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CHEMIE/305: Was ist Nanomaterial? Definition der EU-Kommission (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände
EU-Koordination

EU-News - Mittwoch, 19. Oktober 2011 / Chemie & Nanotechnologie

Was ist Nanomaterial? Definition der EU-Kommission


Alle Materialien, deren Hauptbestandteile eine Größe zwischen 1 und 100 Milliardstel Metern (nm) haben, gelten als "Nanomaterialien". Das ist die Definition, die die Europäische Kommission am Dienstag empfohlen hat. Das Europäische Umweltbüro bezeichnete die Begriffsbestimmung als "zu eng".

Ein Nanomaterial in der Definition der EU-Kommission wird beschrieben als "ein natürliches, bei Prozessen anfallendes oder hergestelltes Material, das Partikel in ungebundenem Zustand, als Aggregat oder als Agglomerat enthält, und bei dem mindestens 50 Prozent der Partikel in der Anzahlgrößenverteilung ein oder mehrere Außenmaße im Bereich von 1 nm bis 100 nm haben."

Die Definition stützt sich auf wissenschaftliche Gutachten des Wissenschaftlichen Ausschusses "Neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken" (SCENIHR) und der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC). Die "offizielle" Definition ist notwendig, weil die Gesetzgebung entsprechend angepasst werden muss. Eine Überprüfung ist für 2014 vorgesehen.

Das Europäische Umweltbüro (EEB) ist "tief enttäuscht" über die "zu enge" Definition, was als Nanomaterial gelten soll und was nicht. Das EEB kritisierte, dass die Industrielobby sich gegenüber der EU-Kommission durchgesetzt habe. Es gebe auch Materialien mit weniger als den angegebenen 50 Prozent Bestandteilen unter 100 nm, die neuartige Eigenschaften aufweisen können und durch das Raster fallen und um entsprechende Sicherheitstest herumkommen, kritisierten die Umweltschützer. Es sei völlig unverständlich, warum die EU-Kommission von den wissenschaftlichen Empfehlungen des SCENIHR abweicht, der sogar ab einer Bestandteilmenge von 0,15 Prozent Partikeln unter 100 nm empfohlen hatte, das Material als "Nanomaterial" zu definieren. Zudem sage die reine Größe von Nanopartikeln nicht unbedingt etwas über ihr Sicherheitsrisiko aus.

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert die Kommissionsempfehlung als zu eng. Zugleich sei man jedoch froh, dass sich die Kommission nach langen internen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Generaldirektionen überhaupt auf eine Definition geeinigt habe. "Gesetzgeber und Industrie können jetzt nicht länger nicht der fehlenden Definition verstecken, wenn es darum geht Maßnahmen zur Regulierung von Nanomaterialien zu ergreifen", so Jurek Vengels, Nano-Experte beim BUND. [jg]


Pressemitteilung der EU-Kommission: IP/11/1202
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/11/1202&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en

EEB-Reaktion
http://www.eeb.org/index.cfm/news-events/news/nano-definition-too-narrow-says-eeb/

EEB-Expertin: Louise Duprez, Tel. +32 (0)2 / 2891307, E-Mail: louise.duprez[at]eeb.org

BUND-Nanoexperte Jurek Vengels, Tel. +49(0)30 / 27586-422, E-Mail: jurek.vengels[at]bund.net


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Quelle:
EU-News, 19.10.2011
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info[at]dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Oktober 2011