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ARTENSCHUTZ/048: Chancen zur Rettung seltener Gazellen deutlich gestiegen (Goethe Universität Frankfurt)


Goethe-Universität Frankfurt - 14. September 2011 / 206

Chancen zur Rettung seltener Garzellenart deutlich gestiegen

Nahe Verwandtschaft zwischen entfernt lebenden Gruppen erleichtert Aufzucht von Dorkasgazellen


FRANKFURT. Dorkasgazellen sind nah untereinander verwandt - egal ob sie aus Westafrika oder Israel kommen. Das belegt eine genetische Studie der Abteilung Ökologie, Evolution und Diversität der Goethe Universität. Dank dieser neuen Erkenntnisse steigen die Chancen, die Tiere doch noch zu retten. Heute leben nur noch wenige zehntausend Dorkasgazellen (Gazella dorcas). Wo früher große Herden durch die Sahara streiften, sind jetzt nur noch kleine, versprengte Restgruppen geblieben.

Frankfurter Wissenschaftler der Goethe-Universität und des Biodiversität und Klimaforschungszentrums (BIK-F) konnten jetzt zeigen, dass die Gazellen bereits in der Steinzeit auf der Abschussliste standen. Schon damals hatten die Menschen gelernt, so effektiv zu jagen, dass selbst diese flinken Tiere nicht entkommen konnten. Obwohl Gazellen heute als Nahrung keine Rolle mehr spielen, verschwinden sie zunehmend. Und das schneller als je zuvor. Besonders die Jagd mit Schusswaffe und Jeep ist Ursache für diesen Verlust. Will man die Bestände retten, muss man Tiere aufziehen und auswildern.

Bild 1: Gazellenschädel im Wüstensand. In der Sahara werden Dorkasgazellen noch immer massiv bejagt. (Anhäufung von Gazellenschädeln mit Hörnern) - Foto: © Hannes Lerp

Bild 1: Gazellenschädel im Wüstensand. In der Sahara werden Dorkasgazellen
noch immer massiv bejagt.
Foto: © Hannes Lerp

Unklar war bisher, ob man beispielsweise Gazellen aus Marokko auch im Sudan aussetzen könnte. Sind die Tiere genetisch zu unterschiedlich, kommt es in der Wildnis zur Vermischung. Wenn die Nachkommen schlechter an die Umgebung angepasst sind, pflanzen sie sich auch schlechter fort. Die genetischen Untersuchungen haben nun aber gezeigt, dass dieses Risiko nicht besteht. Alle heute lebenden Tiere sind nah miteinander verwandt und können problemlos Nachkommen zeugen.

Bild 2: Dorkasgazellen in der Aufzuchtstation in Saudi Arabien. Die farbigen Bänder um den Hals dienen zur Identifikation der Weibchen - Foto: © Hannes Lerp

Bild 2: Dorkasgazellen in der Aufzuchtstation in Saudi Arabien. Die farbigen Bänder
um den Hals dienen zur Identifikation der Weibchen.
Foto: © Hannes Lerp

Die Frankfurter Forscher verglichen mit Hilfe von Kollegen einer Aufzuchtstation in Saudi-Arabien die Erbsubstanz verschiedener Gazellen. Dabei konnten sie feststellen, dass alle Dorkasgazellen einer genetischen Linie angehören. Und das unabhängig von ihrer Herkunft. Folglich kann man die Gazellen aus Marokko zielgerichtet dort auswildern, wo die Tiere am stärksten bedroht sind und so die Bestände schützen. "Doch das so gefürchtete Artensterben kann nur dann abgewendet werden, wenn die Jagd stärker sanktioniert wird", warnt Hannes Lerp, der die verwandtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen seiner Doktorarbeit untersuchte. Gelingt es den örtlichen Behörden nicht stärker zu kontrollieren, werden alle Auswilderungsbemühungen letztlich vergeblich sein.


Publikation:
Hannes Lerp, Torsten Wronski, Markus Pfenninger und Martin Plath, A phylogeographic framework for the conservation of Saharan and Arabian Dorcas gazelles (Artiodactyla: Bovidae), doi.org/10.1007/s13127-011-0057-z

Informationen:
Hannes Lerp, Institut für Ökologie, Evolution und Diversität, Biologie-Campus Siesmeyerstraße, Tel.: (069) 798-24718, hannes.lerp[at]gmx.de, http://bio.uni-frankfurt.de/ee

Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 von Frankfurter Bürgern gegründet, ist sie heute eine der zehn drittmittelstärksten und größten Universitäten Deutschlands. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Parallel dazu erhält die Universität auch baulich ein neues Gesicht. Rund um das historische Poelzig-Ensemble im Frankfurter Westend entsteht ein neuer Campus, der ästhetische und funktionale Maßstäbe setzt. Die "Science City" auf dem Riedberg vereint die naturwissenschaftlichen Fachbereiche in unmittelbarer Nachbarschaft zu zwei Max-Planck-Instituten. Mit über 55 Stiftungs- und Stiftungsgastprofessuren nimmt die Goethe-Universität laut Stifterverband eine Führungsrolle ein.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 206, 14.09.2011
Goethe-Universität Frankfurt
Herausgeber:
Der Präsident
Abteilung Marketing und Kommunikation
Postfach 11 19 32, 60054 Frankfurt am Main
Redaktion:
Dr. Anne Hardy, Referentin für Wissenschaftskommunikation
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Internet: www.uni-frankfurt.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2011