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GENTECHNIK/631: Breites Bündnis fordert Verbot der Freisetzung von Pharma-Kartoffeln (NABU)


Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V. - Pressedienst, 26. Februar

Freisetzung von Pharma-Kartoffeln ist verantwortungslos

Breites Bündnis fordert Verbot der Freisetzung


Berlin, 26.02.09: Auf breite Ablehnung und heftigen Widerstand stößt die geplante Freisetzung von gentechnisch veränderten Kartoffeln, darunter zwei Pharma-Kartoffeln, der Universität Rostock an den beiden Standorten Thulendorf (bei Klein Lüsewitz, Mecklenburg-Vorpommern) und Üplingen (Börde-Kreis, Sachsen-Anhalt). Heute endet die Einwendungsfrist gegen diesen Freisetzungsversuch. Bauernorganisationen, Saatgutzüchter und -erhalter, Umwelt- und Naturschutzverbände, Ärzte, Landwirte und Erzeugergemeinschaften haben in Kooperation mit einer Rechtsanwältin einen Einwand an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) verfasst.

Die SprecherInnen der Organisationen warnen: "Die geplante Freisetzung von Pharma-Kartoffeln in der freien Natur ist unverantwortlich. Einmal freigesetzt lassen sich gentechnisch veränderte Pflanzen in der Natur weder kontrollieren noch zurückholen. Wenn diese Pflanzen dann auch noch Pharmazeutika produzieren, muss ein Anbau im Freiland strikt untersagt werden, um eine Kontamination der Lebensmittelkette mit pharmakologisch wirksamen Stoffen zu verhindern. Selbst in Amerika sind Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten Pharma-Pflanzen höchst umstritten. Wir sehen Gefahren für Menschen, Tiere, Umwelt und fordern sowohl die Genehmigungsbehörde als auch das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium auf, sich klar und deutlich gegen diesen hoch riskanten Freisetzungsversuch auszusprechen. In derartige Projekte sollten zudem keine öffentlichen Forschungsmittel fließen.

Pharmapflanzen sind noch risikoreicher als die bekannten transgenen insekten- oder herbizidresistenten Pflanzen. Der Sachverständigenrat zu Umweltfragen (SRU) fordert deshalb in seinem Umweltgutachten 2004 eindeutig, dass der Anbau und die Freisetzung von Pharmapflanzen nur in abgeschlossenen Systemen (Containment) durchzuführen seien. Die Antragstellerin - die Universität Rostock - diskutiert noch nicht einmal, dass es hier Risiken geben kann. Dies halten wir für unwissenschaftlich und unseriös. Der geplante "Sicherheitsabstand" von 20 bzw. 50 Metern ist völlig unzureichend, bedenkt man, dass Insekten, die auch Kartoffelblüten besuchen, bis zu drei km fliegen. Außerdem ist lediglich in Thulendorf ein Wildzaun vorgesehen. Auch eine nur einjährige Nachkontrolle auf Durchwuchs ist nicht hinreichend, da letztendlich aus jedem Kartoffelauge eine neue Kartoffelpflanze entstehen kann. Ein Teil der Pharma-Kartoffeln soll in einem so genannten "Schaugarten" in Üplingen freigesetzt werden, in dem "Feldversuche zum Anfassen" stattfinden. Wie die Verschleppung der Pharma-Pflanzen bspw. durch Schulkinder oder andere Besucher verhindert werden soll, ist nicht beschrieben. Fraglich bleibt auch, warum die Pharmakartoffeln noch einmal freigesetzt werden sollen, kam doch die Universität bereits 2006 zum Schluss, dass der gebildete Impfstoff selbst bei deutlich erhöhten Mengengaben keinerlei Wirksamkeit besitzt. Zudem erhalten die gentechnisch veränderten Kartoffeln Resistenzgene gegen in der Tier- und Humanmedizin wichtige Antibiotika. Das Antibiotikum Kanamycin wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der europäischen Arzneimittelbehörde (EMEA) als wichtiges Reserve-Antibiotikum eingestuft, Resistenzgene gegen dieses Antibiotikum dürfen deshalb nicht zusätzlich in die Umwelt bzw. auf den Acker gelangen."


Die Einwendung ist ab dem 26.02.2009 auf folgenden Internetseiten einzusehen: www.abl-ev.de, www.gentechnikfreie-regionen@abl-ev.de, www.NABU.de/gentechnik, www.oekologischer-aerztebund.de

Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V.
BUND
Gen-ethisches Netzwerk e.V.
Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit
NABU
Ökologischer Ärztebund e.V.


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Quelle:
NABU Pressedienst, 26.02.2009
Herausgeber:
Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU)
Pressestelle
Charitéstraße 3, 10117 Berlin
Tel.: 030/284 984-1510, -1520, Fax: 030/284 984-84
E-Mail: presse@NABU.de
Internet: www.NABU.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Februar 2009