Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → REPORT

BERICHT/075: Kohle, Gifte, Emissionen - Kontroversen, Bündnisse, Teil 1 (SB)


Klimawandel und Kohleverstromung

Braunkohle - Unverzichtbare Ressource für den Wirtschaftsstandort Deutschland?



Obwohl Handlungsbedarf in überreichlichem Maß besteht, fallen die Initiativen für eine Verringerung des CO2-Ausstoßes eher bescheiden aus. So wächst die Zahl der Stimmen, die das international vereinbarte Ziel, die globale Erwärmung auf weniger als zwei Grad gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung zu begrenzen, für nicht mehr erreichbar halten. Während Wetterkatastrophen insbesondere im globalen Süden die ohnehin großen Probleme der dort lebenden Menschen verschärfen, setzt man in der EU auf Minimallösungen, und das nicht zuletzt auf Betreiben der Bundesregierung. Die einst als "Klimakanzlerin" gerühmte Angela Merkel macht heute vor allem dadurch von sich reden, daß sie die Interessen der deutschen Industrie etwa in Form von Ausnahmeregelungen bei der EEG-Umlage oder durch die Verhinderung schärferer Abgasnormen für Autos in der EU verteidigt. Die geplante Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes stellt auf eine Verlangsamung der Energiewende ab, und die EU-Kommission will den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um lediglich 40 Prozent gegenüber 1990 absenken, obwohl eine viel höhere Reduktion zur Stabilisierung des globalen Klimas erforderlich wäre und 2012 bereits fast die Hälfte dieses Ziels erreicht gewesen war.

Business as usual heißt es auch im Bereich der Kohleverstromung, die in den letzten 15 Jahren weltweit um fast 70 Prozent zugenommen und damit den Klimawandel im wahrsten Sinne des Wortes erheblich angeheizt hat. Obwohl es sich um eine ökologisch wie gesundheitlich höchst problematische Form der Energieerzeugung handelt, wurden 2013 in der Bundesrepublik rund 45 Prozent des Strombedarfs durch Kohlekraftwerke gedeckt, davon über 25 Prozent durch die besonders schmutzige Braunkohle. Deutschland, auf dessen Territorium knapp 15 Prozent der weltweit förderfähigen Braunkohlereserven liegen, ist mit rund 170 Millionen Tonnen im Jahr geförderter Braunkohle Weltspitze. Die extensive Nutzung des Kohlestroms trägt zu einem nicht unerheblichen Teil dazu bei, daß Deutschland auf der globalen Rangliste der CO2-Emittenten nach den weit bevölkerungsreicheren Staaten China, USA, Indien, Rußland und Japan Platz sechs einnimmt. 45 Prozent aller deutschen CO2-Emissionen stammen aus der Stromerzeugung, davon der größte Teil aus der Kohleverstromung. Damit sich daran nichts ändert, sollen zu den rund 130 in Betrieb befindlichen Stein- und Braunkohlekraftwerken weitere CO2-Schleudern hinzukommen, was bedeuten würde, daß die Kohleverstromung noch auf mehrere Jahrzehnte festgeschrieben wäre.

All dies erfolgt trotz der erklärten Absicht, entschieden gegen die anthropogene, schon heute viele Millionen Menschen auf katastrophale Weise betreffende Erderwärmung vorzugehen. Auch die gut dokumentierten Gesundheitsschäden, die insbesondere mit Schwermetallen wie Cadmium, Nickel und Blei befrachtete Feinstaubemissionen der Kohlekraftwerke hervorrufen, tragen nicht zum Willen der Politik bei, die Kohleverstromung nach Kräften zu reduzieren und die Erneuerbaren dementsprechend stark zu fördern. Feinasche und Rußpartikel bewirken Smogbildung, Schwefeldioxid und Stickstoff zerstören die Natur durch die Versauerung des Regens und der Böden. Die Kohlekraftwerke sind für die Hälfte aller industriellen Quecksilber- und ein Drittel aller Arsenemissionen in der EU verantwortlich, was im Zusammenhang mit den anderen Belastungen der Luft zu Tausenden von vorzeitigen Todesfällen, zu Atemwegs- und Herzkreislauferkrankungen wie zu Nervenschäden und Krebs führt.

