Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde - 23.06.2016
Der Meeresboden als Hochleistungsstätte: KüNO-Verbund präsentiert Ergebnisse
Anlässlich ihrer Jahrestagung am 22./23. Juni 2016 in Rostock-Warnemünde präsentierten die fünf unter dem Dach "Küstenmeere Nordsee/Ostsee (kurz KüNO)" vom BMBF geförderten Forschungsprojekte ihre Zwischenergebnisse. Im Zentrum stehen die Leistungen des Meeresbodens von Nord- und Ostsee und seiner Lebensgemeinschaft. Ihre umfangreichen Analysen stellen die Wissenschaftler*innen des Projektverbundes über Datenportalen Ämtern und Behörden sowie der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung. In ihrer Synthese-Phase, die in diesem Jahr begann, gehen die Projekt-Konsortien einen Schritt weiter und streben die Bewertung der Leistungen des Meeresbodens an.
Der Meeresboden von Nord- und Ostsee ist heiß umkämpft: Ob als Baugrund, Fischerei-Revier, Rohstoff-Lagerstätte oder Mülldeponie - das wirtschaftliche Interesse an der Nutzung dieser Unterwasserwelt ist groß. In erster Linie ist der Meeresboden jedoch ein wichtiger Bestandteil des Gesamt-Ökosystems. Die hier lebenden Gemeinschaften sorgen mit ihren Aktivitäten dafür, dass Schadstoffe oder überschüssige Nährstoffe im Boden vergraben werden. Sie halten den Nährstoffkreislauf in Gang, indem sie organische Verbindungen in ihre Ausgangsstoffe zurückführen. Sie filtern Schwebstoffe aus dem Wasser und verbessern so die Lichtdurchlässigkeit des Wassers und damit die Lebensbedingungen. Fallen diese Leistung weg, wird das gesamte Ökosystem geschädigt. Um im Interessenskonflikt zwischen Nutzung und Schutz eine angemessene Vergleichsgröße zur wirtschaftlichen Nutzung zu entwickeln, arbeiten Umweltmanager heutzutage zunehmend daran, diese Leistungen zu bewerten. Nach einer dreijährigen Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung ist in den fünf KüNO-Projekten eine exzellente Basis für Untersuchungen dieser Art entstanden. Über das Datenportal NOAH-Habitatatlas ([1] www.noah-project.de/habitatatlas/) und den Baltic Sea Atlas, eine Web-GIS Anwendung ([2] http://www.io-warnemuende.de/baltic-sea-atlas) stehen Ämtern und Behörden sowie der interessierten Öffentlichkeit die Ergebnisse einer umfangreichen Erfassung der vielfältigen Leistungen des Meeresbodens, ihre räumliche Verbreitung und zeitliche Entwicklung zur Verfügung.
NOAH (North Sea: Observation and Assessment of Habitats):
Das Konsortium aus insgesamt 8 norddeutschen Meeres - und
Küstenforschungseinrichtungen unter Leitung des Instituts für
Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht, hat in den
vergangenen 3 Jahren grundlegende Informationen zur Klassifizierung
der Habitate am Boden der deutschen Nordsee und deren
Lebensgemeinschaften aus Beobachtungen und Modellsimulationen
zusammengetragen und analysiert. In dem projekteigenen Geodatenportal,
dem NOAH "Habitatatlas" ([3]
http://www.noah-project.de/habitatatlas/), ist ein Großteil dieser
Daten in Form digitaler Karten auch für externe Nutzer zugänglich.
Diese Daten können nun helfen, zum einen den Istzustand des
benthischen Ökosystems zu definieren, zum anderen mögliche
Veränderungen dieses bedeutenden Lebens- und Wirtschaftsraums durch
Klimawandel und menschliche Eingriffe vorherzusagen.
http://www.noah-project.de/
STopP (Vom Sediment zum Top-Prädator):
Vier Projektpartner unter Leitung des Landesbetriebs für Küstenschutz,
Nationalpark und Meeresschutz entwickelten in diesem
fachübergreifenden Forschungsvorhaben Werkzeuge zur Bewertung
relevanter Indikatoren diverser europäischer Richtlinien. Insbesondere
die Deskriptoren Meeresboden-Integrität, Nahrungsnetze und
Biodiversität, die im Zusammenhang der europäischen
Meeresstrategierahmenrichtlinie zum Einsatz kommen, wurden
berücksichtigt. Konsistente Karten zur Verteilung und Zusammensetzung
der Sedimente zwischen der Festlandsküste Nordfrieslands und der
Amrumbank zeigten, dass hier trotz hoher Morphodynamik die
Sedimentverteilungsmuster über Dekaden stabil sein können. Dies prägt
auch die bodenlebende Wirbellosenfauna. Die statistische Modellierung
von Biotoptypen deckte die Lage von Herzmuschelfeldern oder von
Vorkommen der eingewanderten Amerikanischen Schwertmuschel auf -
letztere mit zunehmender Bedeutung als Nahrungsquelle für Seevögel,
die ihrerseits als Top-Prädatoren einen wichtigen Einfluss auf das
Nahrungsnetz haben. Es konnte gezeigt werden, dass sich solche
Änderungen im Biotop auf das gesamte Nahrungsnetz auswirken.
