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VERBAND/010: Kleinwasserkraftbetreiber im braunen Sumpf? (BBU AK Wasser)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 906 vom 25. November 2008 28. Jahrgang

Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Kleinwasserkraftbetreiber im braunen Sumpf?


Berühmt - und bei vielen auch berüchtigt - sind bundesweit die polternden und lautstarken Auftritte von MANFRED LÜTTKE, der als Dampframme der Kleinwasserkraftlobbyisten bei Verbändeanhörungen und Podiumsdiskussionen regelmäßig für Befremden sorgt. "... mit seinem als rüpelhaft beschriebenen Stil (...) hat er sich viele Gegner geschaffen", schrieb die St.Z. am 06.11.08 (mehr zu LÜTTKE in den RUNDBR. 847/2, 810/4, 756/3, 729/2, 700/4). Grund der medialen Aufmerksamkeit für LÜTTKE war dessen Schmähung gegenüber DIETRICH BONHOEFFER, evangelischer Theologe und Nazigegner, der 1945 im KZ hingerichtet worden war. Bei einem internen Streit im Lobbyverband der Kleinwasserkraftwerker hatte LÜTTKE den Widerstandskämpfer als "eher gewöhnlichen Landesverräter" eingestuft. Weil in der Arbeitsgemeinschaft der Wasserkraftwerke verbandsinterne Fehden ausgebrochen waren, hatte ein von LÜTTKE niedergemachter Vereinsfreund der Öffentlichkeit das LÜTTKE-Zitat gesteckt.

CDU-Mitglied LÜTTKE sah zunächst aber keinen Grund zu einer Distanzierung von seinen Schmähungen. Mit Rückendeckung des Verbandes legte der 73jährige LÜTTKE gar noch nach und versuchte mit Berufung auf neonazistische Internetseiten und auf ein Buch des rechtslastigen Verlegers und DVU-Führers GERHARD FREY seine diffamierende Einschätzung von BONHOEFFER zu untermauern: "Wer den Feind mit Kriegsinformationen versorgte, hätte überall mit der Todesstrafe rechnen müssen." Nachdem wasserkraftfreundliche Politiker aus allen Stuttgarter Landtagsfraktionen auf Distanz zu LÜTTKE gegangen waren, fühlte sich LÜTTKE dann anlässlich der Verbandsversammlung am 07.11.08 doch noch zu einer halben Entschuldigung bemüßigt. Im verbandsinternen Streit habe er sich zu einem "blöden Spruch" hinreißen lassen. Für die Verbandsmitglieder war damit die Sache zunächst einmal erledigt. Der nach Einschätzung der Bad.Ztg. vom 08.11.08 "als autoritär bekannte Verbandspräsident" hat seinen Laden fest in Griff: Von 180 anwesenden Kleinwasserkraftbetreibern sollten lt. St.Z. nur zwölf Mitglieder mit Nein gestimmt hatten. Zwölf weitere Kleinwasserkraftbetreiber enthielten sich der Stimme. Die Pro-Wasserkraftpolitiker im Stuttgarter Landtag wollen ihre Mitarbeit im parlamentarischen Beirat der Arbeitsgemeinschaft Wasserkraft Baden-Württemberg nach dem Eklat bis auf weiteres ruhen lassen. Auch die baden-württembergische CDU-Umweltministerin, TANJA GÖNNER, will jetzt, dass ihre obersten Wasserbeamten den Umgang mit LÜTTKE und dessen Verband auf das absolut Notwendige beschränken. LÜTTKES Kommentar zu der über ihn verhängten politischen Quarantäne: "Wenn man nicht mehr mit mir sprechen will, juckt mich das wenig." Gegen LÜTTKE wurde von seinen verbandsinternen Kontrahenten eine Strafanzeige wegen der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener eingereicht.

Wer direkt mit LÜTTKE korrespondieren will, kann sich wenden an:
Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Baden-Württemberg e.V.
- Herrn Manfred Lüttke (Präsident) -
Karlsruher Str. 113
76287 R h e i n s t e t t e n
Tel.: 0721/51 121, Fax: 51 71 55


LÜTTKE und sein Vorstand sollen "sofort zurücktreten"!

Eine publizierte Distanzierung von Wasserkraftbetreibern gegenüber den rechtslastigen Sprüchen von LÜTTKE liegt - soweit erkennbar - bislang nur von MANFRED VOLK, Aufsichtsratsvorsitzender der Wasserkraft Volk AG in Gutach vor. In einem Leserbrief an die Badische Zeitung (15.11.08) distanzierte sich der Chef des renommierten und weltweit tätigen Turbinen- und Wasserkraftwerke-Unternehmens "in aller Deutlichkeit" von den "unsäglichen verbalen Entgleisungen" LÜTTKES:

"Die Äußerungen von Herrn Lüttke haben der gesamten Wasserkraftbranche einen enormen Imageschaden bereitet. Unser Unternehmen ist zwar kein Mitglied [in der Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Baden-Württemberg e.V.], wir fordern Herrn Lüttke, den gesamten Vorstand sowie die Geschäftsführung der Arbeitsgemeinschaft dennoch offiziell dazu auf, im Interesse aller weltoffenen und demokratisch orientierten Betreiber und Hersteller sofort alle Ämter niederzulegen. Wir hoffen, dass dieser Vorfall eine genaue Untersuchung der Strukturen der Arbeitsgemeinschaft, des Führungsgremiums und der Gemeinnützigkeit zur Folge hat, um sicherzustellen, dass die finanziellen Mittel satzungsgemäß und zur Förderung der Wasserkraft eingel-setzt werden und nicht, um rechtspopulistische Positionen Vorschub zu leisten."


