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WASSER/207: Pakistan - Bakterien, Fluor und Arsen, knappes Trinkwasser häufig stark verunreinigt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. November 2015

Pakistan: Bakterien, Fluor und Arsen - Knappes Trinkwasser häufig stark verunreinigt

von Ashfaq Yusufzai



Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Jugendliche in Peschawar zapfen Wasser aus einer undichten Leitung
Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Peschawar, PAKISTAN (IPS) - "Das Wasser, das wir täglich brauchen, müssen wir von der Stadtverwaltung kaufen. Die Wassersäule steht so tief, dass wir es kaum noch selbst hochpumpen können", erzählt Muhammad Shakir aus Hayatabad, einem gutsituierten Viertel von Peschawar, der Hauptstadt der nordwestpakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa.

Nichts deutet darauf hin, dass die Notlage in absehbarer Zeit beendet sein könnte. "Es wird alles noch schlimmer. Immer mehr Kinder können nicht zur Schule gehen, weil es dort kein Wasser mehr gibt." Der Unternehmer erklärt, die Behörden informiert zu haben. Auf eine Antwort warte er bisher aber vergeblich.

Der Pakistanische Rat für Wissenschaftliche und Industrielle Forschung (PCSIR) hat längst vor einem raschen Rückgang der Wasserreserven in Khyber Pakhtunkhwa und in den nahegelegenen Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA) gewarnt. "Es muss dringend nach alternativen Quellen gesucht werden", sagt der wissenschaftliche Leiter von PCSIR, Jahangir Shah. Nicht nur ist das Grundwasser stark abgesunken, sodass herkömmliche Brunnen nicht tief genug sind, um den Grundwasserspiegel zu erreichen. Auch ist das Nutzwasser häufig mit Schadstoffen durchsetzt, was es als Trinkwasser unbrauchbar macht.

Das Problem des Wassermangels verschärft sich zusätzlich dadurch, dass die Regierung eine unsachgemäße Nutzung nicht kontrolliert. Infolgedessen steht den Menschen immer weniger qualitativ hochwertiges Wasser bereit.


Großteil der Krankenhäuser ohne sichere Wasserzufuhr

Im Juli hatte die Gesundheitsabteilung von Khyber Pakhtunkhwa einen Bericht über die Verfügbarkeit von Wasser in staatlichen Krankenhäusern veröffentlicht. Demnach gibt es in der Hälfte der etwa 1.500 Gesundheitseinrichtungen kein Wasser. "In 25 Prozent der Hospitäler ist das Wasser kontaminiert", sagt der Arzt Akhtar Said, einer der Initiatoren des Vorstoßes zur Überprüfung der Lage in den 26 Distrikten.

"Wir ergreifen Maßnahmen, um in allen Krankenhäusern eine ununterbrochene Versorgung mit sauberem Wasser zu garantieren", erklärt der Leiter der Gesundheitsbehörde von Khyber Pakhtunkhwa, Pervez Kamal. Die Regierung beginnt zudem mit einer Kampagne, die die Bevölkerung für die Krankheitsrisiken durch schmutziges Wasser sensibilisieren soll. Die Behörden räumen zugleich ein, dass nicht nur in Hospitälern, sondern auch in Schulen, Büros und Privathaushalten zu wenig Wasser bereitsteht und dieses häufig verunreinigt ist.

"Bei Laboruntersuchungen sind in mehreren Bezirken in Khyber Pakhtunkhwa und in den FATA Bakterien im Wasser gefunden worden", erklärt der Ingenieur Farooq Ahmed. Die Wasserverteilung funktioniert demnach mangelhaft. Da Leitungen undicht sind, mischt sich sauberes Wasser mit Abwässern. Ahmed kritisiert, dass die Bevölkerung die Reservoirs nicht wie notwendig alle drei Monate säubere. Die Leute seien daran gewöhnt, die Hauptleitungen anzuzapfen und dann die Löcher nicht zu schließen. Auf diese Weise könnten leicht Bakterien in das Wasser eindringen. Die Regierung habe inzwischen damit begonnen, das Wasser aller Brunnen in den Gebieten mit Chlor zu versetzen.

Laut dem Mediziner Noorul Iman vom Khyber-Lehrkrankenhaus in Peschawar sind 45 Prozent aller jährlichen Todesfälle in Khyber Pakhtunkhwa und den FATA auf unhygienisches Wasser zurückzuführen. "Die Fälle von durch Wasser übertragenen Krankheiten nehmen zu. Die Leute sollten Reinigungstabletten verwenden, um sich zu schützen." Nahezu die Hälfte aller Betten in dem Krankenhaus sind von Patienten belegt, die an Gastroenteritis, Durchfall und anderen durch unbehandeltes Wasser verursachten Krankheiten leiden.

In den Elendsvierteln ist die Lage häufig noch schlimmer. Oft sind die Bewohner gezwungen, ihr Wasser von weit her zu transportieren. "Wir müssen unser Wasser aus der Moschee holen, die einen halben Kilometer von unserem Haus entfernt ist. Das, was wir tragen können, reicht nicht für alle zehn Familienmitglieder", sagte Anwar Shah, ein afghanischer Flüchtling, der in dem Ort Kacha Garhi nahe Peschawar lebt. Zwei seiner Söhne kümmern sich regelmäßig darum, Wasser für die Familie zu holen. "Wenn der Brunnen in der Moschee nicht funktioniert, gibt es Wasser manchmal erst einen Kilometer von uns entfernt."


Wasserreservoirs nicht bedeckt

Auch in den FATA ist der Notstand gravierend, weil die meisten Wassertanks nicht zugedeckt sind. Häufig säßen Krähen und andere Vögel auf den Rändern und ließen Aasreste hineinfallen, sagte der Ingenieur Shafique Ahmed. Jedes Reservoir sollte einmal im Vierteljahr mit Chlor behandelt werden, damit das Wasser von Menschen gefahrlos getrunken werden könne.

"In den am dichtesten bevölkerten Gebieten der sieben Stammesgebiete haben die Menschen mancherorts Zahnschäden, weil sich zu viel Fluor im Wasser befindet. Jeder Zehnte in Khyber, Mardan und anderen Gebieten hat mittlerweile gelbliche Zähne. Diese Verfärbungen sind nicht mehr zu beseitigen", berichtete der Zahnmediziner Ghulam Rasool aus den FATA. Der exzessive Konsum von Fluor führe auch zu anderen Gesundheitsbeschwerden. Die meisten Bewohner der betroffenen Gebiete wüssten nicht über die Beschaffenheit des Wassers Bescheid. Die Folgen für Kinder seien besonders schlimm, weil ihre Zähne schneller zu faulen begännen als die von Erwachsenen.

Pervez Kamal ist zudem darüber beunruhigt, dass krebserregendes Arsen im Wasser gefunden worden sei. "Wir fordern die Menschen auf, das Wasser vor dem Konsum abzukochen. Die meisten von ihnen sind aber arme Analphabeten." Jahangir Shah warnt davor, dass sich die Versorgungslage innerhalb der nächsten zehn Jahre weiter zu verschlechtern droht. (Ende/IPS/ck/17.11.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/11/drinking-water-shortages-plague-pakistan-region/

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IPS-Tagesdienst vom 17. November 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. November 2015

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