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MELDUNG/226: Insel Pellworm - Seeadler durch Blei oder Insektizid vergiftet (Schutzstation Wattenmeer)


Schutzstation Wattenmeer - Presseinformation, 28.01.2016

Insel Pellworm: Seeadler durch Blei oder Insektizid vergiftet


Der Ende August 2015 auf der Nordseeinsel Pellworm von Touristen tot aufgefundene und von Mitarbeitern der Schutzstation Wattenmeer geborgene Seeadler ist wohl an einer Bleivergiftung gestorben. Zu diesem Ergebnis kommt der jetzt vorliegende Obduktionsbericht des Leibnitz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung. Die Berliner Wissenschaftler stellten einen sehr schlechten Ernährungszustand des weiblichen Greifvogels verbunden mit einer starken Schädigung der Leber fest. Die toxikologische Untersuchung wies eine Bleikonzentration nach, die um ein Vielfaches höher als normal war.

"Das Gift könnte aus bleihaltiger Jagdmunition stammen", sagt Harald Förster, Geschäftsführer der Schutzstation Wattenmeer. Der junge Adler habe möglicherweise Reste von Wildkadavern gefressen und dabei feine Partikel des Schwermetalls mit der Nahrung aufgenommen.

"Seeadler ernähren sich neben Fischen und Wasservögeln auch sehr gern von Aas", erläutert Heinrich Ewers vom Verein für Naturschutz und Landschaftspflege Mittleres Nordfriesland, der auf Pellworm große Flächen naturschutzfachlich betreut. Auch kleine Bleimengen könnten über längere Zeit aufgenommen zu einer chronischen Vergiftung und einem langsamen Verhungern der Tiere führen. Bleivergiftung ist eine der häufigsten Todesursachen bei Seeadlern in Deutschland.

Neben Blei ist eine Vergiftung des aufgefundenen Seeadlers mit Giftködern nicht ganz auszuschließen, da Abbauprodukte des Insektizids DDT nachgewiesen wurden, das bereits seit Jahrzehnten verboten ist und sich in der Nahrungskette nicht mehr anreichern sollte. Ein Rückschluss auf den Ort der Aufnahme ist allerdings nicht möglich.

"Die Ausbringung von Giftködern ist illegal und muss wesentlich härter bestraft werden", fordert Förster. Gemessen an der Vielzahl vergifteter Greifvögel sei dieses wohl eine weit verbreitete und vielfach praktizierte Methode, um Greifvögel unauffällig zu dezimieren.


Stichwort: Seeadler

Der mit einer Spannweite von 2,40 Metern größte deutsche Greifvogel stand Anfang der 1980er Jahre mit nur noch vier Brutpaaren in Schleswig-Holstein kurz vor der Ausrottung. DDT-Rückstände in der Nahrung hatten zum Ausbleiben des Nachwuchses geführt, Eierdiebe und Störungen an den Horstbäumen ein Übriges zu seinem Rückgang beigetragen. Konsequente Schutzbemühungen führten dazu, dass sich der imposante Wappenvogel von Ostholstein aus wieder verbreiten konnte. Seit 20 Jahren können Seeadler wieder an der Nordseeküste beobachtet werden. Oft gehen sie in großen Feuchtgebieten wie dem Beltringharder Koog auf Nahrungssuche, aber auch im gesamten Wattenmeer können Adler bei der Jagd auf Enten oder Gänse beobachtet werden.

Derzeit gibt es etwa sechs Seeadler-Paare in Nordfriesland und acht in Dithmarschen. Getrübt wird die Erfolgsstory auch am Wattenmeer durch eine zunehmende Verfolgung dieser faszinierenden Tiere. Durch Störungen am Brutplatz, Verfolgung und Vergiftung gab es im Jahr 2015 gar keinen Nachwuchs in Dithmarschen und mehrere Funde vergifteter Vögel an der Westküste. In die Schlagzeilen geraten war die Fällung eines Horstbaumes in Mildstedt bei Husum im November 2015.

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Quelle:
Presseinformation, 28.01.2016
Herausgeber:
Naturschutzgesellschaft Schutzstation Wattenmeer e.V.
Pressestelle
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Tel.: 04331/23 6 22, Fax:04331/25 24 6
E-Mail: c.goetze@schutzstation-wattenmeer.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Januar 2016

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