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ATOM/341: Britannien - statt Windpark neues Kernkraftwerk (SB)


Haverigg-Windpark in Cumbria als neuer Akw-Standort genehmigt


Hatte es früher "Jute statt Plastik" geheißen, so muß man heute wohl "Atom statt Wind" sagen. Die britische Regierung erwägt ausgerechnet am Standort eines der ältesten britischen Windparks den Bau eines neuen Kernkraftwerks. Das könnte zum partiellen oder totalen Verlust der Anlagen führen.

Die Haverigg-Windräder in Kirksanton, Grafschaft Cumbria, werden vermutlich abgebaut, meldete die britische Zeitung "The Guardian". [1] Dort will der deutsche Energiekonzern RWE ein neues Kernkraftwerk errichten. Die britische Regierung habe das Vorhaben bereits abgesegnet, heißt es.

Es läßt sich denken, daß dieser Schritt reichlich Empörung in der britischen Umweltbewegung ausgelöst hat. Laut dem "Guardian" hat sich Colin Palmer, Gründer des am Haverigg-Windpark beteiligten Unternehmens Windcluster, "entsetzt" über den Plan gezeigt. Gerade jetzt, da Britannien seine Ziele zur "grünen Energie" verfehle und Minister versichert hätten, daß Kernenergie und Erneuerbare Energien inkompatibel sind, würden solche Pläne erwogen.

Zuerst habe er es gar nicht glauben wollen, sagte Palmer. Doch gleich darauf machte sich bei ihm Enttäuschung breit, daß damit Jahre der Verpflichtung zu nachhaltigen Energien zunichte gemacht werden. Ausgerechnet zu einer Zeit, in der sich die Regierung für den beschleunigten Ausbau der Windenergie ausspricht, unterstütze sie offenbar die Zerstörung bestehender Kapazitäten. Er sei wütend darüber, daß er weder von der RWE noch irgend jemand anderen vor der offiziellen Genehmigung über das Vorhaben informiert wurde. Das widerspräche der Gepflogenheit, sich frühzeitig mit den Eignern ins Benehmen zu setzen.

Der Standort des Haverigg-Windparks liegt am Rande der beliebten Touristenregion Lake District. 1992 hatte die Regierung dem Bau der Windanlagen grünes Licht erteilt. Nach den Erweiterungen dank einer Investition von sechs Millionen Pfund besteht der Park, der von einer Gruppe "ethischer Investoren" finanziert wurde, wie der "Guardian" schrieb, aus acht Windrädern, die eine überdurchschnittliche Energieausbeute leisteten.

Ein RWE-Sprecher bestätigte, daß sich der Bau des Kernkraftwerks und der Windpark überschneiden und womöglich einige Anlagen oder der ganze Windpark abgebaut werden müßten. Aber das müsse letztlich noch mit dem Betreiber und Grundstückseigentümer besprochen werden.

Durch ständige Wiederholung wird eine Behauptung zwar nicht wahr, aber das bekümmert die Nuklearlobby offenbar nicht. Der RWE-Sprecher zog den naiv anmutenden Vergleich, daß an dem besagten Standort bis zu 3600 Megawatt an CO2-niedriger bis -freier Energie aufgebaut wird, während um die 3,5 Megawatt Windenergie ersetzt werden.

Im Gegensatz zu der Darstellung der Nuklearwirtschaft sind Kernkraftwerke nicht CO2-frei und auch nicht arm an Kohlendioxidemissionen. Das Gerücht wird zwar laufend verbreitet, aber es wird unterschlagen, daß der Bau von Kernkraftwerken, die Gewinnung, Bearbeitung und Anreicherung von Uranerz sowie der spätere Rückbau der stark radioaktiv kontaminierten Kernkraftwerke und die Verbringung von teils heißem Strahlenmaterial bauliche und betriebliche Maßnahmen zwingend erforderlich machen, durch die enorme Mengen an Kohlendioxid in die Luft gepustet werden.

Abgesehen von der permanenten Strahlenbelastung der Anwohner der Kernkraftwerke und der Gefahr von Unfällen, die von keiner Versicherung abgedeckt werden, sind Kernkraftwerke nicht klimafreundlich. Daß auch bei die Herstellung und Wartung von Windrädern große Energiemengen verbraucht und dementsprechend Kohlendioxid in die Luft geblasen wird, macht die Kernkraftwerke deshalb noch lange nicht klimafreundlich.


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Anmerkungen:

[1] "Anger at plans for nuclear power station to replace wind farm", The Guardian, 28. April 2009
www.guardian.co.uk/environment/2009/apr/28/haverigg-turbines-nuclear-power-plant

29. April 2009