Die grenzüberschreitende Dimension der Luftbelastung sorgt dafür, daß die Klima- und Gesundheitskosten der national verwalteten Energieerzeugung sich nicht nur auf die eigene Bevölkerung beschränken. Es ist eher andersherum, denn die Länder des Südens sind von den Folgen der Erderwärmung durch Flutkatastrophen, Dürren und dementsprechende Ernteeinbußen besonders stark betroffen, hat sich doch die Häufigkeit extremer Wetterlagen seit 1980 verdreifacht. Feinstäube und andere den menschlichen Organismus angreifende Emissionen belasten wiederum vor allem die Atemluft in Europa. Und das gilt in besonderer Weise für die Verstromung von Braunkohle, da ihr Schadstoffgehalt, bezogen auf den jeweiligen Brennwert, höher ist als der der Steinkohle und zudem zusätzliche Belastungen für Mensch und Natur aus der Förderung in den Tagebauen resultieren. Die Freisetzung von Kohlepartikeln und teilweise uranhaltigen Feinstäuben aus den ihres Bewuchses entledigten und verschiedene Erdschichten durchbrechenden Gruben belastet die Atemluft naheliegender Ortschaften bei entsprechender Windrichtung stark, zudem haben die veränderten Bodeneigenschaften und Wasserhaushalte Einfluß auf das regionale Klima.

Der Flächenverbrauch aller Braunkohletagebaue in der Bundesrepublik beträgt rund 2400 Quadratkilometer, was fast der Größe des Saarlandes entspricht. Dabei werden unersetzliche Biotope zerstört, und der Wasserhaushalt wird mit regional weitreichenden, für die Zukunft kaum absehbaren Auswirkungen geschädigt. So sinkt der Grundwasserspiegel durch das Abpumpen der Gruben, die zur Förderung der bis 450 Meter tief lagernden Braunkohle offengelegt werden. Der in Grubennähe aufgeschüttete Abraum verändert die Landschaft trotz aller Rekultivierungsmaßnahmen grundlegend und zerstört weitere Biotope. Neben den Lebensräumen von Wildtieren werden unwiederbringliche Waldbestände vernichtet, und auch die Menschen müssen den Baggern weichen und ihre über Generationen angestammten Ortschaften und Kulturlandschaften aufgeben.

Vorne die Hambacher Grube, dahinter drei Kohlekraftwerke mit wolkenartigen Rauchsäulen - Foto: © 2014 by Schattenblick

Aus der Erde in die Luft - Tagebau Hambach und Kohlekraftwerke
Foto: © 2014 by Schattenblick

Vollmundige Absichtserklärungen und nationale Realpolitik

Warum also wird angesichts der zerstörerischen Auswirkungen dieser Form der Energieerzeugung nicht mehr für einen schnellen Ausstieg aus der Kohle und die entschiedene Förderung erneuerbarer Energien getan? Ganz offenkundig sind andere Interessen im Spiel als die einer Klimagerechtigkeit, deren Fürsprecher die für die Verhinderung völlig unkontrollierbarer klimatischer Entwicklungen noch verbliebene Emissionskapazität bis zum Jahr 2050 auf jährlich 1,5 Tonnen CO2 pro Kopf im weltweiten Durchschnitt begrenzen. Äquivalent zu einer Weltwirtschaftsordnung, in der das Produktivitätsniveau der jeweiligen Staaten- und Währungsgebiete ein steiles soziales Gefälle zwischen den klassischen Industriestaaten Westeuropas, Nordamerikas und Japans und dem Rest der Welt abbildet, sind auch die durchschnittlichen CO2-Emissionen höchst ungleich verteilt. Setzt die Bevölkerung der USA pro Kopf durchschnittlich 13 Tonnen und die der Bundesrepublik durchschnittlich 9 Tonnen CO2 pro Jahr frei, so sind es in der Demokratischen Republik Kongo beispielsweise nur 50 Kilogramm.

