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WALD/129: Kamerun - Dorfbewohner sehen REDD (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. August 2013

Kamerun: Dorfbewohner sehen REDD

von Monde Kingsley Nfor


Bild: © Monde Kingsley Nfor/IPS

Umweltministerium hält die Menchum-Wasserfälle für REDD-tauglich
Bild: © Monde Kingsley Nfor/IPS

Jaunde, 8. August (IPS) - In Kamerun könnten die ungeklärten Landbesitzverhältnisse und unsicheren Waldzugangsrechte die Umsetzung der von den UN unterstützten Initiative zur Verringerung der Emissionen aus Entwaldung und Schädigung von Wäldern (REDD+) behindern.

REDD+ sieht Kompensationszahlungen für überprüfbare CO2-Emissionsreduzierungen durch Waldschutzmaßnahmen, nachhaltige Waldbewirtschaftungsformen und die Verbesserung der Wirtschaftslage von Waldbewohnern vor. Ziel ist es, den Schutz und die Aufforstung von Wäldern als CO2-Senken finanziell attraktiv zu machen.

Doch in Adjab, einen indigenen Dorf im Süden Kameruns, verursachen die derzeitigen Bestimmungen eher die Zerstörung als den Schutz der Wälder, wie der örtliche Chief Marcelin Biang gegenüber IPS erklärte. Um sich ihren Teil an den REDD+-Gewinnen zu sichern, richteten die interessierten Parteien Schäden an.

Die Einwohner von Adjab konnten sich im Verlauf von Landstreitigkeiten mit einem Holzunternehmen einen Teil ihrer Wälder zurückerobern. Doch die Rückgabe war mit der Auflage verbunden, nachzuweisen, dass sie das Gebiet für ihren Lebensunterhalt verwenden.


Zu Palm- und Gummibaumanbau gezwungen

Biang zufolge sind die Menschen in Adjab auf das angewiesen, was ihnen der Wald gibt. Sie leben von der Jagd und dem Gemüseanbau für den Eigenbedarf und nutzen das herumliegende Holz als Energieträger. Obwohl der großflächige Anbau nicht Teil ihrer Kultur ist, müssen sie lernen, wie man Palmen und Gummibäume kultiviert, um ihr Land behalten zu dürfen.

Das Vermögen Kameruns, REDD+-Projekte zum Erfolg zu führen, wird davon abhängen, inwieweit es dem zentralafrikanischen Land gelingt, seine Wälder und natürlichen Reichtümer nachhaltig zu verwalten. Im Januar hatte die Wald-Kohlenstoff-Karbon-Partnerschaftsfazilität (FCPF) der Weltbank die REDD-Anträge Kameruns bewilligt.

"Waldreiche Länder können sich als CO2-Speicher finanziell entlohnen lassen. Doch zuvor muss eine effektive Planung und Umsetzung des sogenannten 'Readiness Preparation Proposal' (RPP) erfolgt sein", meint Serge Menang, ein für die FCPF in Kamerun tätiger Umweltexperte. Die FCPF hat Kamerun 3,6 Millionen Dollar für die Umsetzung des RPP, des nationalen Fahrplans, bewilligt.

Die Länder des globalen Südens hoffen als Gegenleistungen zu Waldschutz- und Wiederaufforstungsmaßnahmen auf großzügige Zahlungen von Seiten der Umweltverschmutzer in den Industriestaaten. Ihre Wälder speichern CO2, das ansonsten in die Erdatmosphäre abgegeben und zur Erhöhung der Treibhausgase beitragen würde.

REDD soll Abhilfe schaffen, indem es dem Wald als CO2-Senke einen wirtschaftlichen Wert beimisst. Im Rahmen der Initiative können Industrieländer ihre eigenen CO2-Emissionen ausgleichen, indem sie die Entwicklungsländer für den Erhalt tropischer Wälder bezahlen. So können etwa Betreiber von Stahlfabriken und Kohlekraftwerken auf dem freien Markt Emissionszertifikate erwerben und dadurch ihre Klimabilanz verbessern.

Projekte, die zur Anrechnung kommen sollen, müssen beim Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (CDM) registriert werden. Dann wird für jede eingesparte Tonne CO2 ein Emissionszertifikat ausgegeben. Die handelbaren Zertifikate können direkt an die Umweltverschmutzer verkauft werden.

"Kameruns REDD+-Strategie gründet auf der Vorstellung, REDD+ zu einem Werkzeug seiner sozioökonomischen Entwicklung zu machen. Es soll die Lebenslage der Gemeinschaften verbessern", betont Joseph Amougou von der nationalen REDD+-Koordinationsstelle im Ministerium für Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung.


