Masingbi, Sierra Leone. - Foto: 8. Juni 2016 by Success Kamara (WorldFish) CC-BY-NC-ND-2.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/] via flickr

Pflanzenzucht mit Fisch.
Neue Projekte schaffen Forschungsbedarf.
Foto: 8. Juni 2016 by Success Kamara (WorldFish) CC-BY-NC-ND-2.0
[https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/] via flickr

FS: Wir befinden uns derzeit in der Phase der Mission. Das heißt, wir schicken immer eine Prüfmission vorweg, die sich die örtlichen Verhältnisse ansieht, wo die Bedarfe liegen und wo wir Beiträge leisten können. Dabei werden die Zielgruppen, das heißt die Bevölkerung vor Ort, eingebunden. Natürlich kann man nicht jeden einzelnen beteiligen, aber beispielsweise gibt es in Madagaskar sehr gut strukturierte, verbandsähnliche Organisationen, und mit den Vertretern dieser Verbände sprechen wir dann beispielsweise und fragen sie, welche Bedarfe sie haben. Und darauf versuchen wir natürlich einzugehen.

SB: Ist auf diese Weise die Idee mit der Reis-Fisch-Kultur geboren worden? War das ein Bedarf, den Sie beispielsweise in Malawi gesehen haben?

FS: Die Reis-Fisch-Kulturen machen wir nur in Madagaskar. Nicht in Malawi, dort wird ausschließlich Teichwirtschaft betrieben, und dort stellt sich für uns im wesentlichen die Aufgabe, herauszufinden, wo in diesem Teichmanagement Bedarfe übrig geblieben sind. Dabei dreht es sich um Fragen, wie die Teiche angelegt sind, wo man sie angelegt hat, ob die Böden auf dem für Teiche vorgesehenen Land überhaupt für diese Vorhaben geeignet sind oder wie die Teichanlagen vorbereitet werden. Oft stellt die Wasserversorgung ein Problem dar. Das ist in Malawi tatsächlich der Fall. Unsere Bemühungen, die Situation vor Ort zu verbessern, oder nur die Akteure besser miteinander zu vernetzen, fallen dort auf sehr fruchtbaren Boden. Beispielsweise kümmern wir uns darum, wer in diesem Land die Futtermittelproduzenten sind, und was genau die Fischfarmer für die Aufzucht benötigen. Das miteinander zu vernetzen, kann vieles erleichtern.

Dagegen liegt in Mauretanien eine völlig andere Situation vor. Dort ißt die einheimische Bevölkerung eigentlich mehr Fleisch als Fisch, so daß unsere Mission vor Ort darin besteht, Überzeugungsarbeit zu leisten, daß Fisch eine sehr gute Ernährungsgrundlage und ein hochwertiges, gutschmeckendes Nahrungsmittel ist.

SB: Im Viktoriasee gab es in den 90er Jahren massive Probleme mit einer bestimmten invasiven Fischart, die sich dort selbst ausgewildert hatte und Hunderte von anderen Fischarten mehr oder weniger aufgefressen hat. Das ging mit einigen Umweltproblemen einher, weil durch das Fehlen bestimmter Fischarten das Ökosystem Schaden genommen hatte. War die Ursache des Übels nicht ein gefragter Speisefisch, der aus einer Aquakultur entwischt ist? Könnte so etwas wieder passieren?

FS: Wenn Sie den Nilbarsch meinen, der im Viktoriasee angesetzt wurde, und davon gehe ich aus, dann hat der nichts mit Aquakultur zu tun. Er wurde ausgesetzt, um die örtliche Fischerei anzukurbeln. Es ist richtig, daß diese Initiative in die Kritik geraten ist und als ökologische und wirtschaftliche Katastrophe bewertet wurde. Aber es gibt auch viele Gegenstimmen, denen zufolge das Aussetzen des Nilbarschs sehr positive Auswirkungen für die örtliche Bevölkerung hatte.

SB: Wissen Sie vielleicht, welche Initiative dafür zuständig war?

FS: Nein, aber ich bin mir ziemlich sicher, daß der Herr Mari in irgendeiner Weise damit zu tun gehabt haben muß. [2]

SB: Herzlichen Dank, Frau Sorg, für das Gespräch.


Anmerkungen:


[1] https://www.bmz.de/de/mediathek/publikationen/reihen/infobroschueren_flyer/infobroschueren/Materialie280_meeresschutz.pdf

[2] https://info.brot-fuer-die-welt.de/blog/fischfang-viktoriasee-darwins-alptraum-zuende


Bisher im Schattenblick zur Konferenz anläßlich des "Tags der Ozeane 2018" unter INFOPOOL → UMWELT → REPORT erschienen:

BERICHT/140: Meeresnutzung - Schutzaufwände ungenügend ... (SB)
INTERVIEW/277: Meeresnutzung - Recycling und andere Auswege ...    Marie-Luise Abshagen im Gespräch (SB)


26. Juni 2018


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