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WIRTSCHAFT/035: Rasant steigende Klimarisiken, doch Investitionen in erneuerbare Energie gesunken (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. Januar 2014

Finanzen: Rasant steigende Klimarisiken, doch Investitionen in erneuerbare Energie gesunken

von Samuel Oakford


Bild: © Lusha Chen/IPS

Die UNFCCC-Chefin Christiana Figueres
Bild: © Lusha Chen/IPS

New York, 16. Januar (IPS) - Trotz der Wiederentdeckung grüner Wertpapiere durch die Wall Street sind die globalen Investitionen in erneuerbare Energien im letzten Jahr um zwölf Prozent gesunken. Dem letzten Bloomberg-Energiefinanzbericht zufolge wurden sie sowohl in den USA als auch in China, wo der Sektor zum ersten Mal innerhalb eines Jahrzehnts kein Wachstum verzeichnen konnte, zurückgefahren. Sie haben sich in der europäischen Wirtschaftskrise halbiert.

Den Niedergang führt der Solarbereich an, seitdem die Preise für Photovoltaikanlagen im Sinkflug begriffen sind. Die industrieweite Kontraktion schlug mit fast 20 Prozent zu Buche. Dabei hatte die Solarkraftindustrie zu Anfang einen steilen Anstieg der Nachfrage nach Dachsonnenkollektoren erlebt. Investoren standen bei den Produktionsunternehmen Schlange, wodurch sich der Wert des 'MAC Global Solar Energy Index' verdoppelte.

Im Mai stimmte Goldman Sachs der Finanzierung von mehr als 500 Millionen US-Dollar in Solarpanelen für das Unternehmen 'SolarCity' im US-amerikanischen Kalifornien zu. "Warum investiert Goldman Sachs? Warum investiert Warren Buffet? Die Antwort lautet: Sie sind nicht blöd. Es lässt sich damit viel Geld machen", meinte Michael Liebreich, Geschäftsführer und Gründer des Energieinformationsdienstes 'Bloomberg New Energy Finance'. Für jede Solarzelle, die mit Verlust verkauft wird, bekommt jemand eine preiswerte Solarpanele."

Wie Liebreich gegenüber IPS am Rande der diesjährigen 6. Investorengipfelkonferenz der Vereinten Nationen zum Thema Klimarisiko am 15. Januar in New York erklärte, bricht derzeit eine neue Ära alternativer Energietechnologien an, in der die Finanzmittel nur so sprudeln werden.


Die Zeit drängt

Die fast 400 anwesenden Privatinvestoren, Pensionsfondsmanager und Banker bekamen auf der Veranstaltung vor allem zwei Dinge zu hören: dass der Klimawandel abgemildert werden muss und sich damit sogar Geld machen lässt. Dass die erneuerbaren Energien Land gewinnen, ist angesichts der zunehmenden Klimakatastrophen extrem wichtig. So wurden im letzten Jahr in Australien Rekordtemperaturen gemessen, der Südsudan von heftigen Überschwemmungen heimgesucht und die Philippinen von dem schlimmsten jemals aufgezeichneten Sturm überfallen.

"Auch ohne Klimawandel müssten wir uns auf eine niedrigere CO2-Blianz zubewegen. Doch durch das Klima sind wir einem noch stärkeren Handlungsdruck ausgesetzt", betonte Christiana Figueres, die Exekutivsekretärin der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC). "Wir wissen, dass auf unsere globale Wirtschaft sehr große Gefahren zukommen, wenn wir uns nicht beeilen, die globale Energiematrix auszugleichen."

Auf der Klimakonferenz in Warschau im vergangenen November wurde der 'Warschau-Mechanismus' für Verluste und Schäden durch den Klimawandel initiiert, der als Vehikel zur Unterstützung ärmerer Länder gedacht ist, die die ganze Last der durch die Treibhausgasemissionen induzierten Naturkatastrophen zu tragen haben. Doch wie der Mechanismus finanziert werden soll, der kurz nach dem verheerenden Taifun Haiyan auf den Philippinen beschlossen wurde, ist unklar. "Wir haben nur noch ein Zeitfenster von zehn Jahren", warnte Figueres gegenüber IPS. "In den nächsten zehn Jahren müssen wir in der Lage sein, einen globalen Emissionsoberwert einzuhalten."