"Entwicklung von unten"

"Doch REDD+ wird in Kamerun ohne eine Entwicklung von unten nicht funktionieren", meint Amougou. "Es kann nicht umgesetzt werden, solange die Aktivitäten der lokalen Bevölkerung, die Landwirtschaft und Viehzucht betreibt und die Wälder ausbeutet, nicht gegengerechnet werden. REDD+ sollte zu einer Verbesserung menschlicher Aktivitäten und Lebensbedingungen führen, damit der Druck der Gemeinschaften auf die Wälder nachlassen kann."

Amougou bringt ein Beispiel. Im Norden Kameruns ist die Energiegewinnung aus Holz und Holzkohle ein großes Problem. "REDD muss in diesem Fall die energetischen Bedürfnisse der Menschen Priorität einräumen", fordert er.

Es haben sich bereits etliche Plattformen etabliert, um diese Form der Partizipation zu fördern. Der Nationale Lenkungsausschuss, dem auch Vertreter indigener Völker angehören, bringt die zuständigen Ministerien mit der Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen zusammen, Die REDD+- und Klimaplattform gibt der Zivilgesellschaft und den lokalen Gemeinschaften eine unabhängige Koordinationsstelle.

Haman Unusa ist ein Mitglied der Nationalen REDD+-Koordinierungseinheit des Ministeriums für Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung. Wie er berichtet, haben Indigene im Land durch den Prozess der RPP-Entwicklung an den Konsultationen teilgenommen. Das wird auch in der Umsetzungsphase der Fall sein.

"Die indigenen Völker nehmen mit ihren eigenen Organisationen teil, die sie vertreten. Auch sind sie in den regionalen und kommunalen Bereichen von REDD+ und der Plattform für Klimawandel vertreten", versichert der Beamte. "Es wurde zudem als eine Art Entwicklungsstrategie ein Fahrplan für die Integration der Frauenperspektive entwickelt. Frauen sind auch in nationalen Gremien vertreten. Eine der Management-Positionen soll mit einer Frau besetzt werden."

Unusa fügte hinzu, dass die Kommunikationsstrategie für die Umsetzungsphase auch die Verwendung lokaler Sprachen und die Visualisierung der Inhalte durch Plakate vorsehe. Übersetzer und Dolmetscher sollen zwischen REDD+-Faszilitatoren und Lokalbevölkerung vermitteln.

Doch die Bemühungen zur Verbesserung der Kommunikation hätten ihr Ziel oftmals verfehlt, meint Aehshatu Manu, die die indigenen Mbororo-Frauen in den FCPF-Treffen vertritt. Viele Dorfbewohnerinnen hätten bis heute nicht verstanden, was REDD+ eigentlich bewirken soll und haben Angst, den Zugang zu ihren Wäldern zu verlieren, wenn dort medizinische Pflanzen und Nahrungsmittel im großen Stil angepflanzt würden.

Amougou zufolge sehen sich auch die politischen Entscheidungsträger bei der Entwicklung und Umsetzung von REDD-Strategien mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert. "REDD ist neu, doch sollten wir auf bestehenden Grundlagen aufbauen und von unseren Erfahrungen und Erkenntnissen zehren, die wir zu anderen Gelegenheiten erworben haben", forderte der Experte. "REDD lässt sich mithilfe von nationalen Strategien, Institutionen und Aktionen, die bereits vorhanden sind, umsetzen."


Fehlende Gelder

Eine weitere Gefahr für die Umsetzung von REDD ist der Mangel an finanziellen Ressourcen. Die 3,6 Millionen Dollar aus der FCPF sind zwar willkommen, doch der Gesamtbedarf Kameruns für das RPP beträgt 28 Millionen. Bisher ist nicht klar, wo diese Gelder herkommen sollen. "Um aber solche finanziellen Lücken zu schließen, müssen Kameruns REDD+-Strategien auf bereits vorhandene Ressourcen zurückgreifen wie etwa REDD-Machbarkeitsstudien", meint Menang.

Doch Augustine Njamnshi vom Programm für die Entwicklung und den Schutz von natürlichen Ressourcen, einer Nichtregierungsorganisation, ist der Meinung, dass Kamerun auch ohne die Gelder profitieren wird. "Selbst wenn REDD+ keine Gelder bringt, dann zumindest gute Regierungsführung." (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.forestcarbonpartnership.org/
http://www.bioresources.org/
http://www.ipsnews.net/2013/08/cameroonians-see-redd/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 8. August 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. August 2013