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INITIATIVE/189: Bauern wehren sich gegen Abschaffung der beliebten Kartoffel Linda (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 149 - April/Mai 09
Die Berliner Umweltzeitung

Ein Kartoffelkrieg
Bauern wehren sich gegen Abschaffung der beliebten Sorte Linda

Von Nelly Welskop


Das Verfahren für den Erhalt der "Königin der Kartoffeln" dauert nun fast schon vier Jahre - zumindest in Deutschland. Vier Jahre, in der sich Hersteller und Verbraucher gegenüberstehen und es schon längst nicht mehr nur um eine Kartoffelart geht.

Die Chronologie jenes Kartoffelkrieges beginnt mit der Züchtung der Linda-Kartoffel 1974 durch Bauer Friedrich Böhm, woraufhin das deutsche Bundessortenamt den 30 Jahre dauernden Sortenschutz für die Knolle erteilte. In den 90er Jahren fusionierte Böhm mit anderen Zuchtunternehmen zur Europlant Pflanzenzucht GmbH und beanspruchte in diesem Zusammenhang auch weiterhin den Sortenschutz für die Linda-Kartoffel.

Logisch wäre, wenn nach Ablauf des Sortenschutzes die Linda-Kartoffel - ebenso wie andere Sorten - zu so genannten "freien Gütern" deklariert werden würde, um damit allen Vermehrungsbetrieben die Möglichkeit zum lizenzfreien Anbau zu geben. Nicht nachvollziehbar ist dagegen die Aktion von Europlant, indem sie das Produkt kurz vor Ende der Sortenschutzfrist vom Markt nahm. Dies begründete die Kapitalgesellschaft mit dem Rechtsgrundsatz, dass während der Schutzzeit nur der Sortenschutzinhaber die Zulassung verlängern kann, und der Tatsache, dass die Produktion der Linda-Kartoffel unnötig viel Pflanzendünger beanspruche. Unterschwellig wurde jedoch der Verdacht laut, dass die Linda-Knolle wegen der potenziellen Konkurrenz für die gewinnbringendere Kartoffel Belena verabschiedet werden sollte.

Zahlreiche Bauern wehrten sich gegen die Abschaffung der begehrten Linda, was in der Gründung des Linda-Freundeskreises unter Leitung von Karsten Ellenberg im Jahr 2005 ihren Höhepunkt fand. Das Ziel der Gleichgesinnten ist die Neuzulassung der Linda-Knolle durch das Bundessortenamt. Diese zeit- und kostenintensive Prozedur kann nur mit Spenden aus eigener Tasche finanziert werden. Das Handeln der Linda-Sympathisanten ermöglichte eine Verlängerung der Auslaufzeit durch das Bundessortenamt bis Juni 2007. Europlant legte Widerspruch ein, der abgewiesen wurde und klagte daraufhin beim Verwaltungsgericht Hannover gegen das Bundessortenamt. Auch diese Schlacht im Kartoffelkrieg gewann der Linda-Freundeskreis. Nach Angaben von Karsten Ellenberg ist das "Inverkehrbringen zu Forschungszwecken von 100 Kilogramm Linda-Pflanzenkartoffeln" möglich, solange das Prüfverfahren der beliebten Knolle andauert. Der Handel über die 100 Kilogramm hinaus ist derzeit noch verboten. Eine endgültige Entscheidung über Sieg oder Niederlage wird im Herbst dieses Jahres erwartet.

Abschließend stellt sich die Frage, ob es nach den vier Jahren Kampf um eine Kartoffelsorte wirklich nur noch um deren Erhalt geht oder ob die Kartoffel nicht längst zu einem Symbol für die globale Komplexität des Marktes geworden ist. Ein Symbol dafür, wie sehr die natürlichen Ressourcen sich schon zu einem globalen Geschäft ausgeweitet haben, in dem die Gesellschafter den Verbrauchern vorzuschreiben versuchen, was auf den Tisch kommt. Da ist doch klar, dass Ellenberg den Laien überzeugt, wenn er sagt, der Markt müsse entscheiden. Der Verbraucher soll das bekommen, was er wünscht - in diesem Falle die Linda-Knolle.

www.kartoffelvielfalt.de

http://www.grueneliga-berlin.de/rabe_ralf/rabe_archiv_2009/04_05_2009/20_04_05_2009.html


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Quelle:
DER RABE RALF - 20. Jahrgang, Nr. 149, April/Mai 09
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 230, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
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Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2009