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KATASTROPHEN/094: Sri Lanka - Anhaltende Dürre trifft Ärmste am härtesten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. Oktober 2014

Sri Lanka:
Anhaltende Dürre trifft Ärmste am härtesten - Wassermanagement unzureichend

von Amantha Perera


Bewohner eines Dorfes in Sri Lanka graben einen Brunnen - Bild: © Amantha Perera/IPS

Bewohner eines Dorfes in Sri Lanka graben einen Brunnen
Bild: © Amantha Perera/IPS

Colombo, 6. Oktober (IPS) - Schlamm auf den Straßen seines Dorfes hat der srilankische Bauer Murugesu Mohanabavan zuletzt vor etwa einem Jahr gesehen. "Seit vergangenem Oktober hatten wir die ganzen Tage über nur Sonne", erzählt der 40-jährige Vater zweier Schulkinder, der in einem Ort rund 300 Kilometer nördlich der Hauptstadt Colombo lebt.

Das Amt für Katastrophenschutz im Bezirk Kilinochchi, in dem das Dorf liegt, verzeichnet seit November 2013 unzureichende Niederschläge, die in dieser Jahreszeit nur noch etwa 30 Prozent der zu erwartenden Menge ausmachen. Von der schweren Dürre in Sri Lanka sind laut Angaben der Regierung zurzeit rund 1,6 Millionen Menschen betroffen. Ungefähr 42 Prozent der Ernte sind verloren gegangen. Am schlimmsten trifft die Trockenheit die Ärmsten der srilankischen Gesellschaft.

Mehr als die Hälfte der unter der Dürre leidenden Bevölkerung - etwa 900.000 Menschen - leben in den nördlichen und östlichen Provinzen des südasiatischen Inselstaates. In den seit jeher armen Gebieten wird vor allem Landwirtschaft betrieben. Infrastrukturen und Hilfsmechanismen gegen Naturkatastrophen sind dort nicht vorhanden. Im Kilinochchi hat die Dürre gut 74.000 der etwa 120.000 Einwohner getroffen, im angrenzenden Bezirk Mullaithivu sind es rund 56.000 von 100.000.

Die meisten Bewohner dieser Gebiete sind Kriegsheimkehrer, die die größte Last des im Mai 2009 beendeten langen Konflikts zwischen der Regierung und der Rebellenbewegung Befreiungstiger von Tamil Eelam LTTE trugen. Die Zivilisten, die in den letzten Phasen des Bürgerkriegs vertrieben worden waren, kamen Ende 2010 nach und nach in die verwüsteten Dörfer zurück. Trotz eines mit drei Milliarden Dollar finanzierten Infrastrukturprogramms für die Nordprovinz herrscht dort weiterhin Armut. Offiziellen Angaben vom April dieses Jahres zufolge schnitten vier der fünf Bezirke im Norden schlecht ab.


Norden und Osten Sri Lankas am ärmsten

Die durchschnittliche Armutsrate in Sri Lanka liegt bei 6,7 Prozent, in größeren Bezirken im Norden und Osten hingegen noch weit darüber: 28,8 Prozent in Mullaithivu, 20,1 Prozent in Mannar, 12,7 Prozent in Kilinochchi und 8,3 Prozent in Jaffna. Dagegen werden in den Bezirken Colombo und Gampaha in der Westprovinz lediglich 1,4 beziehungsweise 2,1 Prozent Arme verzeichnet.

Muttukrishna Saravananthan, Leiter des Point Pedro-Entwicklungsinstituts im Norden Jaffnas, meint dazu, dass die ohnehin schon armen Gebiete nun auch unter der fortgesetzten Dürre besonders zu leiden hätten.

Dem Bauern Mohanabavan haben seine etwa 8.000 Quadratmeter Ackerland bisher jährlich umgerechnet etwa 1.500 US-Dollar eingebracht. Seit es nicht mehr regnet, ist er verschuldet. "Wir haben keine Ersparnisse mehr. Unser Haus ist erst halb fertig und ich muss zwei Kinder in die Schule schicken", sagt er. "Der Albtraum geht weiter."

