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ABFALL/036: Kolumbien - Geld von der Stadt, Abfallsammler als Dienstleister anerkannt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. Mai 2013

Kolumbien: Geld von der Stadt - Abfallsammler als Dienstleister anerkannt

von Constanza Vieira



Bogotá, 3. Mai (IPS) - Nora Padilla, eine der sechs diesjährigen Gewinner des renommierten Goldman-Umweltpreises, leitet den Verband der Müllrecycler von Bogotá (ARB). Ausgezeichnet wurden sie und ihre Organisation für ihren erfolgreichen Kampf um die Anerkennung der Müllsammler als städtische Dienstleister.

Seit März bezahlt die kolumbianische Hauptstadt Hunderten Müllsammlern 44 Dollar pro Tonne wiederverwertbarer Festabfälle. Zu diesem Verdienst kommen die traditionellen Einnahmen aus dem Verkauf der recycelbaren Abfälle an Zwischenhändler hinzu, die pro Kilo bezahlen. Zuvor hatten lediglich die großen Privatunternehmen an der Abfuhr des städtischen Unrats verdient, der sich auf 7.700 Tonnen täglich beläuft.

Am 21. März konnten 790 Müllsammler erstmals ihr Gehalt für zwei Monate Arbeit - dem Abtransport von 5.700 Tonnen wiederverwertbarer Abfälle zu den Sammelstellen - einstreichen. Wenige Tage danach konnten weitere 700 Menschen ihren Verdienst entgegennehmen.

Mit der Ankerkennung der Müllsammler als Dienstleister setzt die Stadtverwaltung ein Urteil des Verfassungsgerichts aus dem Jahre 2011 um, das die Inklusion der Müllsammler von Bogotá verlangt. "Wir sind sehr froh, denn das Gerichtsurteil gilt landesweit", meinte Padilla im IPS-Gespräch.

Nach zehn Jahren des Kampfes werde die Arbeit der Müllsammler endlich anerkannt und angemessen bezahlt. "Das ist ein Erfolg, der überall auf der Welt zur Kenntnis genommen wurde", sagte sie mit Blick auf den Goldman-Preis, den sie am 15. April im US-amerikanischen San Francisco entgegengenommen hatte.

Die ARB war 1987 gegründet worden und zählt inzwischen 5.000 Mitglieder. Wie Padilla betonte, wird der Vorstoß ihrer Organisation weltweit Schule machen. "Wir danken der Stadt Bogotá, weil sie unsere Arbeit und unsere Rechte anerkannt hat und den Müllsammlern den Vorzug gegeben hat", sagte die diesjährige Trägerin der auch als Umweltnobelpreis bekannten Auszeichnung.


Effektive Mülltrennung

Padilla selbst versteht sich als Basisdienstleisterin. Wie sie erklärte, bringen die kleinen Müllsammler 100 Mal mehr recycelbares Material zusammen als die Unternehmen, die sich lediglich darauf beschränken, den städtischen Müll zur riesigen Müllhalde Doña Juana im Süden der Stadt zu transportieren. Die Mülltrennung hat für diese Firmen keine Priorität.

Die 1988 entstandene Müllkippe hat die Grenzen ihrer Kapazität längst erreicht. Seit einigen Jahren mehren sich zudem Beschwerden, dass die durch den Vergärungsprozess entstehenden Flüssigkeiten den benachbarten Fluss Tunjuelo verseuchen. Der Zufluss des Rio Bogotá mündet in den Magdalena-Fluss, der das Land von Süd nach Nord durchschneidet.

Mit Stolz berichtete Padilla über die erste Entscheidung der ARB, dafür zu sorgen, dass die Kinder der Müllsammler nicht mit raus mussten. Die Organisation bezahlte ARB-Mitglieder dafür, dass sie sich um die Kinder von Müllsammlern kümmerten, wenn diese arbeiten mussten.

Schätzungen zufolge leben rund 25.000 Menschen in Bogotá von den recycelbaren Abfallmaterialien, die sie zu den insgesamt 1.361 Sammelstellen bringen.

Ein von der Regierung der Hauptstadt in Auftrag gegebener Zensus im letzten Jahr hat 13.984 Müllsammler gezählt. 68,7 Prozent waren Männer. Die Mehrheit von ihnen war zwischen 26 und 50 Jahre alt, zehn Prozent waren über 60, 5,2 Prozent unter 18 und 14,8 Prozent zwischen 18 und 25 Jahren. 59 Prozent der Befragten gab an, mit ihrer Hände Arbeit bis zu drei Personen zu versorgen. 5.438 Personen erklärten, nie zur Schule gegangen zu sein. Der Zensus ergab ferner, dass die Einkommen von 75,7 Prozent der Müllsammler unterhalb des staatlich festgelegten Mindestlohns in Höhe von 270 Dollar lagen. Nicht erfasst wurden von der Studie obdachlose Müllsammler. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:
http://www.ipsnews.net/2013/05/waste-pickers-in-colombia-earn-formal-recognition/
http://ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=102784

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 3. Mai 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Mai 2013