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PFLANZEN/139: Süßholz - Arzneipflanze des Jahres 2012 (Unser Wald)


Unser Wald - 3. Ausgabe, Mai/Juni 2012
Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

Süßholz - Arzneipflanze des Jahres 2012

von Norbert Lagoni



"Süßholz raspeln" - diese volkstümliche Redewendung - bedeutet so viel wie "sich einschmeicheln, beliebt machen". Schon in der Antike und später in der Volksheilkunde dienten zerkleinerte und geraspelte Süßholzwurzeln zur Linderung von Sodbrennen, Husten und Heiserkeit.

Demnach "schmeichelt" ein kräftiger Schluck gelblichen Wurzelsuds oder Süßholztee dem Gaumen und Rachen und macht aus einer rauen eine einschmeichelnde, welche Stimme.

Süßholz genießt vielfältige Beachtung
Der Studienkreis "Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde" der Universität Würzburg, zusammen mit Experten des WWF, hat das Süßholz zur Arzneipflanze 2012 gekürt. Der botanische Name Glycyrrhiza glabra L. hat seinen Ursprung im Altgriechischen: ,glykeia' bedeutet süß und ,rhiza' steht für Wurzel. Trivialnamen wie: Hustenwurzel, Süße Wurzel oder Lakritzenwurzel haben Eingang in die Umgangssprache gefunden.

Botanische Merkmale
Die Pflanze gehört zur Familie der Schmetterlingsblütengewächse (Fabaceae). Die mehrjährige Staude erreicht eine Wuchshöhe bis zu einem Meter und kommt in unterschiedlichen Varietäten vor. Markant sind die blau-lila bis violett gefärbten Schmetterlingsblüten. In Europa findet die Blüte im Hochsommer statt. Drei bis sechs nierenförmige Samen sind in unbehaarten Fruchthülsen eingebettet.

Vorkommen - Anbau - Ernte
Die unterschiedlichen Süßholzarten findet man wild wachsend im südlichen und südöstlichen Europa (Mittelmeerraum) sowie in West- und Südostasien. Die Pflanze gedeiht gut an sonnigen Stellen und bevorzugt lockeren Boden. In Südfrankreich, Italien und auf der Iberischen Halbinsel wird plantagenartiger Arzneipflanzenanbau betrieben. Sammel-, und Erntezeit sind die Monate September/Oktober, wenn sich die Pflanze in der Ruhephase befindet. Das Rhizom ("Wurzelstock") wird ausgegraben, gewaschen, in größere Stücke geschnitten, getrocknet und in Glasgefäßen gelagert.

Eigenschaften und pflanzliche Inhaltsstoffe
Für den menschlichen Genuss ist der eingedickte Wurzelsaft vielseitig verwendbar. Verdünnt wirkt dieser erfrischend, durstlöschend, entzündungshemmend und lösend, was für die breite traditionelle Verwendung spricht. Süßholzwurzeln beinhalten eine Vielzahl an Inhaltsstoffen, so konnten bislang etwa vierhundert sekundäre Pflanzenstoffe nachgewiesen werden. Herausragend ist der Gehalt an Glycyrrhizin, das etwa die 50fache Süßkraft von Rohrzucker (Saccharose) besitzt.

Süßholz in Pharmazie und Medizin
Schon unseren Ahnen dienten Abkochungen zerkleinerter Süßholzwurzeln als Tee zur Behandlung von Husten, Heiserkeit, Asthma und Brustschmerzen. Innerlich wirkt Süßholz beruhigend, bei Husten krampflösend; bei Magen-Darm-Entzündungen lindert Süßholztee oft die Beschwerden. Im Handel sind therapeutisch-wirksame Teemischungen, Extrakte für Instant-Tees und Kautabletten sowie Lösungen als Tropfenpräparate erhältlich.

Ohne Süßholzwurzel keine Lakritz-Süßwaren
Süßholzwurzeln sind der Ausgangstoff für die Lakritz-Herstellung. Traditionell wird aus den frischen, zerkleinerten Wurzeln durch Auskochen und langsames Eindicken bis hin zu einer zähflüssigen Konsistenz, ein spezifischer Süßholzsaft gewonnen. Durch das Herstellungsverfahren bildet sich so das typische Lakritz-Aroma aus. Die Genussmittelindustrie nutzt die außergewöhnliche Süße zur Herstellung der weltweit beliebten Lakritz-Süßwaren und Salmiak-Pastillen.

Allein in Deutschland werden jährlich etwa 100 Tonnen Süßholzwurzeln für Tee- und Lakritz-Produkte verarbeitet. Süßholz hat eine jahrtausendalte Tradition als Heilpflanze, das fordert von allen Beteiligten einen nachhaltigen Umgang mit der interessanten Arzneipflanze 2012.

Autor
Dr. Norbert Lagoni
ist Vorstandsmitglied in der SDW Bayern;
E-Mail: nlagoni[at]t-online.de

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Quelle:
Unser Wald - Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, S. 18
3. Ausgabe, Mai/Juni 2012
Herausgeber:
Bundesverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V., Bonn
Redaktion: Meckenheimer Allee 79, 53115 Bonn
Telefon: 0228 / 945 98 30, Fax: 0228 / 945 98 33
E-Mail: unser-wald@sdw.de
Internet: http://www.sdw.de
 
Erscheinungsweise: zweimonatlich
Bezugspreis: Jahresabonnement 17,50 Euro
einschl. Versandkosten und 7% MwSt.
Einzelheft: Preis 3,- Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. August 2012