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PROTEST/084: Papua-Neuguinea - Breiter Widerstand gegen Wiedereröffnung von Panguna-Kupfermine (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Oktober 2014

Papua-Neuguinea: Breiter Widerstand gegen Wiedereröffnung von Panguna-Kupfermine

von Catherine Wilson


Bild: © Catherine Wilson/IPS

Auch heute noch leben indigene Gemeinschaften im Umfeld der 1989 geschlossenen Panguna-Kupfermine in Bougainville in Papua-Neuguinea
Bild: © Catherine Wilson/IPS

Sydney, 28. Oktober (IPS) - In Central Bougainville, einer autonomen Gebirgsregion im Osten von Papua-Neuguinea (PNG), treibt die Lokalregierung Pläne zur Wiedereröffnung der umstrittenen Panguna-Kupfermine voran. Doch die angrenzenden Dorfgemeinschaften sind dagegen, wie eine von der Hilfsorganisation 'Jubilee Australia' veröffentlichte Untersuchung zeigt.

Die Wunden, die das damalige Bergbauprojekt mit seiner Umweltverschmutzung und dem sich anschließenden Bürgerkrieg von 1988 bis 1997 aufgerissen habe, seien bei weitem nicht geheilt, heißt es in der Studie, die Jubilee Australia zusammen mit der Forschungseinrichtung 'International State Crime Initiative' und der Bismarck-Ramu-Gruppe in PNG durchgeführt hat. Demnach stoßen die Pläne, die Mine wiederzubeleben, in den betroffenen Dörfern auf breiten Widerstand.

Betreiber der Mine war das australische Unternehmen 'Bougainville Copper Ltd.' (BCL) gewesen, das sich zu 53 Prozent im Besitz von 'Rio Tinto befindet. Doch 1989, 20 Jahre nach der Erschließung der Mine, führte der Aufstand indigener Landeigentümer zur Schließung der Mine. Was die Lokalbevölkerung besonders erboste, war die rücksichtslose wirtschaftliche Ausbeutung, die Umweltzerstörung und die politische Marginalisierung.

Im Rahmen der im letzten Jahr durchgeführten Studie 'Stimmen aus Bougainville' waren 65 Indigene befragt worden. Im Mittelpunkt der Umfrage stand eine Gruppe von 17 Personen, die in zehn Dörfern im Umfeld der Mine leben. Jubilee Australia beschäftigt sich mit den Auswirkungen staatlichen und unternehmerischen Handelns auf Umwelt und Menschenrechte.

"Die Untersuchung ist keine Meinungsumfrage. Uns ging es darum, die Standpunkte der Menschen vor Ort über Bergbau und Entwicklung besser verstehen zu können", berichtet Kristian Lasslett von der International State Crime Initiative im IPS-Gespräch über die Beweggründe für die Erstellung der Studie. Man habe mehr über die Vergangenheit in der Bergbauregion und deren Auswirkungen auf die Gegenwart erfahren wollen.

Bei dem einst an BCL verpachteten Areal, auf dem sich die Kupfermine befindet, handelt es sich um ein 13.047 Hektar großes Waldgebiet. In den größeren Dörfern leben 4.000 bis 5.000 Menschen, wie Vor-Ort-Recherchen von IPS im Jahr 2011 ergaben.

"BCL hat unser Leben zerstört. Man nahm uns unser Land und vernichtete unsere Lebensgrundlage. Unsere Eltern, die Eigentümer des Landes, hat man nie angemessen entschädigt. Und jetzt wollen sie wiederkommen, um die Panguna-Mine erneut zu öffnen", wurde eine Stimme aus Dapera, einem Dorf in der Nähe der Mine, in dem Bericht zitiert.

