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ATOM/368: Sudan kündigt Akw-Betrieb für 2020 an (SB)


Sudan - ein weiteres afrikanisches Land will in die Nuklearenergie einsteigen


Eine Reihe afrikanischer Staaten will in Zusammenarbeit mit der Atomenergiebehörde IAEA eigene Kernkraftwerke bauen. Auch Sudan führt entsprechende Gespräche mit der in Wien ansässigen Behörde und hat geplant, daß im Jahr 2020 sein erstes Atomkraftwerk elektrischen Strom erzeugt, wie verschiedene Medien unter Berufung auf die sudanesische Nachrichtenagentur SUNA vom Sonntag meldeten. [1] Der Reaktor soll Energie, wie könnte es anders sein, ausschließlich für friedliche Zwecke produzieren. Nach Angaben von Mohamed Ahmed Hassan el-Tayeb, Generaldirektor der Sudanesischen Atomenergiebehörde, hat die Regierung Anfang dieses Jahres den Plan gefaßt, Nuklearenergie zu nutzen. Das Ministerium für Elektrizität und Staudämme habe bereits entsprechende Vorbereitungen getroffen.

Am Montag wollte eine Delegation der IAEA nach Sudan reisen, um über das Vorhaben zu sprechen. Allerdings soll der Reaktor "Forschungszwecken" dienen, berichtete die "Jerusalem Post". [2] Damit dürfte nicht gemeint sein, daß der Reaktor ausschließlich für die Forschung vorgesehen ist und beispielsweise Radioisotope für medizinische Behandlungen produziert. Es geht schon darum, elektrische Energie zu erzeugen - andere Anwendungen dann eingeschlossen. Die Statuten der IAEA sehen ausdrücklich vor, daß sie andere Länder beim Aufbau eines zivilen Nuklearprogramms unterstützt. Sudan ist seit 1958 Mitglied der IAEA. Im September 2009 hat es einen Rahmenplan zur Zusammenarbeit mit der Behörde unterzeichnet. [3]

Zwischen der vorwiegend sunnitischen Regierung Sudans und der vorwiegend schiitischen Regierung Irans gibt es seit längerem eine Zusammenarbeit auf dem Nuklearsektor. Sudan, gegen dessen Präsident ohnehin ein internationaler Haftbefehl vorliegt und der in der hiesigen Presse in etwa der gleichen Kategorie wie Saddam Hussein geführt wird, dürfte sich mit seiner Ankündigung sowie mit der Zusammenarbeit mit der iranischen Regierung nicht nur Freunde in der Welt machen. Ungeachtet dessen hat Sudan wie jedes andere Land das Recht, Nuklearenergie zu rein zivilen Zwecken zu nutzen.

"Die Islamische Republik von Iran ist bereit, wissenschaftliche Erfahrung, Wissen und Technologie zu liefern", verhieß das geistliche Oberhaupt des Landes, Ayatollah Ali Khamenei, anläßlich eines Besuchs des sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir im April dieses Jahres in Teheran. [4] Nach Berechnungen der Regierung Sudans wird das erdölreiche Land im Jahr 2035 unter Energiemangel leiden, sollten keine neuen Energiequellen aufgeschlossen werden.

Aber ausgerechnet Nuklearenergie? Wo doch die Weltvorräte an Natururan, aus dem das Strahlenmaterial herausgetrennt und angereichert wird, je nach Schätzung auf 30 bis 70 Jahre begrenzt sind? Und solche Berechnungen erfolgen in der Regel vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Uranverbrauchs. Wenn nun all die Staaten, die mit der IAEA in Verhandlungen über einen Einstieg in die Nuklearenergienutzung stehen, ihre Pläne verwirklichen, und auch China, Indien, Rußland, Frankreich, Großbritannien und die USA neue Meiler bauen, dann geht das Uran noch schneller zuneige, ungeachtet des in Aussicht stehenden technologischen Fortschritts, durch den mehr Energie aus dem Nuklearmaterial herausgeholt werden kann.

Bei aller Entschlossenheit der afrikanischen Staaten, ihren chronischen Energiemangel beheben zu wollen und dafür auf Nuklearenergie zu setzen, sollten die Verantwortlichen sehr genau prüfen, ob das die geeignete Energieform ist. Eben weil sich die Regierungen Sudans und anderer Länder auf langfristige Entwicklungen einstellen, erscheint die Atomkraft als keine geeignete Option. Die Fertigstellung des Reaktors in Sudan müßte sich nur um ein paar Jahre verzögern, schon wäre die Nukleartechnologie bereits ein Auslaufmodell, bevor sie in diesem Land überhaupt begonnen hat, nennenswerte Mengen elektrische Energie zu liefern. Zurück blieben auf jeden Fall strahlende Bauruinen, deren Rückbau technologisch so schwierig ist wie der Aufbau des Akw und der auch nicht preiswerter ist. Und das strahlende Erbe würde noch vielen Generationen Sorgen bereiten.


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Anmerkungen:

[1] "Report: Sudan plans to build nuclear reactor", East African Business Week (Kampala), 22. August 2010
http://www.haaretz.com/news/international/report-sudan-plans-to-build-nuclear-reactor-1.309576

[2] "Sudan plans nuclear program", The Jerusalem Post, 22. August 2010
http://www.jpost.com/International/Article.aspx?ID=185625

[3] "Sudan agrees with IAEA on nuclear energy program", Sudan Tribune, 4. September 2009
http://www.sudantribune.com/spip.php?article32345

[4] "Sudan to get nuclear technology from Iran", afrol News, 25. April 2010
http://www.afrol.com/articles/18936

24. August 2010