Während das Ziel einer nachholenden Entwicklung der ärmsten Staaten auf die Lebensqualität westlicher Metropolengesellschaften längst aufgegeben wurde, ist von einer Reduzierung der dort vorhandenen Industrieproduktion und Landwirtschaft auch nur auf eine durchschnittliche CO2-Emission von 1,5 Tonnen pro Kopf und Jahr keine Rede. Tatsächlich findet eher eine Umlastung der Verbrauchsbilanz der Industriestaaten auf die sogenannten unterentwickelten Staaten in Form der Auslagerung ökologisch prekärer Vorstufen der Gütererzeugung in den globalen Süden statt. Konkurrenzlos billige, unter sklavenähnlichen Bedingungen verrichtete Arbeitskraft, niedrige Umweltstandards und kostengünstige Rohstoffe sind die Standortfaktoren, mit denen diese meist am Schuldentropf westlicher Finanzinstitutionen hängenden Länder um Direktinvestitionen werben, die den Kapitalexport der imperialistischen Staatenwelt und damit deren Profitraten sichern. Zudem bieten sich die Länder des Südens dafür an, die ökologischen Kosten der hochproduktiven Staaten in Form von Verschmutzungsrechten oder Müllentsorgung auf sie abzuwälzen.

Der Blick auf das kapitalistische Weltsystem als Ganzes enthüllt denn auch, daß der nationale Vergleich der CO2-Emissionen in absoluten Zahlen nicht in Rechnung stellt, daß der über die unterschiedlichen Produktivitätsniveaus zugunsten der Auftraggeber und Endabnehmer gehebelten Wertschöpfung eine Verschärfung des Verhältnisses zwischen westlichem Wohlstandskonsum und sozialem Elend im Rest der Welt zugrunde liegt. So, wie das ohnehin knappe Trinkwasser afrikanischer Länder der dortigen Bevölkerung über den - seinerseits den Verbrauch fossiler Energie vergrößernden - Export von Feldfrüchten nach Westeuropa entzogen wird oder die Rinder der europäischen Fleisch- und Michproduktion im Grunde genommen in Brasilien gefüttert werden, wo der Dschungel Amazoniens dem extensiven Sojaanbau zum Opfer fällt, so belasten die in China produzierten Mobiltelefone oder die in Bangladesch hergestellten Textilien die CO2-Bilanz dieser Staaten, obwohl nicht nur die Nutzung dieser Waren anderswo erfolgt, sondern auch das Gros des durch sie geschaffenen Wertes hierzulande zu Buche schlägt.

Erfährt man schließlich in der im November 2013 von der Umweltorganisation urgewald veröffentlichten Studie "Banking on Coal" [1], daß sich die Investitionen der Finanzindustrie in die transnationale Kohleindustrie zwischen 2005 und 2012 vervierfacht haben und sich für diesen Zeitraum auf insgesamt 165 Milliarden Euro belaufen, dann komplettiert sich das Bild einer nach wie vor an fossiler Energie orientierten Dynamik der Kapitalakkumulation, die sich offensichtlich nicht ohne weiteres, wie von der grünkapitalistischen Ideologie propagiert, auf das Geschäft mit den Erneuerbaren Energien übersetzen läßt.

Weite Fläche im oberen Bereich des Hambacher Lochs mit drei Schaufelradbaggern - Foto: © 2014 by Schattenblick

Maschinen bewirtschaften den fossilen Kapitalismus
Foto: © 2014 by Schattenblick

Dafür scheint es mehrere, nicht nur aus betriebswirtschaftlichen Kriterien der Energieerzeugung erschließbare Gründe zu geben. Zum einen basiert die industrielle Produktivkraftentwicklung auf der Nutzung fossiler Energie, die, insbesondere im Fall von Öl und Gas, weitgehend ortsunabhängig eingesetzt werden kann und jene Mobilität gewährleistet, ohne die die Verwertung billiger Arbeitskraft und Ressourcen in der internationalen Arbeitsteilung und die Erschließung neuer Absatzmärkte durch die Globalisierung des Handels nicht möglich wären. Zudem sichert die Konzentration und Zentralisierung der Energieversorgung eines Industriestandortes wie Deutschland die administrative Verfügungsgewalt über die Produktion durch Staat und Kapital. Große energiewirtschaftliche Einheiten wie Atom- und Kohlekraftwerke und die dazugehörige Infrastruktur der Stromnetze begünstigen die Urbanisierung durch die räumliche Trennung von Energieerzeugung und -verbrauch. So können die Metropolen als Zentren der Kapitalakkumulation mit Energie versorgt werden, während die dabei anfallenden Belastungen von Mensch und Natur in eher dünnbesiedelten Räumen von vergleichsweise niedriger Produktivität angesiedelt sind. Die dazugehörigen Strukturen und Prozesse der Herrschaftsicherung brachte Robert Jungk bereits vor 35 Jahren auf den Begriff des "Atomstaates", der die nationale Betriebssicherheit mit repressiver Gewalt durchsetzt.

