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LAIRE/285: Great Barrier Reef - Lebensraumgefährdung ... (SB)



Der für Australiens Regierung tätige Forschungsrat wird einer führenden wissenschaftlichen Einrichtung, die sich mit Korallen und dem Great Barrier Reef befaßt, ab 2021 keine Gelder mehr zukommen lassen. Damit geht dem Institut ein erheblicher Teil seiner finanziellen Mittel verloren, was sich massiv auf seine Arbeit auswirken dürfte. Die Entscheidung ist auf zynische Weise konsequent, setzt doch die australische Regierung das Great Barrier Reef sowieso schon einem massiven ökologischen Druck aus. Australien hat sich weitgehend von Klimaschutzmaßnahmen verabschiedet und fördert unverdrossen große Mengen Kohle. Bei deren Verbrennung wird Kohlenstoffdioxid emittiert, welches die Ozeane versauern läßt. Versauerung und Erwärmung der Meere lassen wiederum die Korallen absterben.

Das Centre of Excellence for Coral Reef Studies an der James Cook University ist weit über Australien hinaus bekannt. Legt man das in der Wissenschaft übliche Kriterium zugrunde, wie häufig eine Einrichtung von anderen zitiert wird, so war das Institut mit fast 40.000 Zitationen im Jahr 2017 weltweit führend auf dem Gebiet der Korallenforschung, berichtete das Journal "Nature".

Der australische Forschungsrat ARC ist eine unabhängige Regierungsagentur, die dem Kultusministerium zuarbeitet. Er hat das Korallenforschungszentrum seit dessen Gründung vor dreizehn Jahren finanziell unterstützt. Doch in der Mittelvergabe für die Zeit ab 2021 ist es nicht mehr aufgeführt.

Sowohl die ARC-Vorsitzende Sue Thomas als auch der australische Kultusminister Dan Tehan streiten ab, daß politische Gründe hinter der Entscheidung stehen, dem Zentrum die Mittel zu streichen. Und doch ist das nicht glaubwürdig, denn in der Vergangenheit hat Institutsleiter Terry Hughes häufiger die australische Regierung wegen ihrer mangelnden Maßnahmen gegen das Korallensterben kritisiert. Selbst wenn, wie der ARC behauptet, das Zentrum aufgrund eines ganz normalen Wettbewerbs unter australischen Forschungseinrichtungen um den Status "Exzellenz" aus dem Rennen ist, hätte die australische Regierung sicherlich Wege finden können, es weiter zu fördern - sofern ihr am Schutz des Great Barrier Reef gelegen ist.

Statt dessen wird eine von australischen Unternehmern ins Leben gerufene Stiftung, die Great Barrier Reef Foundation, unterstützt. In deren Vorstand sitzen dann beispielsweise eine Vertreterin des Luft- und Raumfahrtkonzerns Boeing, ein Vertreter des transnationalen Rohstoffkonzerns BHP, und auch Shell, Rio Tinto und Deutsche Bank sind vertreten, um nur einige zu nennen. Im April dieses Jahres hat die australische Regierung der Stiftung, die damals nur sechs Angestellte besaß, Gelder in Höhe von 444 Mio. austr. Dollar (284 Mio. Euro) zugesagt. Die Aufgabe der Stiftung besteht darin, in dem Great Barrier Reef Resilienz gegenüber der globalen Erwärmung aufzubauen, nicht aber, die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf die Korallenriffe zu erforschen, wie es das Korallenforschungszentrum praktiziert.

Das 2300 Kilometer lange Great Barrier Reef ist seit 1981 Weltnaturerbe. Zwischen 2015 und 2017 ist rund die Hälfte der damals noch lebenden Flachwasserkorallen der Korallenbleiche zum Opfer gefallen, und die Entwicklung geht weiter. Rund zwei Drittel des Riffs sind tot oder ausgebleicht. Unter Umständen erholen sich Korallen nach einer Bleiche wieder, aber das kann Jahre dauern, in denen es nicht erneut zu diesem Phänomen kommen darf. Mehrjährige Korallenbleichen hingegen führen zum endgültigen Absterben.

Die Bedeutung des Great Barrier Reefs als Lebensraum für viele tausend Tier- und Pflanzenarten ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Ebensowenig wie seine Bedeutung im globalen Kontext. Man könnte das Riff als den Kanarienvogel des Planeten Erde bezeichnen. So wie Bergleute einst Kanarienvögel mit unter Tage genommen haben, um "schlechtes Wetter" - lebensbedrohliche Gasgemische in der Atemluft - festzustellen, warnt das Absterben des weltgrößten Riffsystems vor der australischen Ostküste vor einer Entwicklung, die den gesamten Planeten betrifft. Das beschränkt sich nicht auf die Korallen, die an vielen Orten der Welt massiv absterben, sondern gilt für das biologische Leben generell.

Ohne die tropischen Korallen würde die Erde einen großen Schritt in Richtung eines lebensfeindlichen Ödplaneten machen, der tumb seine Bahnen um die Sonne zieht - vielleicht so wie der Mars heute, der einst große Mengen Wasser besaß, das unter bislang ungeklärten Umständen verschwunden ist.

13. November 2018


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