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KLIMA/404: UN-Konferenz - Obama hat mehr von Bush als befürchtet ... (SB)


USA torpedieren UN-Klimakonferenz in Bangkok


Bei den Vorbereitungen für die UN-Klimakonferenz im Dezember in Kopenhagen stehen zwei einander ausschließende Konzepte für einen Nachfolgevertrag zum Kyoto-Protokoll, das 2012 ausläuft, gegenüber. Das erste Konzept baut auf die bestehenden Vereinbarungen auf, will sie aber ergänzen und vertiefen. Dies wird von den bisherigen Vertragsunterzeichnern favorisiert. Das zweite, das von den USA, die das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert haben, vorgeschlagen wird, sieht eine völlig neue Grundlage für Klimaschutzvereinbarungen vor. Demnach sollten sich alle Staaten zur Reduktion von Treibhausgasen verpflichten, nicht nur, wie bisher, die Industriestaaten.

Dieser Vorschlag stößt bei vielen Delegierten einer gegenwärtig in Bangkok einberufenen Vorbereitungskonferenz für Kopenhagen auf breiten Widerstand, ja, regelrecht auf Wut. Von "Sabotage" des Kyoto-Protokolls ist da die Rede und daß die USA die Verhandlungen torpedieren wollen. Daß bei den vorgeblichen Emotionen viel Verhandlungstaktik dabei ist, steht außer Frage. Dennoch ist es schon reichlich unverfroren, sozusagen als Nachzügler bestehende Verträge der Geschichte überantworten zu wollen, aber gleichzeitig die Weltführerschaft in Sachen Klimaschutz zu reklamieren.

Faktisch geht es jedoch nicht um Klima, sondern um die Kontrolle über die Produktionsverhältnisse im globalen Maßstab. Es steht sehr viel auf dem Spiel, sowohl für die USA als bisherige Wirtschaftsmacht Nummer eins als auch für China, das nicht nur wirtschaftlich in Konkurrenz zu den USA steht (auch wenn es zur Zeit noch als "Fließband" der Welt bezeichnet wird), sondern bei den Klimaschutzverhandlungen in Bangkok die Rolle des Herausforderers angenommen hat.

Mengenmäßig produziert China weltweit die meisten Treibhausgase, es wird aber im Kyoto-Protokoll zu keinen Emissionsreduktionen verpflichtet. Darum vertritt die US-Regierung den Standpunkt, daß dieser Vorteil mittlerweile überholt ist und gestrichen werden sollte. Es mache keinen Sinn, wenn sich die USA teuren Klimaschutzmaßnahmen unterwirft, zugleich China neue Kohlekraftwerke baut und die Atmosphäre stärker mit Treibhausgasen belastet als jede andere Nation der Erde.

So nachvollziehbar dieser Standpunkt auch scheint, bei ihm wird unterschlagen, daß China, gemessen an den Pro-Kopf-Emissionen, noch weit hinter den Industriestaaten liegt. Nun versuchen die US-Vertreter, andere Industriestaaten auf ihre Seite zu ziehen, wie die britische Zeitung "The Guardian" [1] berichtete. Die Europäische Union signalisiert Bereitschaft, den USA zu folgen, besteht aber darauf, daß Teile des Kyoto-Protokolls erhalten bleiben. China und viele Entwicklungsländer hingegen erklären, daß das nach jahrelangen Verhandlungen zustandegekommene Vertragswerk nicht verhandelbar ist.

Der US-Gesandte Jonathan Pershing beteuert, daß die USA innerhalb des letzten Jahres einen bedeutenden Wandel in der Klimapolitik durchgemacht haben - beispielsweise seien Investitionen in Höhe von 80 Mrd. Dollar in grüne Technologie zur Ankurbelung der Wirtschaft getätigt worden -, aber damit kann er nicht den Blick darauf verstellen, daß Obama von der Partei der Demokraten alles in allem sehr viel mehr Anleihen an die Klimapolitik des Republikaners George W. Bush nimmt, als noch zu Wahlkampfzeiten für möglich gehalten wurde.

An der aktuellen Kontroverse mit China und den Entwicklungsländern zeigt sich, daß die Vereinigten Staaten statt eines der Erdöllobby verpflichteten Präsidenten nun einen haben, der erstens der Biospritlobby verpflichtet ist und zweitens den Klimaschutz genauso entschieden dem Streben nach Erhalt und Ausbau der wirtschaftlichen Vorherrschaft unterordnet wie sein Amtsvorgänger.


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Anmerkungen:

[1] "US threatens to derail climate talks by refusing to include Kyoto targets", The Guardian, 7. Oktober 2009
http://www.guardian.co.uk/environment/2009/oct/07/kyoto-copenhagen-un-climate-change

7. Oktober 2009