Obwohl man sich einig über den Zusammenhang zwischen Klimawandel und CO2-Emissionen ist, gibt es immer noch viele Länder, die fossile Brennstoffe subventionieren und alternative Energien beschränken, selbst in Fällen, in denen diese auf dem Markt bestehen könnten. "Es gibt bereits bestimmte erneuerbare Energien, die schon jetzt kostengünstiger sind als Energie aus subventionierten fossilen Brennstoffen", erklärte Figueres. "Sie sind somit wirklich wettbewerbsfähig. Doch müssen wir zu dem Punkt kommen, dass sie in bestimmten Ländern nicht länger Einzelfälle bleiben."


Fossile Brennstoffe nach wie vor rasant hoch subventioniert

2011 hatte die Internationale Energiebehörde die Subventionen für die erneuerbaren Energien weltweit mit 88 Milliarden Dollar angegeben. Im gleichen Jahr wurden die fossilen Brennstoffe hingegen mit mehr als 500 Milliarden Dollar bezuschusst. Und im letzten Jahr berichtete der Internationale Währungsfonds (IWF), dass die globalen Energiesubventionen auf über 1,9 Billionen Dollar angestiegen seien.

"Umfassende politische Maßnahmen, die Anreize für Investitionen in saubere Energien schaffen und die fossilen Brennstoffe verteuern, können besonders hilfreich sein, um weitere Investitionen in die sauberen Energien voranzutreiben", meinte Mindy Lubber, Vorsitzende der Nichtregierungsorganisation 'Ceres', das sich für ökologisch nachhaltige Unternehmen einsetzt. Ceres war Mitveranstalter des Gipfels.

Etliche Großbanken in den USA und Europa wie die 'Bank of America'', 'JP Morgan' und 'Credit Agricole Corporate' haben sich unlängst auf freiwillige Richtlinien für die Ausgabe sogenannter 'Grüner Wertpapiere' verständigt, die Maßnahmen der Klimaanpassung voranbringen sollen.

"Staatliche Maßnahmen sind wichtig, aber auch die Investoren müssen viel stärker als bisher in allen Vermögensbereichen inklusive dem weitgehend unangetasteten Wertpapiermarkt und den Projekten in saubere Energien tätig werden", meinte Lubber. Indem sie sich besondere Portfolio-Ziele für ihre Investitionen in saubere Energien setzten, könnten sie den Märkten ein starkes Signal geben.

Doch der vorsichtige Optimismus auf dem Gipfeltreffen wurde durch die Aussicht auf die Folgen getrübt, die Wetteranomalien wie Haiyan für die betroffenen Länder haben. Nach dem Taifun auf den Philippinen hat die dortige Regierung bei der Weltbank und der Asiatischen Entwicklungsbank Nothilfekredite in Höhe von insgesamt einer Milliarde Dollar aufgenommen. Ohne einen funktionierenden Mechanismus, der derartige Beträge bereitstellt, werden die von Klimakatastrophen heimgesuchten Länder unter der Schuldenlast und dem Klimawandel zusammenbrechen, ihr Wirtschaftswachstum einbüßen und bei der Armutsbekämpfung zurückgeworfen.

"Es sollte Schutzmaßnahmen für die ärmsten Länder und Menschen geben", sagte auch Liebreich, der in New York vorschlug, den Warschau-Mechanismus so zu bestücken, dass die Länder gemäß ihres Anteils an dem Klimawandel zur Kasse gebeten werden. Die Frage, ob eine solche Entscheidung bei den Klimagesprächen in Paris 2015 zu erwarten sei, beantwortet er mit einem Nein. (Ende/IPS/kb/2014)


Links:

http://www.ceres.org/investor-network/investor-summit
http://www.ipsnews.net/2014/01/clean-energy-investment-sags-amid-mounting-climate-risks/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Januar 2014