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URBAN/005: Malawi - Hermes Chibombo sorgt für Trinkwasser im Township (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. Dezember 2010

Malawi: Geliebter Wassermann - Hermes Chibombo sorgt für Trinkwasser im Township

Von Charles Mpaka


Blantyre, Malawi, 21. Dezember (IPS) - Im armen Naotcha, einem Township in der Nähe der malawischen Wirtschaftsmetropole Blantyre, ist der Schweißer Hermes Chibombo ein geschätzter Mann. Der beispiellosen Tatkraft des rüstigen Mittfünfzigers haben es seine 25.000 Mitbürger zu verdanken, dass sie sich aus nahe gelegenen Zapfstellen mit sauberem Wasser versorgen können.

"Weiß Gott, wie wir ihm dafür danken sollen", meint Sphiwe Adams und füllt einen Eimer an einem der 20 von Chibombo in den vergangenen Jahren installierten Wasserkioske. In den 90er Jahren musste sie das kostbare Nass eimerweise aus einer entfernten Quelle am Hang des Soche Mountain nach Hause schleppen.

"Es war ein Albtraum", berichtet sie und beschreibt, wie sie und andere Frauen, um die tagsüber langen Warteschlangen vor den Wasserzapfstellen zu vermeiden, nachts zur Quelle hochstiegen und bergab die vollen Eimer auf ihren Köpfen balancierten - in ständiger Angst vor im Dunkeln lauernden Banditen und umher streifenden Hyänen.

Die 600 Meter vom Rand des Slums entfernte Bergquelle war für die Menschen in Naotcha die einzige Möglichkeit, sich mit sauberem Wasser zu versorgen. Bis zum nächsten, von der staatlichen Wasserbehörde betriebenen Wasserreservoir sind es von Naotcha aus 20 Kilometer. Das Becken war 1964 zur Versorgung der damals geplanten Siedlungen Kanjedza und Zingwangwa gebaut worden.

Doch diese Quellen können den Bedarf längst nicht mehr decken, denn die Bevölkerung von Blantyre hat sich, nicht zuletzt wegen der Landflucht, seit 1966 (113.000) fast versechsfacht und wird jetzt auf 670.000 Einwohner geschätzt.

Nach Angaben ihres Sprechers hat Malawis Wasserbehörde trotz dieses Zuwachses später kaum etwas in den Wasserspeicher, den Ausbau des Leitungsnetzes und in eine verlässliche Wasserversorgung investiert.


Weltbank lehnte Projekt ab

Als Chibombo 1998 den Vorsitz im Entwicklungskomitee der Gemeinde übernahm, wurde er bald mit Naotchas prekärer Wasserversorgung konfrontiert. In der Hoffnung auf rasche Abhilfe trug er das akute Problem 1999 dem von der Weltbank finanzierten 'Malawi Social Action Fund' (MASAF) vor. Dort erhielt er den Bescheid, man werde seinen Antrag prüfen, wenn in sieben Jahren die nächsten Entwicklungsprojekte anstünden.

So lange wollte sich der verantwortungsbewusste Chibombo nicht vertrösten lassen. "Ich hatte die Leute doch in dem Glauben gelassen, dass sie bald Wasser bekämen und wollte ihnen nicht zumuten, weitere sieben Jahre darauf zu warten", erklärt er.

Noch in derselben Woche machte sich der Schweißer selbst ans Werk. Von Geld aus seinem kleinen Handwerksbetrieb kaufte er Leitungsrohre, ein 100-Liter-Fass, einen Sack Zement und Elektrokabel. Nach einem Tag hatte er das Fass zur Bergquelle geschafft, die Quelle durch ein Rohr mit dem Tank verbunden und von diesem aus eine 700 Meter lange Wasserleitung zu einer Lichtung am Rande des Townships verlegt.

Und es funktionierte. "Der Tag, an dem das Wasser floss, war für uns ein Festtag", erinnert sich die Hausbesitzerin Eluby Mkwanda. Ihr gehört das Gelände, auf dem Naotcha steht. "Nachdem MASAF seinen Plan abgelehnt hatte, glaubten wir Chibombo nicht mehr. Doch er gab nicht auf und machte sich mit ein paar Jungen aus seinem Betrieb an die Arbeit."

Doch für viele Menschen in der rasch wachsenden Siedlung war der Weg zur neuen Wasserstelle immer noch sehr weit. Deshalb verlängerte Chibombo die Wasserleitung um 1,5 Kilometer und installierte einen zweiten Wasserkiosk mit zwei Zapfstellen.


20 Liter Wasser für vier Cent

Bei ihm kostete das Wasser anfangs nichts. Doch weil sein Betrieb unter Chibombos Engagement litt, einigten sich die Bewohner von Naotcha ein Jahr später darauf, ihm "aus Dankbarkeit" vier Cent für 20 Liter Wasser zu bezahlen, einen Cent mehr als die Wasserbehörde an ihren Zapfstellen verlangte.

Inzwischen hat Chibombo zwei weitere Bergquellen erschlossen und beliefert 20 Kioske rund um die Uhr mit sauberem Wasser. Der Tank, der das Quellwasser auffängt, wurde durch Betonbecken ersetzt, die einmal im Monat gesäubert werden. Während der Reinigungsarbeiten wird das Wasser mit Chlor versetzt, das der Stadtrat von Blantyre liefert.

Eigentümer seines Projekts wollte Chibombo nicht werden. Andere haben die Bewirtschaftung von 16 Wasserkiosken übernommen. Sie warten das Leitungsnetz, kontrollieren den Wasserverkauf in ihren Bezirken und erwirtschaften damit ihr eigenes Geld. Auf Anregung der zivilen kommunalen Initiative 'Sustainable Growth and Development' (SRGDI) sorgt der Stadtrat jetzt für eine Fachausbildung der lokalen Projektmanager. Er unterstützt auch ein Aktivistenteam, das damit begonnen hat, den durch den Leitungsbau ramponierten Wald aufzuforsten und das Wasserleitungsnetz weiter auszubauen.


Malawis Wasserressourcen besser nutzen

Nach Ansicht von SRGDI-Direktor Maynard Nyirenda hat Chibombo mit seinem Projekt bewiesen, wie man Malawis Wasserversorgungsproblemen durch die Nutzung seiner umfassenden Wasserressourcen beikommen kann.

Chibombo selbst ist bislang noch kein Nutznießer seines innovativen Projektes. Bis zu seinem heruntergekommenen Haus reicht die Wasserleitung bislang nicht. Seine Frau muss weiterhin 20 Minuten zur nächsten Wasserstelle gehen. Ganz selten tropft auch etwas Wasser aus dem Zapfhahn, den die Wasserbehörde im Garten der Chibombos installiert hat.

Dennoch ist Chibombo zufrieden mit seiner Leistung. "Es ist gut zu wissen, dass Tausende von einem so kleinen Projekt profitieren. Hier gibt es aber immer noch Menschen, die ihr Wasser aus verdreckten Flüssen beziehen. Doch auch das wird sich ändern, wenn das Projekt weiter wächst." (Ende/IPS/mp/2010)


Links:
http://www.gefngo.org
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=53910


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 21. Dezember 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Dezember 2010