Dieses Argument kehrt heute in Gestalt der Frage wieder, ob die Erneuerbaren Energien tatsächlich in der Lage wären, den Industriestandort Deutschland zuverlässig mit Strom zu versorgen. So einleuchtend das verlustarme Ideal einer dezentralen und kleinteiligen Stromerzeugung durch nah am Ort des Verbrauchs der in kleinen Wasser-, Wind- und Solarkraftwerken erzeugten Elektrizität ist, so sehr geht es mit einem Kontrollverlust des Staates und der von ihm begünstigten monopolkapitalistischen Unternehmen einher. Die an jährlichen Wachstumsraten, an hohen Exportquoten und internationaler Wettbewerbsfähigkeit bemessene Leistungsstärke des Standortes Deutschland wird gesichert durch eine Vertiefung der Sozialkontrolle, die sich unter anderem der informationstechnischen Observation, des Workfare-Regimes nach Hartz IV und der Unterdrückung antikapitalistischer Oppositionsbewegungen bedient. Da das Handlungsvermögen des Staates mit dem Erfolg seiner Arbeitsgesellschaft und Steuereinnahmen steht und fällt, wird hier so wenig wie möglich dem Zufall überlassen, was sich auch in der korporatistischen, sozialpartnerschaftlichen Struktur der "sozialen" Marktwirtschaft und der Dominanz unternehmerischer Kriterien in Staat und Politik ausdrückt.

Schließlich zeigt die aktuelle Debatte um die Einschränkung der Energieabhängigkeit der EU von Rußland, daß geostrategische Interessen des deutschen Imperialismus und dessen ambivalentes, zwischen Wirtschaftskonkurrenz und Militärallianz changierendes Verhältnis zu den USA maßgebliche Auswirkungen auf energiepolitische Entscheidungen haben. Die in diesem Zusammenhang propagierte Versorgung der EU mit per Fracking in den USA gefördertem Schiefergas und die im Rahmen des Transatlantischen Freihandelsabkommens (TTIP) geplante Erleichterung des Imports fossiler Energieressourcen aus den USA in die EU [2] belegen die hochgradige Bedeutung, die energiepolitische Entscheidungen für die künftige Erschließung ordnungs- wie wirtschaftspolitischer Einflußsphären und die Reorganisation internationaler Bündnispolitik haben.

All dies wird wesentlich beeinflußt durch das stoffliche Problem endlicher Ressourcen an fossiler Energie insbesondere im Bereich des Erdöls, des nach wie vor zentralen Betriebsstoffes kapitalistischer Produktivität. Dies gilt nicht nur für die automobile wie militärische Mobilität, sondern auch für die große Bedeutung der Petrochemie bei der Herstellung von Kunststoffen und Betriebsmitteln aller Art. Auch die Kohle ist ein Faktor der Energiesicherheit, auf den neben der Erzeugung synthetischen Benzins oder verschiedener Ausgangsmaterialien der chemischen Industrie für die Stromerzeugung zurückgegriffen werden kann, wenn der bisherige Energiemix die nationale Handlungsfähigkeit nicht mehr gewährleisten kann. Da die Lagerstätten für Braunkohle in der Bundesrepublik beim derzeitigen Stand der Förderung und des Stromverbrauchs noch über 200 Jahre ausreichen könnten, um ein Viertel der hierzulande verbrauchten und auch exportierten Elektrizität zu produzieren, besitzen sie aller Klimaunverträglichkeit zum Trotz hohe Bedeutung für das sicherheitspolitische Ziel relativer Autarkie.

Vor allem jedoch ist die Verfügbarkeit der unter vergleichsweise geringen Kosten zu fördernden Braunkohle ein wichtiger Aktivposten in der handelspolitischen Staatenkonkurrenz. Das Scheitern ehrgeiziger CO2-Reduktionsziele ist maßgeblich davon bestimmt, daß all diejenigen Akteure, die sich auf sie festlegten, gegenüber denjenigen Regierungen, die sich einem globalen Klimaregime verweigern, handelspolitische Nachteile in Kauf nehmen müßten. Die gleiche Logik bricht sich dort Bahn, wo die Etablierung Erneuerbarer Energien an technologische Lösungen geknüpft ist, über die nur bestimmte Staaten verfügen, was andere dazu nötigen würde, sich von ihnen mit den entsprechenden Anlagen ausstatten zu lassen. Wie man es dreht und wendet - die Staatenkonkurrenz widerlegt den Euphemismus von einer Menschheit, die ihre Zukunft durch den Primat ökologischer Politik sichern würde, nicht minder, als es die globale Klassengesellschaft bei der Verteilung der aus dem Klimawandel erwachsenden Lasten tut.

