BUND-Landesverband Hamburg - 1. Juni 2016
Elbvertiefung: Umweltverbände sehen weiterhin massiven Verstoß gegen Umweltrecht
Mängelrügen des Bundesverwaltungsgericht nicht geheilt / Umweltauswirkungen und Folgen für Sedimentmanagement erheblich
Das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe aus BUND, NABU und WWF hat fristgerecht einen umfangreichen Schriftsatz zum aktuellen Planergänzungsbeschluss der Wasser- und Schifffahrtverwaltung beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht. Wesentliche Mängel, die das Gericht in seinem Beschluss vom Oktober 2014 gerügt hatte, sind nach Auffassung der Verbände nicht ausgeräumt. Auch die neuen Vorgaben, die sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 1.07.2015 zur Auslegung des europäischen Wasserrechts ergeben, werden nur unzureichend abgearbeitet. Damit verstößt die Planung aus Sicht der Verbände weiterhin gegen geltendes Umweltrecht.
"Die Genehmigungsbehörden ignorieren nach wie vor die Vorgaben des Umwelt- und Naturschutzrechts. Auch dieser Planergänzungsbeschluss, der mittlerweile die zehnte Änderung im Verfahren markiert, ändert daran nichts", so die Verbände.
Obwohl im Vergleich zur letzten Elbvertiefung mit knapp 40 Millionen Kubikmetern die dreifache Sedimentmenge aus dem Fluss gebaggert werden soll, kommen die Planfeststellungsbehörden zu dem Ergebnis, dass keine Verschlechterung im Sinne des Wasserrechts zu erwarten sei. Aus Sicht der Umweltverbände verstößt die geplante Elbvertiefung hingegen klar gegen das Verschlechterungsverbot und gegen die Verbesserungspflicht der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Durch das Vorhaben würden u. a. die heute schon schlechten Sauerstoffverhältnisse im Sommer, die Schwankungsbreite der Tidewasserstände, die Strömungsverhältnisse, der Salzeinfluss und damit auch die Lebensbedingungen für Flora und Fauna weiter verschlechtert.
Die dem Planergänzungsbeschluss zugrunde gelegten neuen Untersuchungen
zu Brutvögeln, bedrohten Pflanzenarten und Elbfischen können nach
Ansicht der Umweltverbände ebenfalls nicht überzeugen. Auch die vom
Bundesverwaltungsgericht auferlegte Abgrenzung von Pflichtaufgaben und
zusätzlichen Ausgleichsmaßnahmen in EU-Schutzgebieten
(Kohärenzsicherungsmaßnahmen) sei nicht haltbar. Viele der
vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen dürften nicht angerechnet werden,
das Vertiefungsvorhaben sei allein deswegen rechtswidrig.
Hamburg, 01. Juni 2016
Die Umweltverbände haben in ihrer Klagebegründung ausführlich vorgetragen, dass die geplante Elbvertiefung erhebliche Auswirkungen auf Tier- und Pflanzenarten in und entlang der Elbe haben wird. Diese Auswirkungen widersprechen den Schutzbestimmungen der FFH-Gebiete an der Elbe und verstoßen gegen das Verschlechterungsverbot sowie die Verbesserungspflicht der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL).
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom Oktober 2014 wesentliche Mängelrügen festgestellt, die nach Auffassung der Verbände BUND, WWF und NABU nicht ausgeräumt sind. Auch die neuen Vorgaben, die sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 01.07.2015 zur Auslegung des europäischen Wasserrechts ergeben, werden nur unzureichend abgearbeitet. Die Eingriffe werden weiterhin bagatellisiert, um die tatsächlichen Umweltbelastungen zu kaschieren.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte zudem in seinem Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 gefordert, Pflichtaufgaben von möglichen zusätzlichen Ausgleichsmaßnahmen in EU-Schutzgebieten (Kohärenzsicherungsmaßnahmen) an der Tideelbe systematisch abzugrenzen. Nach Einschätzung der Umweltverbände muss der Großteil der geplanten Kohärenzsicherungsmaßnahmen unabhängig vom Verfahren zur Elbvertiefung von den Behörden umgesetzt werden, um den heute schlechten Zustand der Tideelbe wieder zu verbessern.
Die Planfeststellungsbehörden kommen zu dem Ergebnis, dass die Baggerung von knapp 40 Millionen Kubikmetern Sediment keine Verschlechterung im Sinne des Wasserrechts bedeuten würde. Auf der Basis veralteter Modellrechnungen der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) wird die These aufrechterhalten, es gebe keine beachtenswerten Veränderungen bei Wasserständen, Sedimentation und Strömungsgeschwindigkeiten. Dafür nutzen die Genehmigungsbehörden einen absichtsvoll groben Maßstab, mit dem die tatsächlichen Verschlechterungen am Gewässer vertuscht werden sollen. Diese sind aber nach Auffassung der Verbände bedeutsam und müssten zu einer Ausnahmeprüfung entsprechend des Wasserhaushaltsgesetzes für das rund 800 Mio. teure Vorhaben führen.
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Quelle:
Presseinformation, 01.06.2016
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND-Landesverband Hamburg
Lange Reihe 29, 20099 Hamburg
Tel.: 040/600 387-0, Fax: 040/600 387-20
E-Mail: bund.hamburg@bund.net
Internet: www.bund.net/hamburg
veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juni 2016
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