Diese Meinung wird von vielen geteilt. Eine der Besitzerinnen von panguanischem Land und Mitglied der Vereinigung der Indigenen Landeigentümerinnen von Bougainville, Lynette Ona, bestätigt, dass die meisten Menschen keine Bergbauaktivitäten mehr in ihrem Umfeld wünschten. Ona war kürzlich mit einer Delegation aus Frauen zum Büro des Ministerpräsidenten in die Hauptstadt von PNG gereist, um noch vor der anstehenden, kompletten Selbstverwaltung der Region gegen die Pläne, die Kupfermine wiederzueröffnen, zu protestieren.

Der Präsident der Autonomen Regierung von Bougainville (ABG), John Morris, hat den Bericht von Jubilee Australia als falsch zurückgewiesen. Wie er betonte, gibt es eine breite Unterstützung für das Projekt, solange negative Auswirkungen ausblieben. Unterstützt wird er von Landbesitzervereinigungen, die zusammen mit BCL und der papuaneuguineischen Regierung dem Gemeinsamen Koordinierungskomitee für die Verhandlungen über Panguna angehören.

Die Kupfermine hatte den Betrieb 1969 aufgenommen, als Papua-Neuguinea noch unter australischer Verwaltung stand. Sie erwirtschaftete Einnahmen in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar. Davon gingen 94 Prozent an die Aktionäre und die Regierung von Papua-Neuguinea und 1,4 Prozent an die lokalen Landbesitzer.

Die Feindseligkeiten und der Widerstand gegen die Mine begannen bereits in der Explorationsphase. Mit zunehmender Verschmutzung von Luft, Land und Gewässern legten die Proteste an Schärfe zu. Die Menschen erlebten, wie ihre Gesundheit, Nahrungsmittel und ihr Grundwasser angegriffen wurde.

"Wir haben versucht, Taro [ein lokales Grundnahrungsmittel] anzubauen. Doch wächst es nicht mehr so wie einst, und auch die Brotfruchtbäume tragen keine Früchte mehr. In Panguna ist der Fluss noch immer mit Chemikalien verseucht. Keiner trinkt das Wasser. Und es gibt keine Fische mehr", schildert Ona.

Als sich BCL 1989 weigerte, die geforderten Entschädigungen der Landeigentümer in Höhe von zehn Milliarden Kina (umgerechnet etwa 3,9 Milliarden Dollar) zu zahlen, brach ein Bürgerkrieg zwischen revolutionären Kräften Bougainvilles und den Streitkräften von PNG aus. Die Folge war eine großflächige Zerstörung der Insel mit 20.000 Toten.

Seit dem Friedensabkommen 2001 unterstützen die Vereinten Nationen und internationale Geber nachhaltige Friedensbemühungen. Doch die Kriegstraumata sind geblieben und der Abrüstungs- und Versöhnungsprozess ist bis heute nicht abgeschlossen.


Warten auf Gerechtigkeit

Die Mehrheit der Indigenen, die sich im Rahmen der Jubilee-Untersuchung zu Wort gemeldet hatten, erklärten, dass sie angesichts ungelöster Probleme, die mit der Mine und dem Bürgerkrieg zusammenhängen, eine Wiedereröffnung der Mine ablehnten. Der Friedensprozess habe nicht zu Gerechtigkeit geführt. "Niemand wurde vor Gericht gestellt. Die ganze Sache wurde einfach ignoriert", sagte eine Frau aus der Ortschaft Darenai.

Der ABG-Präsident Morris ließ jedoch keinen Zweifel an der Entschlossenheit aufkommen, die eingemottete Mine wiedererstehen zu lassen. Ihre Entwicklung sei ein Muss, "um größere Fortschritte in Richtung Autonomie und Unabhängigkeit zu erzielen", erklärte er in einer Ansprache vor dem Repräsentantenhaus in Bougainville im August.

Ein Referendum über die Unabhängigkeit der Region von Papua-Neuguinea (PNG) ist innerhalb der nächsten sechs Jahre geplant. BCL schätzt, dass die Panguna-Mine drei Millionen Tonnen Kupfer birgt. Auch könnten jährlich 400.000 Unzen Gold gefördert werden, heißt es. Als Starthilfe wäre eine Investition in Höhe von fünf Milliarden Dollar vonnöten. Die potenziellen Einnahmen werden auf mehr als 50 Milliarden Dollar geschätzt.