http://www.nationalpark-wattenmeer.de/sh/stopp-2193
SECOS (The Service of Sediments in German Coastal Seas):
Die Leistung der Sedimente in der deutschen Ostsee wurde von einen
Konsortium aus fünf Forschungseinrichtung unter der Leitung des
Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde untersucht. Als
Ergebnis liegen Kartierungen und prognostische Modellierungen der
Verteilung und Größenordnung der sedimentären Ökosystemleistungen vor.
Auf dieser Grundlage wurde ein erster Ansatz zur monetären Bewertung
erarbeitet, der in der kommenden Synthesephase vertieft und überprüft
wird. Die umfangreichen und vielfältigen Analyse Ergebnisse der ersten
Projektphase flossen in einen funktionalen georeferenzierten
Sedimentatlas ein ([4] http://www.io-warnemuende.de/baltic-sea-atlas).
Dieses zentrale Produkt des Projektes wird in den kommenden Jahren zu
einem unterstützenden Werkzeug für Entscheidungsträger und Endnutzer
in Behörden und Ämtern ausgebaut.
http://secos.deutsche-kuestenforschung.de/
BACOSA (Baltic Coastal System Analysis and Status Evaluation):
Die Darß-Zingster Boddenkette (DZBK) und die Küstenregion der Insel
Hiddensee standen im Zentrum der Arbeit eines Projektkonsortium aus
drei Partnerinstitutionen unter der Leitung der Universität Rostock.
Es wurde die Rolle von Makrophytenbeständen in derartigen flachen
Küstenökosystemen als Sedimentstabilisatoren und Puffer für Nährstoffe
aus dem Einzugsgebiet untersucht. Aus der Fülle der Details, die in
BACOSA zu diesem Thema herausgefunden wurden, seien hier nur zwei kurz
angerissen:
1) Im Schilfgürtel zeigten die Stoffflüsse eine hohe zeitliche und
räumliche Variabilität.
2) Generell stellte sich das Flachwasser der DZBK als eine effiziente
Barriere gegen Phosphor-Freisetzung aus dem Sediment ins Freiwasser
dar. Zudem wurden die wichtigsten Ökosystemleistungen der DZBK
quantifiziert und ökonomisch bewertet. Das Ziel ist, eine Basis für
die Abschätzung der Konsequenzen von Küstenmanagement-maßnahmen zu
liefern.
http://www.oekologie.uni-rostock.de/forschung/bacosa/
MOSSCO (Modular System for Shelves and Coasts):
In der ersten Projektphase entwickelte ein Konsortium aus drei
Partner-Einrichtungen unter der Leitung des Instituts für
Küstenforschung, Helmholtz-Zentrum Geesthacht, eine technisch
weltweit führende modulare Kopplungs-Infrastruktur für die
modulare Integration von Daten und Modellen. Der Mehrwert der
neuen Infrastruktur zeigte sich in synoptischen Studien von
Küstenmeeren, wozu existierende Modell-Komponenten und Datensätze
aus verschiedenen Fachdisziplinen und von
verschiedenen Teilsystemen (Boden, Wasser, Atmosphäre; Küstengewässer,
Schelf, Ozean) kombiniert wurden. Zentrale MOSSCO Anwendungen
orientieren sich an gesellschaftlich relevanten Fragen, wie zum
Beispiel: Welche Maßnahmen können die regional verschiedenen
Nährstoffbelastungen am effektivsten vermindern und können
Wasserqualitätsziele für alle Küstengewässer der deutschen Nord- und
Ostsee einheitlichen abgeleitet werden?
http://www.mossco.de/
Das übergeordnete Ziel des KüNO-Verbundes ist, die wissenschaftlichen
Grundlagen für ein ökosystemorientiertes, nachhaltiges Management der
Küstenressourcen zu verbessern und seine Ergebnisse praxisorientierten
Nutzern verfügbar zu machen. In diesem Sinne wurden mit den auf den
Bedarf von Nutzern ausgerichteten Datenportalen wichtige Meilensteine
erreicht.
Weitere Informationen finden Sie unter
http://Zum NOAH-Habitatatlas:
http://www.noah-project.de/habitatatlas/
http://Zum Baltic Sea Atlas:
http://www.io-warnemuende.de/baltic-sea-atlas
Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news654979
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution480
[1] www.noah-project.de/habitatatlas/
[2] http://www.io-warnemuende.de/baltic-sea-atlas
[3] http://www.noah-project.de/habitatatlas/
[4] http://www.io-warnemuende.de/baltic-sea-atlas
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde,
Dr. Barbara Hentzsch, 23.06.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2016
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