Schisma in der Kleinwasserkraftlobby

Dass die rechte Sprücheklopferei von LÜTTKE überhaupt öffentlich bekannt geworden ist, liegt offenbar an einem seit langem schwelendem Streit innerhalb der Wassekraftlobbyisten. Vor zwei Jahren ist die von LÜTTKE geführte Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Ba.-Wü. e.V. aus dem Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) ausgetreten. KARL-HEINZ RÖMER, Präsident des BDW, wollte jetzt die Neuwahl von MANFRED LÜTTKE mit einem Brief an die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft verhindern - wie oben erwähnt ohne großen Erfolg. Lt. BZ v. 15.11.08 wirft RÖMER seinem Wasserkraftkollegen LÜTTKE vor, autoritäre Strukturen geschaffen und sich mit Personen umgeben zu haben, die seine Entscheidungen aus Furcht vor Repressalien abnicken. "Willkür und Machtmissbrauch sind Instrumente seiner Amtsführung." RÖMER weiß wovon er spricht: Der jetzige BDW-Präsident hat bis vor wenigen Jahren die Bücher der baden-württembergischen Arbeitsgemeinschaft geführt. Dass RÖMER jetzt von einer Neuwahl von LÜTTKE abgeraten hat, wird von dem höchst erbosten LÜTTKE als Racheakt eingestuft: Rache dafür, dass die Arbeitsgemeinschaft dem BDW den Rücken gekehrt hat.


LÜTTKE sponsert Landtagsabgeordnete

"Die allseits mit Kopfschütteln quittierte Vasallentreue lässt sich wohl nur mit einer seltsamen Mischung aus Einschüchterung und Dankbarkeit erklären".

Derart kommentierte die STUTTG. ZTG. vom 15.11.08 die breite Zustimmung zur Neuwahl von LÜTTKE zum Chef der Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Ba.-Wü. e.V. Die Dankbarkeit rühre daher, dass die Arbeitsgemeinschaft unter der Führung von LÜTTKE zu einem mächtigen Einflussverband avanciert war - nach Einschätzung der St.Z. "durchsetzungsstark wie wenige Lobbygruppen". Dass die Kleinwasserkraftwerker nicht eben wenig von der erhöhten Einspeisevertgütung des "Erneuerbaren Energien-Gesetzes" (eeg) profitieren (s. RUNDBR. 892/3, 887/1-3), wird in der Presse wesentlich dem Einfluss von LÜTTKE zugeschrieben. Über einen parlamentarischen Beirat hatte LÜTTKE höchst effizient in alle Stuttgarter Landtagsparteien hineingewirkt. "Diesem Gremium, lobte er einmal, verdanke man maßgeblich die hohe Durchschlagskraft im Südwesten" (St.Z.). Für die Mitarbeit in dem Beirat hatte LÜTTKE den Parlamentariern bislang jeweils eine jährliche Aufwandsentschädigung von 1.500 Euro überwiesen (St.Z., 08.11.08). Und Landtagsabgeordnete aller Parteien nahmen die "Aufwandsentschädigung" dankbar an - außer KARL-WILHELM RÖHM, der konsequent auf jede Zahlung verzichtet hat. Der CDU-Landtagsabgeordnete desavouierte jetzt seine Parlamentskollegen mit der Bemerkung, dass er sich für die Kleinwasserkraft allein aus "ideellen Gründen" engagiert habe. Lt. St.Z. habe sich LÜTTKE intern damit gebrüstet, dass der Verband auch dank seiner Zahlungen in Stuttgart gleichsam "mitregiere". Das Geld stamme aus einem prall gefüllten Sonderhaushalt, den LÜTTKE als seine "Privatschatulle" betrachte, sagt sein früherer Stellvertreter und jetziger Kritiker, der BDW-Präsident KARL-HEINZ RÖMER. Es handele sich um mehrere Hunderttausend Euro aus jener Umlage, die die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft bis heute von der einst erkämpften höheren eeg-Stromvergütung an den Verein abführen müssen. Den LÜTTKE-schen Sonderetat, betont RÖMER heute, habe er stets als intransparent kritisiert, aber nie zu sehen bekommen. Zu all den Vorwürfen will der eigentlich stets wortgewaltige Lüttke gegenüber der Presse keine Stellung mehr beziehen. Denn die Journalisten würden ihm jedes Wort im Mund herumdrehen. Der 73-jährige stilisiert sich als Opfer einer "gnadenlosen Hatz" gegen seine Person - und das sei gewiss nicht im Sinne BONHOEFFERS (St.Z., 15.11.08).


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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 906/2008
Herausgeber:
Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. März 2009