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FORSCHUNG/883: Isotope machen Schadstoffabbau messbar (UFZ-Spezial)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
UFZ-Spezial Oktober 2012: Chemikalien in der Umwelt

Isotope machen Schadstoffabbau messbar

von Nicole Silbermann



Ist der Boden mit Schadstoffen belastet, wird häufig eine kostengünstige Sanierungsmethode eingesetzt, das sogenannte Natural Attenuation (NA). Dabei wird auf natürliche Selbstreinigungsmechanismen im Boden gesetzt. Oftmals sind dafür aber ganz spezifische Bedingungen erforderlich. So benötigen manche schadstoffabbauenden Mikroorganismen eine bestimmte Konzentration an Sauerstoff oder andere sogenannte Elektronenakzeptoren zur Mineralisierung des Schadstoffes. Und nicht selten muss der Mensch nachhelfen, um für die Bakterien optimale Bedingungen zu schaffen und auf diese Weise die natürlichen Selbstreinigungsprozesse in Gang zu setzen oder zu verstärken (Enhanced Natural Attenuation, ENA).

Doch wie kann man herausfinden, ob diese überhaupt stattfinden? "Eine einfache chemisch-analytische Nachweismethode ist da nicht ausreichend. Denn durch abiotische Prozesse wie Verlagerung, Verflüchtigung oder Verdünnung vermindert sich die Konzentration der Schadstoffe im Boden, doch ein natürlicher Abbau hat womöglich gar nicht stattgefunden", sagt der Geochemiker Dr. Hans-Hermann Richnow vom UFZ. Mithilfe des sogenannten Isotopenmonitorings jedoch können solche Abbauprozesse nachgewiesen und sogar quantifiziert werden. Isotope sind verschiedene Varianten eines chemischen Elements, die sich in der Anzahl ihrer Neutronen unterscheiden. So hat das Kohlenstoffisotop 12C insgesamt sechs Neutronen und ist damit etwas leichter als das Kohlenstoffisotop 13C mit sieben Neutronen. Beide Kohlenstoffisotope kommen in der Natur vor, allerdings ist 12C mit 98,9 Prozent Chemikalien - Sanierung und Management sehr viel häufiger als 13C mit nur 1,1 Prozent. Dieses Verhältnis der beiden Isotope zueinander wird beim Isotopenmonitoring als Referenzwert zur Einschätzung des Schadstoffabbaus zugrunde gelegt.

Soll die Methode für die Quantifizierung des Schadstoffabbaus genutzt werden, ist es wichtig zu wissen, dass Mikroorganismen Moleküle aus den leichteren 12C-Isotopen schneller verwerten können. Das gilt im Prinzip für alle kohlenstoffhaltigen Schadstoffe. Während des biologischen Abbaus reichern sich daher schwere 13C-Isotope im verbleibenden Schadstoffpool an, und das Verhältnis der beiden Isotope verschiebt sich. Aus dieser Verschiebung, die mithilfe von Massenspektrometern gemessen wird, kann man rückschließen, wie weit der Abbauprozess fortgeschritten ist, und gegebenenfalls unterstützend eingreifen. Im Gegensatz zu anderen Analyseverfahren hat das Isotopenmonitoring einen entscheidenden Vorteil: Das Isotopenverhältnis eines Schadstoffs wird ausschließlich durch mikrobiellen Abbau bestimmt und kaum durch andere Prozesse beeinflusst. "Keine andere Analysemethode kann in der Blackbox Boden so eindeutig Abbauprozesse nachweisen und sogar quantifizieren", sagt Hans-Hermann Richnow.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Rainer Meckenstock vom Helmholtz-Zentrum München gründete Richnow im Jahr 2005 die Firma Isodetect GmbH, die das Isotopenmonitoring zur Beurteilung von Schadensfällen in der Praxis anwendet. In Zukunft soll das Verfahren auch für das Monitoring des Abbaus von Pestiziden und Pharmaka Anwendung finden. Das Isotopen monitoring ist nicht nur in Deutschland ein anerkanntes Verfahren, sondern wird auch in den USA von der Environmental Protection Agency (EPA) empfohlen.

Richnow und Meckenstock sind die Pioniere auf diesem Gebiet. Sie haben in den vergangenen 15 Jahren ein neues Forschungsfeld aufgebaut - von der Grundidee bis hin zur Anwendung in der Praxis: Ende der 1990er Jahre arbeitete Richnow als junger wissenschaftlicher Mitarbeiter mit stabilen Isotopen als Markersubstanz und stieß bei seinen Versuchen auf Unstimmigkeiten im Abbauverhalten dieser Stoffe. In diesem Zusammenhang fiel ihm sofort das Prinzip der Isotopenfraktionierung bei der Photosynthese ein. Dabei greifen Pflanzen zur Herstellung von Zuckermolekülen bevorzugt auf Kohlendioxid (CO2) mit leichten 12C-Isotopen zurück, da sie es mit weniger Energieaufwand verwerten können als die schwereren 13 C-Isotope. "Ich habe dann eins und eins zusammengezählt und vermutet, dass das Prinzip vielleicht auch auf Abbauprozesse übertragbar sein könnte", sagt Richnow. Gemeinsam mit Rainer Meckenstock führte er kurze Zeit später erste Versuche zur Isotopenfraktionierung von Schadstoffen durch. Heute, 2012, gibt es weltweit sehr viele Forschergruppen, die in dieser Richtung arbeiten.

UFZ-Ansprechpartner:
PD Dr. Hans-Hermann Richnow
Leiter Dept. Isotopenbiogeochemie

e-mail: hans.richnow[at]ufz.de

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Quelle:
UFZ-Spezial Oktober 2012: Chemikalien in der Umwelt, S. 21
Herausgeber:
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Januar 2013