Als kostengünstig zu fördernder und politisch durch Ausnahmegenehmigungen beim Wasserentnahmeentgelt und der EEG-Umlage für die Energiekonzerne subventionierter Rohstoff bietet die Braunkohle dem Staat hervorragende Bedingungen zur Durchsetzung einer Wachstumspolitik, die der Exportnation Deutschland in einer von Verwertungskrisen erschütterten Welt einen Standortvorteil verschafft, der nicht ohne weiteres aufgegeben werden soll. Wie im neoliberalen Kapitalismus üblich werden die durch Tagebau und Verstromung entstehenden Folgekosten der Naturzerstörung und Gesundheitsschädigung sozialisiert, während die Gewinne privatisiert werden. Auch das ist ein Grund dafür, daß Banken in den Bau von Kohlekraftwerken investieren und Pensionsfonds wie andere Großanleger diese Anteilsscheine gerne in ihr Portfolio aufnehmen, um langfristig Rendite zu erzielen.

Sich als Klimaschützerin feiern zu lassen ist das eine, wirksame Maßnahmen gegen lebensfeindliche Strategien zu ergreifen das ganz andere. So wie in der Kriegführung Menschenrechte und Bomben sehr gut zusammenpassen, so läßt sich auch der Widerspruch zwischen fossil befeuertem Wachstum und Klimaschutz PR-technisch in die Botschaft nachhaltiger und ökologischer Politik verwandeln. Dies erfolgt etwa anhand der in Aussicht gestellten CCS-Technologie, obwohl die technische Abscheidung des bei der Kohleverstromung anfallenden CO2 das neue Problem der Endlagerung des Klimagifts in die Welt setzen und der Wirkungsgrad der Braunkohle durch die dafür einzusetzende Energie deutlich abnehmen würde [3].

Ein führender Funktionär der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), der auch im Aufsichtsrat des Kohlekraftwerksbetreibers Vattenfall sitzt, soll dafür verantwortlich sein, daß im Koalitionsvertrag der Bundesregierung aus CDU und SPD zum Thema Kohleverstromung steht: "Die konventionellen Kraftwerke (Braunkohle, Steinkohle, Gas) als Teil des nationalen Energiemixes sind auf absehbare Zeit unverzichtbar" [4]. Gegenüber dem Wohlergehen seiner Klientel sind die Nöte von Millionen Menschen, die den Folgen des Klimawandels ausgesetzt sind, zu vernachlässigende Kollateralschäden. Wie bei der militärischen Durchsetzung imperialistischer Ziele, für die zivile Opfer mit einer Träne im Knopfloch in Kauf genommen werden, wird bei der Energieerzeugung nationale Standortpolitik betrieben und auf die Rentabilität des eingesetzten Kapitals geschaut, anstatt das Wohl aller Menschen im Sinn zu haben. Dies nicht zu vergessen, ist entscheidend auch für die Bestimmung von Taktik und Strategie des gegen den Kohlestrom gerichteten Widerstands, auf den im zweiten Teil dieses Beitrags eingegangen werden soll.

(wird mit Teil 2 fortgesetzt)

Exponat mit drei Schaufeln eines Baggers - Foto: © 2014 by Schattenblick

Eingefriedet, ästhetisiert - Versöhnung durch Industriekultur?
Foto: © 2014 by Schattenblick


Fußnoten:

[1] http://urgewald.org/artikel/banking-coal

[2] http://power-shift.de/?p=2908

[3] http://www.bund-nrw.de/fileadmin/bundgruppen/bcmslvnrw/PDF_Dateien/Themen_und_Projekte/Energie_und_Klima/Kohlekraftwerke/BUNDhintergrund_CCS_06_2009.pdf

[4] http://www.welt.de/wirtschaft/article122875634/Braunkohle-Lobby-schrieb-am-Koalitionsvertrag-mit.html


31. Mai 2014