In Bougainville leben 300.000 Menschen. Schätzungen zufolge würde eine Wiederbelebung 2.500 direkte Arbeitsplätze schaffen. Allerdings ist unklar, wie viele Menschen der Region profitieren würden. 13 der 65 Personen, die sich in der Jubilee-Studie geäußert hatten, erklärten, den Abbau der Rohstoffe unter gewissen Bedingungen zu unterstützen. So müsste Bougainville erst unabhängig werden, um die Gefahr der ausländischen Einmischung auszuschließen. Ferner müssten die Entschädigungsforderungen erfüllt und eine Reihe alternativer Entwicklungsmöglichkeiten ausprobiert werden.

Wie Jimmy Miringtoro, ein Parlamentsabgeordneter von Central Bougainville, gegenüber IPS erklärte, hält er die Auswahl der 65 Interviewpartner von Jubilee für glaubwürdig. Es sei eine vielfältige und repräsentative Auswahl der Menschen getroffen worden, die gegen die Wiedereröffnung der Mine seien. Es handele sich um Mitglieder von Dorfgemeinschaften, die im Umfeld der Mine und des giftigen Abraums leben müssten. Die Gebiete, die unter Tonnen von Schlamm und Felsen begraben seien, hätten Ähnlichkeiten mit Mondlandschaften.


Entwicklungsrückstand

Die staatlichen und privaten Akteure jedoch halten die Wiederbelebung der alten Mine für eine Voraussetzung, um der Region die lang ersehnte wirtschaftliche Entwicklung zu bringen und die Armut zu bekämpfen. In Bougainville leben viele Menschen ohne Zugang zu Basisdienstleistungen wie sauberem Wasser, Strom und medizinischer Versorgung. In der Provinz stehen mehr als 250.000 Menschen nur zehn Ärzte zur Verfügung. Weniger als ein Prozent sind an das Stromnetz angeschlossen. Die Lebenserwartung liegt bei 59 Jahren.

Doch die Ausbeutung von Mineralien wie Kupfer, Gold und Nickel in den vergangenen 30 bis 40 Jahren hat trotz eines Beitrags zum Bruttoinlandsprodukt in Höhe von elf Prozent im Jahr 2011 der Mehrheit der Bürger keine Entwicklung gebracht. 40 Prozent der sieben Millionen Menschen zählenden Bevölkerung von PNG leben unterhalb der Armutsgrenze. Nur zwölf Prozent haben Zugang zu Strom. Die Alphabetisierung der Erwachsenen liegt bei 50 Prozent. Zudem leidet die Hälfte der Kinder unter Mangelernährung, wie das Weltkinderhilfswerk UNICEF berichtet.

In Papua-Neuguinea sind trotz einer boomenden Wirtschaft, die von der Rohstoffindustrie vorangetrieben wird, die Einkommen gering und die Armut verbreitet. Eine Mehrheit der Bevölkerung in den ländlichen Gebieten hat keinen oder nur einen geringen Zugang zu grundlegenden Leistungen wie Gesundheits- und Sanitärversorgung sowie Bildung und sauberem Trinkwasser. Darauf hat das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) in diesem Jahr hingewiesen. Die Organisation fügte hinzu, dass ausländische Investoren und Vertragspartner sich in den letzten zehn Jahren einen riesigen Teil des Wirtschaftswachstumskuchens abgeschnitten hätten.

Die Menschen von Bougainville wünschen sich Entwicklung und ein besseres Leben. Doch viele, die im unmittelbaren Umfeld der Mine leben, halten die Verhandlungen über eine Wiedereröffnung für viel zu verfrüht. Sie wollen erst, dass die alten und ungelösten Probleme bewältigt werden. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/10/bougainville-voices-say-no-to-mining/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Oktober 2014