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ATOM/334: MOX-Transport von Europa nach Japan angekündigt (SB)


Geheimnistuerei im Vorfeld eines Schiffstransports von Strahlenmaterial über eine viel tausend Kilometer lange Strecke


In Kürze wird eine der gefährlichsten Substanzen, die Menschen je erzeugt haben, per Schiff von Europa nach Japan transportiert. Es handelt sich um eine Ladung Mischoxid-Brennelemente, kurz MOX genannt, die einen rund fünfprozentigen Anteil des hochgefährlichen Strahlenstoffs Plutonium enthalten. Weder der genau Abfahrtstermin noch der Ausgangshafen noch die Fahrtstrecke wurden bislang bekanntgegeben. Man wisse lediglich, daß die Ladung, die von zwei Schiffen transportiert wird, entweder von Frankreich oder von Großbritannien ausgeht, meldete die nuklearindustriefreundliche Website world-nuclear-news.org. [1]

Erst wenige Tage vor der Fahrt wird der Abfahrtshafen genannt. Wohingegen die Öffentlichkeit über den Abfahrtstermin, den Transportweg, die Schiffsnamen und die mögliche Ankunftszeit in Japan einen Tag nach der Abfahrt informiert werden soll. [2]

Das MOX hat der französische Nuklearkonzern Areva hergestellt. Befördert wird das Strahlenmaterial vom britischen Unternehmen Pacific Nuclear Transport Limited (PNTL), das eine Tochter des International Nuclear Services ist, der wiederum der britischen Nuclear Decommissioning Authority (NDA) gehört. Die MOX-Brennelemente sind für die japanischen Standorte Chubu, Kyushu und Shikoku vorgesehen.

Weil die MOX-Brennelemente Plutonium enthalten, das möglicherweise kernwaffentauglich gemacht werden kann, sofern jemand über die entsprechende technische Ausrüstung zur Anreicherung verfügt, das auf jeden Fall aber sogenannte schmutzige Atombomben gefährlicher macht als wenn es sich um reine Uranbomben handelte, ergreifen die beteiligten Unternehmen eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen. Unter anderem stehen dem Konvoi drei Fahrtrouten - durch den Panamakanal, rund ums Kap Horn oder am Kap der guten Hoffnung entlang - zur Verfügung, was die Vorbereitungen auf einen Angriff verkompliziert.

Die Verschwiegenheit der ganzen Operation erfüllt selbstverständlich nicht nur den Zweck, potentielle Räuber, die den Strahlenstoff widerrechtlich an sich bringen wollen, ins Leere laufen zu lassen, sondern auch Demonstranten. In der Vergangenheit kam es mehrfach zu heftigen Protesten der Bevölkerung, als solche Transporte auf den Weg gebracht wurden. Und wenn auch die Kritik der Demonstranten stark auf den Aspekt der Sicherheit gegen Diebstahl gerichtet war, gab es genügend Stimmen, die sich prinzipiell gegen die Nuklearwirtschaft, die solche Transporte mit sich bringt, aussprachen.

Ein Unfall mit Freitsetzung von Strahlenmaterial durch die beiden doppelwandigen Spezialschiffe gilt zwar als sehr unwahrscheinlich, aber doppelwandige Schiffe sind nicht unsinkbar. Die Kritik einiger Umweltschützer an solchen Seetransporten richtete sich in der Vergangenheit darauf, daß das Strahlenmaterial in die Hände von Terroristen fallen könnte. Das Problem an diesem Argument besteht darin, daß mit ihm dem Atomstaat Vorschub geleistet wird. Denn die Befürworter der Kernenergiegewinnung könnten Sicherheitsbedenken als Steilvorlage für ihre eigenen Ambitionen zum Ausbau des Sicherheitsstaats annehmen. Vor dem Hintergrund des selbstgeschaffenen Sachzwangs, daß Kernkraftwerke und Nuklearmaterial geschützt werden müssen, wurden nicht wenige staatliche Befugnisse erweitert bzw. umgekehrt Einschränkungen der bürgerlichen Rechte vorgenommen.


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Anmerkungen:

[1] MOX gets ready to sail, 29. Januar 2009.
http://www.world-nuclear-news.org/newsarticle.aspx?id=24555

[2] Information Disclosure Relating to MOX Fuel Shipment from Europe to Japan. International Nuclear Services Press Release. 28. Januar 2009.
http://www.pntl.co.uk/pntl-news/PRDisplay.asp?id=45

3. Februar 2009