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MASSNAHMEN/141: Keine Angst vor dem Jacobskreuzkraut - NABU mahnt zur Gelassenheit (NABU)


Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V. - Pressedienst, 1. September 2009

Keine Angst vor dem Jacobskreuzkraut

NABU mahnt zur Gelassenheit im Umgang attraktiver Blütenpflanze


neumünster, 1. September 2009: Angesichts der sich derzeit häufenden Gefahrenmeldungen im Zusammenhang mit dem Jakobskreuzkraut mahnt der NABU zur Gelassenheit. Nach Recherchen des Verbands ist die Berichterstattung in den Medien vielfach stark übertrieben und undifferenziert. So haben Nachfragen des NABU bei Naturschutz- und Veterinärbehörden sowie Weidetierhaltern ergeben, dass in Schleswig-Holstein bisher keine Todesfälle bekannt geworden sind, bei denen das Jakobskreuzkraut, auch Jakobs-Greiskraut genannt, als Todesursache bestätigt werden konnte. Folgerichtig raten Naturschutzbehörden wie Amtsveterinäre zur Gelassenheit.

Zwar resultiert aus dem Gehalt an Alkaloiden eine gewisse Giftwirkung der Pflanze. Im Allgemeinen werden Weidetiere aber von den reichlich vorhandenen Bitterstoffen der Pflanze abgeschreckt, so dass sie, wenn sie doch einmal Bekanntschaft mit der Pflanze machen, diese zukünftig meiden. Gerade im Herdenverband lebende Weidetiere lernen voneinander, welche Pflanzen genießbar sind, und welche nicht.

Nur auf Flächen, die zur Heu- oder Silagegewinnung dienen, ist eine mechanische Entfernung des Jakobskreuzkrauts notwendig, da die Pflanze im Heu zwar ihre Bitterstoffe, nicht aber ihre toxische Wirkung verliert. Auf zur Futtergewinnung dienen Flächen tritt das Jakobs-Kreuzkraut allerdings ohnehin kaum in Erscheinung, da die dichtwüchsige Grasnarbe der Wirtschaftsgräser dessen Aufkommen unterdrückt. "Für Vernichtungsfeldzüge, wie sie in vielen landwirtschaftlichen Mitteilungsblättern gefordert wird, besteht nach alledem absolut kein Anlass", folgert NABU-Landesvorsitzender Hermann Schultz.

Die vielfach geforderte Bekämpfung durch prophylaktischen Umbruch, intensive Weidepflege durch Nachsaat lückiger Bodenstellen oder mit der chemischen Keule ist völlig überzogen und aus Naturschutzsicht unverantwortlich. Denn blütenreiche Brachen, Stilllegungsflächen und Extensivweiden sind heute mehr denn je notwendig, um vielen Tier- und Pflanzenarten in der zunehmend industriell betriebenen Landwirtschaft ein Überleben zu ermöglichen. So sind mehr als 200 Arten wirbelloser Tiere am Jakobskreuzkraut nachgewiesen worden, was die Bedeutung der attraktiven Blütenpflanze für die Biodiversität eindrucksvoll unterstreicht.

"Darüber hinaus ist es völlig illusorisch anzunehmen, die weitere Ausbreitung der Pflanze könnte tatsächlich wirkungsvoll unterbunden werden, denn die Samen der Pflanzen (mehr als 100.000 je Pflanze) werden, wie bei anderen Korbblütlern auch, weit verbreitet. Die vergleichsweise lange Blütezeit von Juni bis Oktober erschwert die Bekämpfung zusätzlich", so Schultz weiter.

Der NABU und andere Naturschutzorganisationen haben auf von ihnen betreuten Flächen langjährige Erfahrungen mit dem Jakobskreuzkraut gemacht. So ist die zweijährige Pflanze auf etlichen Extensivweiden mittlerweile wieder von selbst verschwunden - weil sich die Vegetationsdecke geschlossen hatte, so dass die Samen nicht mehr keimen konnten.

Tierhalter sollten sich also von der allgemeinen Hysterie nicht anstecken lassen und der Pflanze, die schon auf den Weideflächen unserer Vorfahren eine bekannte Erscheinung gewesen ist, mit Gelassenheit begegnen.


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Quelle:
NABU Pressedienst, 01.09.2009
Herausgeber:
Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU)
Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. September 2009