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GENTECHNIK/248: Gentechnikfreie Nahrung wird zum seltenen Luxusgut (SB)


Gentechnische veränderte Produkte nur für die Masse

Gentechnikfrei dagegen genießt die Klasse


Welche Risiken die Hybridisierung von pflanzlichen und tierischen Zellbestandteilen für die Erzeugung von Futterpflanzen oder den direkten menschlichen Verzehr birgt, ist keineswegs ausreichend erforscht. Befürworter dieser sogenannten Grünen Gentechnik behaupten, daß für die Gesundheit und Umwelt keine Gefahr bestehe, da sich die solcherart generierten Saatprodukte nicht von konventionellem Saatgut unterscheiden. Kritiker hingegen verweisen darauf, daß die Gesundheitsrisiken unkalkulierbar seien, ansonsten dürfte es beispielsweise erst gar nicht zu überraschenden Erfahrungen wie die, daß eine Pflanze plötzlich Holzanteile entwickelt oder ihre Gen-Veränderung verliert, kommen.

Die Europäische Union hat einige Jahre ein faktisches Moratorium gegen den gentechnischen Anbau verhängt und mittlerweile bestimmte Richtlinien im Umgang mit gentechnisch veränderten Produkten erlassen. Die müssen als solche ausgewiesen sein, wenn sie mehr als 0,9 Prozent gentechnisch veränderte Substanzen enthalten.

Unterhalb dieses Werts gelten die Produkte als gentechnikfrei. Aber sie sind es natürlich nicht, weil sich Genveränderungen im gesamten Lebensmittelbereich ausbreiten werden. Der Anteil der Nahrungsmittel in der EU, der tatsächlich vollständig ohne jede gentechnische Veränderung gebildet wurde, schwindet.

Dieser Entwicklung würde die SPD Vorschub leisten, sollte sie sich mit ihrem Vorschlag durchsetzen. So forderte die stellvertretende verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Elvira Dobrinski-Weiss, in einer gestrigen Pressemitteilung eine praktikable Ausgestaltung der Neuartigen Lebensmittelverordnung, die bereits eine Positiv-Kennzeichnung "gentechnikfrei" kennt. Das werde bislang nicht ausreichend genutzt, sollte aber im Zuge einer Kennzeichnungspflicht für tierische Produkte in Anspruch genommen werden.

Der Gesetzgeber verlangt bisher keine Kennzeichnungspflicht, wenn gentechnisch veränderte Pflanzen oder Bestandteile von Tieren verzehrt werden und der Mensch deren Fleisch ißt. Forscher haben allerdings nachgewiesen, daß Gen-Substanzen aus der Nahrung die Darmwand überwinden und in den Organismus gelangen können.

Mit der Kennzeichnung "gentechnikfrei" würde etwas als Ausnahme ausgewiesen, das nach Ansicht vieler Konsumenten eben nicht der Sonder-, sondern der Regelfall sein sollte. Eigentlich sollte jede Nahrung gentechnikfrei sein, es sei denn, sie würde eigens als gentechnisch verändert gekennzeichnet. Wenn aber nun gentechnikfreie Nahrung zum Sonderfall ausgewiesen wird, dann ist damit zu rechnen, daß sie sich verteuert. Damit würde eine Entwicklung vorangetrieben, an deren Ende sich einkommensmäßig unterprivilegierte Personen keine gentechnikfreien Lebensmittel leisten könnten. Damit wäre qualitativ hochwertigere Nahrung für die Masse der Bevölkerung unerschwinglich, und das einst von der grünen Verbraucherschutzministerin Künast ausgewiesene Monat "Klasse statt Masse" hätte sein eigentliches Ziel erreicht, die Bildung einer Klassengesellschaft über Nahrungsqualität und -quantität.

25. Januar 2007