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INSEKTEN/170: Kleine Königslibelle wiederentdeckt - seit Jahrzehnten verschollen (NABU SH)


NABU Landesverband Schleswig-Holstein - 22. Juni 2010

Kleine Königslibelle wiederentdeckt

Seit Jahrzehnten verschollene Art taucht in der Region Plön wieder auf


22. Juni 2010: Seit Jahrzehnten gilt die Kleine Königslibelle Anax parthenope in Schleswig-Holstein als verschollen, nun konnte für die zuletzt im Zeitraum bis 1974 in einzelnen Exemplaren beobachtete, seltene Art 2010 in der Region Plön wahrscheinlich eine erfolgreiche Vermehrung nachgewiesen werden.

Die Kleine Königslibelle ist eine Wärme liebende Art, die in Südeuropa, Nordafrika und quer durch Asien bis China und Japan weit verbreitet vorkommt. In Mitteleuropa war sie früher schon immer eher selten und nur lokal vertreten. Schwerpunktvorkommen waren dabei die brandenburgischen Seenketten, Bayern und Baden-Württemberg. Aus Schleswig-Holstein datieren die wenigen Meldungen aus der Zeit bis 1974. Dabei wurden die letzten Tiere noch in der Plöner Region beobachtet. Erstmals nach fast 35 Jahren kompletten Fehlens wurden allerdings einzelne, möglicherweise jedoch nur eingeflogene Tiere schon 2004 und 2009 am Stocksee (SE) und bei Itzehoe (IZ) beobachtet. Frau Jekel, eine begeisterte Libellenbeobachterin aus der holsteinischen Schweiz, entdeckte nun im Jahr 2009 ein neues Vorkommen, das sie vor wenigen Tagen erneut bestätigen konnte. Damit liegt der erste Nachweis für Schleswig-Holstein vor, der wieder auf eine erfolgreiche Vermehrung der Art schließen lässt.

Schleswig-Holsteins Libellen-Experten warteten jedoch schon seit 10 Jahren auf ihr Wiederauftreten. Die Kleine Königslibelle hatte nach dem Krieg weite Teile des mitteleuropäischen Areals komplett geräumt, wird aber seit etwa 15 Jahren im Zuge einer neuerlichen Ausbreitung in ganz Mitteleuropa wieder verstärkt beobachtet. So ist die große Libelle in den ostdeutschen Seenlandschaften heute wieder nahezu flächendeckend verbreitet.

Einige Experten glaubten allerdings nie wirklich an ein vollständiges "Verschwinden", sondern gingen immer davon aus, dass an den Seen Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns die Art in geringer Dichte den Jahrzehnte langen Rückgang möglicherweise überdauert hat. Aus Brandenburg war sie nachweislich nie vollständig verschwunden. Ob die Art also nur wiederentdeckt wurde, oder aber erst durch den Klimawandel wieder eingewandert ist, lässt sich nun mit letzter Sicherheit nicht eindeutig klären.


Lebensraum

Die Kleine Königslibelle, die trotz ihres Namens mit einer Flügelspannweite von 9,5 bis 11 cm zu den größten Libellenarten Deutschlands gehört, besiedelt größere Seen und Teiche mit Schilfröhrichten, Schwimmblattzonen und gut ausgebildeter Unterwasservegetation. Sie ist an ihrer nördlichen Verbreitungsgrenze an nährstoffärmere Gewässer mit viel Laichkraut- oder Tausendblattbeständen gebunden. In der Plöner Region weisen einige Seen solch gut strukturierte Uferzonen mit Unterwasservegetation auf. In den letzten 20 Jahren hat sich nach der Inbetriebnahme von Kläranlagen an den Seen insbesondere die Wasserqualität deutlich verbessert. Die Kleine Königslibelle sucht in der hügeligen, von zahlreichen Knicks durchzogenen Landschaft gezielt windgeschützte und besonnte, warme Uferabschnitte der Seen auf, wo sie intensiv Fluginsekten erbeutet. Am Wasser fliegen die Tiere ausdauernd abseits vom Ufer meist vor der Schilfzone und sind somit schwer zu beobachten. Die zahlreichen Seen und die abwechslungsreiche Landschaft der Holsteinischen Schweiz bieten heute zahlreiche Möglichkeiten für die Kleine Königslibelle.


Erfolgreiches Libellen-Projekt des NABU

Mit viel Geduld gelang es Frau Jekel, die Kleine Königslibelle zu fotografieren und der NABU-Landesstelle Wasser in Plön zu melden. Im Winter hatte die NABU-Landesstelle Wasser im Rahmen eines von der Umweltlotterie BINGO geförderten Projektes zum Beobachten von Libellen aufgerufen. Die wunderschönen und großen Insekten laden zur Beobachtung ein. Dabei vermitteln sie mit ihren Lebensraumansprüchen ein vertieftes Wissen um den ökologischen Zustand unserer Gewässer.

Die Resonanz nach diesem Aufruf ist bis heute lebhaft. Vor allem der Hinweis auf das Beobachten von Libellen am Gartenteich und die Möglichkeit, Libellen fotografisch nachzuweisen, stießen auf reges Interesse. So meldeten sich beim NABU mehrfach Bürger, die überwiegend aus Interesse zur Fotografie Libellen beobachteten. Der Umstand, dass ihre Beobachtungen auch für die Wissenschaft von Interesse sind, trug zur zusätzlichen Motivation bei.

Alle gemeldeten Beobachtungen werden in die Datenbank des Landes eingespeist und finden dann Eingang in die Verbreitungsatlanten der Libellen Schleswig-Holsteins und Deutschlands. Wissenschaftliche Gesellschaften, wie die GdO - die Gesellschaft der deutschsprachigen Odonatologen - arbeiten intensiv an der Erstellung von einem Verbreitungsatlas der Libellen. Auf Vorträgen und zahlreichen Exkursionen im ganzen Land hat der Biologe Thomas Behrends von der NABU Landesstelle Wasser in die Beobachtung und Bestimmung von Libellen eingeführt. Mit Fernglas, Kescher und Bestimmungsliteratur hatten zahlreiche Teilnehmer Gelegenheit, die Tiere aus nächster Nähe zu beobachten und zu fotografieren.


Libellen weiterhin melden!

Trotz ungünstigem Witterungsverlauf im Frühjahr ist das Libellenjahr noch lange nicht vorbei, denn 2010 verlagert sich die Flugzeit der Libellen bis weit in den Sommer hinein. Viele Frühjahrsarten fliegen erst jetzt an ihren Gewässern. So bleibt noch viel Zeit, Libellen zu beobachten. Der NABU bietet dabei an, bei unsicheren Beobachtungen mit Hinweisen auf Bestimmungsliteratur oder mit einer Exkursion vor Ort zu helfen.

Kontakt
Thomas Behrends
Tel. 04321-7839082

Der Kormoran braucht Freunde! - www.Kormoranfreunde.de

NABU-Aktion "Stunde der Gartenvögel" - www.gartenvoegel-sh.de


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Quelle:
Presseinformation, 22. Juni 2010
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Schleswig-Holstein
Färberstr. 51, 24534 Neumünster
Tel.: 04321/53734, Fax: 04321/59 81
E-mail: info@NABU-SH.de
Internet: www.NABU-SH.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2010