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STANDPUNKT/561: Gabriels Frivolität (Bund der Energieverbraucher)


Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V. - 9. April 2014

Gabriels Frivolität



(9. April 2014) Die EEG-Umlage von derzeit über sechs Cent je Kilowattstunde könnte durch Aufhebung der Börsenpflicht für EEG-Strom auf unter zwei Cent fallen. Ohne die Förderung erneuerbarer Energien zu vermindern, die nun beschlossen wurde. Darauf weist der Bund der Energieverbraucher hin. Die 2009 eingeführte Zwangsvermarktung des EEG-Stroms hat die Börsenpreise für Strom nach unten gedrückt, die EEG-Umlage deutlich erhöht und die Wirtschaftlichkeit der konventionellen Kraftwerke ruiniert.

Seit 2009 explodierte die EEG Umlage von 1,2 auf über 6 Cent/kWh, der ausgezahlte Förderbetrag für Erneuerbare stieg aber nur von 15 Mrd. auf etwa 20 Mrd. Euro. Dieser folgenschwere Fehler des damaligen Umweltministers Gabriel wurde nun leider nicht repariert.

Er kam aber den vielen Gegnern der erneuerbaren Energie sehr willkommen. Sie lieferte Argumente gegen das EEG und machten die Erneuerbaren verantwortlich für unakzeptable Strompreiserhöhungen.

Die hohe EEG-Umlage ließ den neuen Wirtschaftsminister zum Milliarden-Wohltäter werden auf Kosten von Wirtschaft und Verbrauchern.

Siegmal Gabriel rechtfertigte sich öffentlich: "Und das Thema Industrie, ich weiß, dass das Spaß macht, das öffentlich gegeneinander zu schieben, ich kann nur wiederholen: 40 Euro für einen Drei-Personen-Haushalt im Jahr tauschen gegen ein paar Hunderttausend Arbeitsplätze, die man in Gefahr bringt - das hielte ich für ein frivoles Unterfangen."

Dazu äußerte sich der Vorsitzende des Bund der Energieverbraucher Dr. Aribert Peters:
Schon die Zahl stimmt nicht: Es sind gut 60 Euro, die jeder Verbraucher mehr zahlen muss. Nicht um die Erneuerbaren zu fördern, sondern um 2.000 gut aufgestellten Großbetrieben ein Strompreisgeschenk zu machen.

Über 300.000 Haushalte in Deutschland bekommen laut Bundesnetzagentur jährlich den Strom abgestellt, weil sie durchschnittlich mit 114 Euro im Rückstand sind bei der Bezahlung ihrer Stromrechnung. Davon sind eine halbe Millionen Personen betroffen. Bei Rückständen unter 100 Euro verbietet das Gesetz eine Sperre.

"Es ist frivol, vorsätzlich Hunderttausende der ärmsten Haushalten der Republik mit einer Sonderabgabe so in die Not zu treiben, dass sie ihre Stromrechnung nicht mehr bezahlen können und den Strom gesperrt bekommen" kritisiert Peters.

Fälschlicherweise wird das EEG-Befreiung als Geschenk an die Industrie gesehen und kritisiert. Denn es gibt in Deutschland etwa zwei Millionen Betriebe. Und selbst von den 45.000 Industriebetrieben werden nur rund 2.000 Betriebe beschenkt. Die übrigen Betriebe und damit die ganz überwiegende Mehrzahl geht nicht nur leer aus. Sie werden durch das Gabriel-Geschenk existenzgefährend stark zusätzlich belastet.

Für einen mittelständischen Betrieb wie zum Beispiel eine Druckerei mit 530.000 kWh Jahresverbrauch erhöht sich die jährliche Stromrechnung durch die Ausnahmeregelung um rund 11.500 Euro. Diese Summe muss im laufenden Geschäftsbetrieb zusätzlich erlöst werden, um die Entlastung stromintensiver Betriebe von den EEG-Umlage zu bezahlen. Angesichts des hohen Konkurrenzdrucks dieser Branche ist ein zusätzlicher Umsatz in rund zwanzigfacher Höhe erforderlich, um diesen zusätzlichen Erlös zu erzielen, also 200.000 Euro. Im Fall drohender Insolvenz würde die Druckerei schließen müssen, weil sie nicht in der Lage ist, diese zusätzlichen Kosten aufzubringen. In einer kritischen Situation sind es oft gering erscheinende Beträge, die darüber entscheiden, ob ein Unternehmen fortbesteht oder nicht. Das Beispiel zeigt die Zusatzbelastung durch die Befreiungsregelung für durchschnittliche mittelständische Unternehmen durchaus von existenzieller Höhe sind.

Im Jahr 2013 meldeten in Deutschland rund 27.000 Firmen Insolvenz an. Bei einer durchschnittlichen Beschäftigungszahl von 20 gingen durch diesen Insolvenzen rund 500.000 Arbeitsplätze verloren. Eine Entlastung der Stromrechnung der Betriebe um den Befreiungsbetrag einerseits und die zusätzliche Nachfrage durch private Haushalte hätte zumindest einen spürbaren Teil dieser Insolvenzen verhindert und die Arbeitsplätze erhalten. Der Bund der Energieverbraucher e.V. schätzt diesen Anteil auf rund 30 Prozent. Die Befreiungsregelung hat somit im Jahr 2012 gut 150.000 Arbeitsplätze vernichtet.

"Es ist frivol von Herr Gabriel, diese Arbeitsplatzvernichtung zu übersehen", kritisiert der Bund der Energieverbraucher e.V.

Das zweite Konjunkturpaket der Bundesregierung im Jahr 2009 stabilisierte laut einer Studie der Prognos AG mit einem Volumen von 50 Milliarden Euro rund eine Millionen Arbeitsplätze.

Wendet man diese Zahlenrelation auf die besondere Ausgleichsregelung an, ergibt sich folgendes: Ein Aufhebung der EEG-Befreiungen setzt zusätzliche Ausgaben in Höhe von fünf Milliarden Euro frei. Dadurch werden rund 100.000 Arbeitsplätze stabilisiert.

Ohne diese gravierenden Fehler des neuen EEG hätte man die Vergütung für Erneuerbare auch nicht absenken und den Zubau der Erneuerbaren nicht begrenzen müssen. Denn die erneuerbaren Energien braucht Deutschland, das zu 35 Prozent von Öl und Gas aus Russland angewiesen ist, so schnell und viel wie irgend möglich.


http://www.energieverbraucher.de/de/Das-EEG__510/NewsDetail__14665/

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Quelle:
Pressemitteilung, 09.04.2014
Bund der Energieverbraucher e.V.
Frankfurter Str. 1, 53572 Unkel
Tel.: 02224/9227-0, Fax: 02224/10 321
E-Mail: info@energieverbraucher.de
Internet: www.energieverbraucher.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. April 2014