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ATOM/830: NRW-Landesregierung ahnungslos - THTR auch in Südafrika gescheitert (BI Hamm)


Bürgerinitiative Umweltschutz Hamm - Presseerklärung, 12.2.2009

Der THTR ist auch in Südafrika gescheitert und wird nicht gebaut!

NRW-Landesregierung plappert ahnungslos Atompropaganda nach!


Während die NRW-Landesregierung und ihr Innovationsminister Pinkwart in den letzten Tagen nicht nur ihr Bekenntnis zur Atomkraft erneuern, sondern sogar von neuen Atomkraftwerken der Generation IV (also auch Hochtemperaturreaktoren) schwärmen, hat die Kritik an dieser Reaktorlinie nicht nur deutlich zugenommen, sondern zum Abbruch der Bauvorbereitungen in Südafrika geführt. Dies zeigt deutlich, wie realitätsfern CDU und FDP in der Energiepolitik agieren.


Das Märchen von der "inhärenten Sicherheit" wurde widerlegt

Im November 2007 kritisierte eine vom österreichischen Lebensministerium (!) in Auftrag gegebene Untersuchung die geplanten neuen Reaktoren in Grund und Boden. Anfang 2008 sorgten Krebsfälle in der Umgebung des THTR in Hamm in zahlreichen Tageszeitungsberichten für Schlagzeilen. Im Juni 2008 erfolgte mit der englischsprachigen Moormann-Studie aus Jülich, wo der THTR vor 40 Jahren entwickelt wurde, der weltweite Durchbruch in der internationalen Diskussion. Bei dem Rückbau des Mini-THTRs in Jülich wurde offenbar, dass sich der radioaktive Kugelbruch an Stellen befand, wo man es nie für möglich hielt. Der Wissenschaftler deckte ausgehend von diesen Kontaminationen zahllose konstruktive Mängel der gesamten Reaktorgeneration auf, die die bisherige Propaganda von der "inhärenten Sicherheit" in das Reich der Märchen verwies.


Südafrika rückt vom THTR-Bau ab!

Der Thorium Hochtemperatur-Reaktor (THTR), in Südafrika auch Pebble Bed Modular Reactor (PBMR) genannt, wird nicht in Koeberg bei Kapstadt gebaut, obwohl die für den THTR-Betrieb notwendige und mit deutscher Hilfe errichtete Kugelbrennelementefabrik in Pelindaba den nuklearen Brennstoff schon produziert hat. Dies geht aus der Zeitschrift "Nucleonics Week" vom 5. Februar 2009 hervor.

Die finanziell in Bedrängnis geratene PBMR-Gesellschaft in Südafrika gibt den geplanten 165 MW Reaktor in Koeberg bei Kapstadt auf zugunsten einer Koppelung dieser Reaktorlinie mit Prozesswärmeanwendung. - Diese soll allerdings nicht in Südafrika, sondern in den USA verwirklicht werden! Am 3. Februar 2009 wurde in Südafrika bekannt gegeben, dass beabsichtigt ist, die geplante THTR-Linie für die Nutzung auf dem Prozesswärmemarkt in den USA (Idaho) weiterzuentwickeln. Die Atomindustrie versucht ihre Blamage zu kaschieren, indem sie diesen Vorgang des Abbruchs der Bauvorbereitungen als Umorientierung in der energiepolitischen Forschungslandschaft darstellt.

Die PBMR-Gesellschaft hat bestimmte Fertigungsaufträge für den THTR bereits ab Januar 2009 auf Eis gelegt. Eine Sprecherin betonte, dass zwar keine Verträge gekündigt wurden, aber um unnötige Ausgaben zu vermeiden, sei man in der Diskussion, welche wichtigen Aufträge noch erfüllt werden müssten.


Eine Milliarde US-Dollar für einen Fehlschlag verprasst!

Der PBMR-Sprecher Tom Ferreira sagte, dass die südafrikanische Regierung kein zusätzliches Geld für die Zeit nach 2010 zur Verfügung stellen wird. Bis zu diesem Zeitpunkt wird Südafrika 980 Millionen US-Dollar in das PBMR-Projekt gesteckt haben!

Das staatliche Energieversorgungsunternehmen Eskom hatte ursprünglich geplant, insgesamt 24 Module des neuen Reaktortyps in Auftrag zu geben und wollte zusätzliche Reaktoren in andere Länder exportieren.

Bereits im letzten Jahr mussten PBMR und Eskom zugeben, dass nur noch der Bau eines einzigen Demonstrationsreaktors im Jahre 2010 geplant sei. Aber die Umweltverträglichkeitsprüfung läuft noch und die Sicherheitsprüfung für den Reaktor ist noch nicht bei der Reaktorsicherheitskommission beantragt worden. Der Sicherheitsbericht ist seit Jahren in Verzug.

Die Weltfinanzkrise zwingt Eskom ebenfalls, auf die geplanten Druckwasserreaktoren mit einer Kapazität von 3.500 MW zu verzichten.

Die PBMR-Gesellschaft begann im Jahre 1999 mit einhundert Mitarbeitern, wuchs schnell auf 800 an und umfasste einschliesslich externer Spezialisten und PR-Abteilung zum Schluss 1.000 Mitarbeiter.

Die radioaktiven Kugelbrennelemente mit einem Anreicherungsgrad von 9,6 Prozent Uran-235 für den bisher geplanten THTR wurden bereits in einer neuen Fabrikanlage bei Pelindaba mit Hilfe von Nukem/Hanau hergestellt. Das Know how kam hauptsächlich aus der BRD. Erste Uranbrennelemente wurden bereits am 5. Januar 2009 verschifft. Ziel waren das Oak Ridge National Laboratory und das Idaho National Laboratory in den USA, um die Brennelemente für Testreihen zu verwenden.


Ausblick: Unvernunft oder Alternativenergie

Die südafrikanische PBMR-Gesellschaft wäre damit Partner von dem grossen US-Reaktorkonzern Westinghouse, der mittlerweile mehrheitlich japanischen Gesellschaftlern gehört. Da Westinghouse in einigen Jahren seine grossen Leichtwasserreaktoren nach Südafrika liefern will, werden Sie PBMR möglicherweise nicht ganz fallenlassen und die südafrikanischen Auslegungsarbeiten für die HTR-Linie für den Prozesswärmemarkt in den USA (!) verwenden.

Um weiter im Geschäft mit Westinghouse bleiben zu können, verkündete am 11. 2. 2009 im East Coast Radio die ANC-Regierung, sie wolle die nächsten drei Jahre doch noch jeweils 90 Millionen Euro für die PBMR-Entwicklung ausgeben. Damit kann man jedoch keinen Reaktor bauen, sondern nur auf kleinerer Flamme weiterforschen.

Die Umweltbewegung muss also in jeder Hinsicht wachsam sein und am Ball bleiben! Es ist zu hoffen, dass in Südafrika diejenigen Kräfte verstärkt Gehör finden, die auf umweltfreundliche Alternativenergie setzen!

Horst Blume

Bürgerinitiative Umweltschutz Hamm
Weitere Infos: www.reaktorpleite.de

P.S.:
Hier ist die WDR-Sendung "Atomstrom für Afrika" vom 7. 2. 2009 einsehbar:
http://www.wdr.de/tv/huh/videos/uebersicht.jsp?medium=podcast


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Quelle:
Presseerklärung, 12.02.2009
Herausgeber: BI Umweltschutz Hamm e. V.
Postfach 1242, 59002 Hamm
E-Mail: h.blume@thtr-a.de (Horst Blume)
Internet: www.thtr-a.de, www.reaktorpleite.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Februar 2009