Der Agrarsektor trägt zehn Prozent zum jährlichen nationalen Bruttoinlandsprodukt von insgesamt rund 460 Millionen Dollar bei. In Provinzen im Norden und Osten leben mindestens 30 Prozent der Bevölkerung von der Landwirtschaft. Laut Kugadasan Sumanadas vom Amt für Katastrophenschutz in Kilinochchi sind Mitte des Jahres Hilfsprogramme für die von der Dürre betroffene Bevölkerung angelaufen. Etwa 37.000 Personen erhalten demnach täglich Wasser aus Tankwagen. Außerdem werden in dem Bezirk mehrere 'Bargeld-gegen Arbeitsleistung'-Programme zur Instandsetzung von Wasserleitungen und Bewässerungssystemen durchgeführt.

Selbst für die begrenzten Projekte, die zurzeit umgesetzt werden, ist bei weitem nicht genug Geld vorhanden. "Außerdem steht uns das noch größere Problem bevor, dass wir Wasser aus anderen Provinzen holen müssen, wenn es nicht bald regnet. Mehr Menschen werden für längere Zeit Unterstützung brauchen, also wird noch mehr Geld benötigt", erklärt Sumanadas.


WFP warnt vor Ernährungskrisen

Im April dieses Jahres hatten das Welternährungsprogramm WFP und die srilankische Regierung gemeinsam gewarnt, dass die Ernährung der Hälfte der Bevölkerung von Mullaithivu und jedes dritten Einwohners von Kilinochchi gefährdet sei.

Sumanadas ist sicher, dass die Zahlen in den nächsten vier Monaten weiter steigen werden. Die Getreideernte ist verglichen mit 2013 um 42 Prozent gesunken. Die Reiserträge liegen um 17 Prozent unter denen von vier Millionen Tonnen im Vorjahr. Die Regierung hob daraufhin den Importstopp auf Reis auf und will dadurch mindestens fünf Prozent der Ernteverluste wettmachen.

Die Hauptwasserquelle des Bezirks, der 50 Quadratkilometer große Iranamadu-Stausee, konnte früher eine Fläche von rund 430 Quadratkilometern bewässern. Wie Sumanadas berichtet, ist der See inzwischen staubtrocken. Auch in anderen Teilen der Insel seien die Wasserreserven auf durchschnittlich etwa 30 Prozent zurückgegangen, sagt Ivan de Silva vom Wasserministerium. Die Folgen der Dürre führt er auf die zunehmende Häufigkeit extremer Wetterphänomene und einen schlechten Umgang mit der Ressource zurück. "In der Vergangenheit hatten wir alle zehn bis 15 Jahre eine schwere Dürre, inzwischen aber fast jedes Jahr", berichtet er.


Ernteerträge sinken drastisch

Von einer ähnlichen Dürrekatastrophe waren Ende 2012 fast zwei Millionen der insgesamt rund 20 Millionen Srilanker betroffen gewesen. Die Agrarerträge gingen auf 20 Prozent der vorherigen Ernten zurück. Hurrikan Nilam mit seinen Überschwemmungen setzte der Dürre Ende des Jahres dann ein Ende.

De Silva merkt kritisch an, dass Strategien zur besseren Verwaltung der Wasserreserven vonnöten wären, um mit der veränderten Wettersituation umgehen zu können. Nur zögerlich beginnt das Land auf den Klimawandel zu reagieren. Kürzlich startete die Regierung ein Programm zur Stärkung der Klima-Resilienz im Umfang von 100 Millionen Dollar. Etwa 90 Prozent davon sollen für die Verbesserung der Infrastruktur verwendet werden. Geplant ist, 47 Millionen Dollar in den Ausbau der Kanalisation und Wasserversorgungssysteme zu investieren. 36 Millionen Dollar sind für die Befestigung von Straßen und sieben Millionen Dollar für die Sicherung von Schulgebäuden in potenziellen Katastrophengebieten bestimmt. Ein Teil der Mittel soll für die Untersuchung der neun wichtigsten Flussbecken des Landes verwendet werden. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:
http://www.ipsnews.net/2014/09/blistering-drought-leaves-the-poorest-high-and-dry/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Oktober 2014