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ATOM/1090: Laufzeitverlängerungen verhindern - IPPNW appelliert an Verantwortung (IPPNW)


IPPNW - Berlin, den 6. September 2010

Laufzeitverlängerungen verhindern

IPPNW appelliert an die gesellschaftliche Verantwortung von Opposition, Medien und Wirtschaft


Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW kritisiert die beschlossene Laufzeitverlängerung für die technisch veralteten deutschen Atomkraftwerke. Sie sollen nun mit "Strommengen-Tricksereien" 40 bis 60 Jahre lang in Betrieb bleiben. "Dieser Beschluss der Bundesregierung ist verantwortungslos, weil es keinerlei Lösung für den anfallenden Atommüll gibt und weil in deutschen Atomkraftwerken gefährliche Alterungsprozesse zu beobachten sind, so dass es jederzeit zu einem schweren Atomunfall kommen kann." Die IPPNW appelliert nun an die Verantwortung von Opposition, Medien und Wirtschaft.

Entscheidend sei jetzt unter anderem, dass die Zustimmungspflicht des Bundesrates nicht einfach wegdiskutiert werde. "Es ist zum Beispiel völlig unakzeptabel, wenn das Rechtsgutachten von Hans-Jürgen Papier im Auftrag des Bundesumweltministeriums in den Medien praktisch totgeschwiegen wird, wonach der Bundesrat Laufzeitverlängerungen zustimmen muss. Wäre der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident und somit eine der höchsten Autoritäten zum gegenteiligen Ergebnis gekommen, dann würde dieses Rechtsgutachten vermutlich regelmäßig zitiert", so Paulitz. Seit Wochen lese man fast nur noch vom Gutachten des Bundesinnen- und Justizministeriums oder dem des Deutschen Bundestages, in denen die Zustimmungspflicht des Bundesrates in Frage gestellt wird. "Journalisten, Chefredakteure und Herausgeber tragen in einer Demokratie Verantwortung dafür, die Öffentlichkeit ausgewogen über politische Fragen zu informieren. Schließlich hat die mediale Berichterstattung einen erheblichen Einfluss darauf, in welchem Maße es eine Bundesregierung wagt, sich über geltendes Recht, über die Zuständigkeiten demokratischer Institutionen und über den Willen der Bevölkerung hinwegzusetzen", so Paulitz.

Eine maßgebliche Verantwortung trägt nach Auffassung der IPPNW auch die Opposition, die geplanten Laufzeitverlängerungen zu verhindern. "Eine wirklich starke Opposition hat weitaus mehr Möglichkeiten des Widerstands", so Paulitz. "Die Regierungsparteien haben keine Mehrheit mehr im Bundesrat. Wer sagt eigentlich, dass der Bundesrat konstruktiv mit der Bundesregierung weiter zusammenarbeiten muss, wenn er in einer zentralen Frage seiner Zuständigkeit übergangen wird?" Im Übrigen müssten SPD, Grüne und Linke im Vorfeld der Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachen deutlich machen, ob sie mit dem Atomthema nur Wahlen gewinnen oder ob sie anschließend auch Atomkraftwerke dieser Länder nach geltendem Atomrecht stilllegen wollen."

In der Pflicht sieht die IPPNW insbesondere auch die Erneuerbare-Energien-Branche. Den Energieszenarien und sonstigen Ankündigungen der Bundesregierung zufolge solle diese Branche zugunsten der vier Atomkonzerne einem skandalösen Schrumpfungsprozess unterzogen werden. "Die Verbände der erneuerbaren Energien und die 300.000 Beschäftigten dieser Branche müssen wissen, dass die Bevölkerung hinter ihnen steht, wenn sie jetzt auf die Straße gehen, Atomkraftwerke, Konzern- und Parteizentralen blockieren, um für ihre Arbeitsplätze und gegen die nächste Atomkatastrophe zu kämpfen. Die 300.000 betroffenen Menschen können Millionen von Sympathisanten in der Bevölkerung aktivieren, um die geplanten Laufzeitverlängerungen und die drohende Zerschlagung zahlloser Betriebe dieser Branche zu verhindern", so Paulitz. Die nächste Gelegenheit biete die bundesweite Großdemonstration der Anti-Atom-Bewegung am 18. September in Berlin als Auftakt für einen "heißen Herbst".

Über die IPPNW:

Diese Abkürzung steht für International Physicians for the Prevention of Nuclear War. Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges engagieren sich seit 1982 für eine Welt ohne atomare Bedrohung und Krieg. 1985 wurden sie dafür mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Seit 1990 stehen zusätzlich gesundheitspolitische Themen (z.B. Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Papiere, Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten) auf dem Programm des Vereins. In der IPPNW sind rund 7.000 ÄrztInnen und Medizinstudierende organisiert.


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Quelle:
Presseinformation der IPPNW - Deutsche Sektion der
Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, 06.09.2010
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Sven Hessmann, Pressereferent
Tel.: 030-69 80 74-0, Fax: 030-69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. September 2010