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INITIATIVE/369: Deutsche Umwelthilfe unterstützt Initiative für besseren Schutz von Haien in der EU (DUH)


Deutsche Umwelthilfe e.V. - 14. Oktober 2010

Deutsche Umwelthilfe unterstützt Initiative für besseren Schutz von Haien in der EU

Mitglieder des Europäischen Parlaments verlangen umfassende Regelung des Finnings von Haien - Meeresbiologe Boris Worm prangert grausame und verschwenderische Fischereipraxis bei Haien an - Deutsche Umwelthilfe fordert als Mitglied der Shark Alliance lückenlosen Schutz der Haie in Europa.


Berlin, 14.10.2010: Abgeordnete aus Frankreich, Großbritannien, Finnland und Rumänien haben im Europäischen Parlament (EP) eine Initiative gestartet, um die grausame Fangpraxis des so genannten Finnings bei Haien effektiver als bisher einzudämmen. Bei dieser Methode werden die Haiflossen unmittelbar nach dem Fang auf See abgetrennt. Auf dem Weltmarkt erzielen sie hohe Preise und werden vorwiegend in asiatischen Ländern als Delikatesse ("Haifischflossensuppe") verzehrt. Die verstümmelten und schwimmunfähigen Tiere werden im Meer entsorgt und verenden.

Die Abgeordneten Jean-Paul Besset (Grüne), Chris Davies (Liberale), Sirpa Pietikäinen (Christdemokraten) und Daciana Octavia Sârbu (Sozialdemokraten) fordern, dass die Europäische Kommission bis Februar 2011, zwei Jahre nach Verabschiedung des Europäischen Hai-Aktionsplans, einen Vorschlag für ein EU-weites Verbot des Abtrennens von Flossen an Bord unterbreitet. "Die Deutsche Umwelthilfe begrüßt und unterstützt diese wichtige Initiative aus dem Europäischen Parlament", sagt Ulrich Stöcker, der Leiter des Bereichs Naturschutz der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) und fordert die Bundesregierung zur Unterstützung auf: "Die Regierung sollte ihr ganzes politisches Gewicht in der EU nutzen, um endlich ein wirklich wirksames Finning-Verbot auf den Weg zu bringen."

Die aktuell geltende Regulierung des Finnings innerhalb der EU gilt als eine der schwächsten und unwirksamsten weltweit. Das grundsätzliche Verbot enthält weit reichende Ausnahmeregelungen, die eine effektive Durchsetzung bisher verhindern. Der einfachste Weg, die Wirksamkeit des Finning-Verbots zu steigern, ist nach Überzeugung der Initiatoren im EP und der DUH, die Fischer zu verpflichten, die gefangenen Haie als ganze Körper - mitsamt ihren Flossen - anzulanden.

Anlässlich eines von der DUH im Rahmen der European Shark Week 2010 veranstalteten Vortragsabends wies der renommierte Meeresbiologe Dr. Boris Worm von der Dalhousie University (Halifax, Kanada) in Berlin eindringlich auf die weltweite Bedrohung der Haie hin. Worm berichtete, dass bereits 32 Prozent aller bekannten Haiarten vom Aussterben bedroht seien: "Die Praxis des Finnings verschärft die Situation und trägt erheblich zum weiteren Rückgang der Haibestände bei", sagt Worm. Es sei "ein Unding, dass die Vermarktung von Haiflossen heute überhaupt noch erlaubt ist."

Als so genannte Top-Prädatoren stehen die Haie in der Nahrungskette der Weltmeere ganz oben. Die Wissenschaft geht deshalb davon aus, dass größere Haiarten die Bestände ihrer Beutefische und damit Artenzusammensetzung und Gleichgewicht ganzer Meeresökosysteme erheblich beeinflussen. Die meisten Haiarten sind außerordentlich anfällig gegenüber Überfischung, da sie langsam wachsen, erst spät geschlechtsreif werden und jeweils nur wenige Jungtiere hervorbringen. So dauert die Trächtigkeit des in Nord- und Ostsee vorkommenden Dornhais knapp zwei Jahre. Heringshaie bringen pro Wurf nur etwa vier Jungtiere zur Welt. Die diesjährige Haiwoche nutzen zahlreiche Nicht-Regierungsorganisationen, um die grausame Praxis des Finnings einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Ziel ist unter anderem, dass Bürgerinnen und Bürger in Europas ihre Abgeordneten direkt auffordern, das 'Augenmerk aufs Finning' zu legen und dabei zu helfen, diese Praxis mittelfristig ganz abzuschaffen. Dazu wurde eine Möglichkeit geschaffen, sich unter www.sharkalliance.org direkt über das Internet an die EU-Parlamentarier zu wenden.

"Das Finning und die Bedrohung der Haie insgesamt ist kein allein asiatisches Problem", betont Stöcker. "Auch in Europa können Bürgerinnen und Bürger aktiv zum Schutz der Haie beitragen, indem sie zum Beispiel an der Fischtheke oder im Urlaub auf Schillerlocken und Seeaal verzichten". Bisher wüssten leider die wenigsten Konsumenten, dass es sich hierbei um Hai-Produkte handelt.


Hintergrund

Die vier Europaabgeordneten haben ihre Initiative zum Haischutz in Form einer Schriftlichen Erklärung gestartet. Eine Schriftliche Erklärung ist ein Verfahren des Europäischen Parlaments, im Zuge dessen die MdEPs einen Text vorlegen, der von ihren Mitparlamentariern unterzeichnet werden muss. Schriftliche Erklärungen können eingesetzt werden, um Debatten über ein Thema mit EU-Zuständigkeit anzustoßen. Wird die Schriftliche Erklärung von der Mehrheit der MdEPs unterzeichnet (in diesem Fall bis zum 20. Dezember 2010), dann wird sie in der Plenarsitzung des Parlaments beschlossen und an die Kommission weitergeleitet, die derzeit die EU-Verordnung über das Finning bei Haien überarbeitet.

Den Wortlaut der Schriftlichen Erklärung (Nr. 71/2010) finden Sie hier:
www.europarl.europa.eu/activities/plenary/writtenDecl/wdFastOngoing.do?language=EN

Die darin geforderte Methode, Haie anzulanden, ohne zuvor ihre Flossen abzutrennen, ist in mittelamerikanischen Ländern und in Teilen des australischen und nordamerikanischen Fischereisektors üblich. Die Anlandung von Haien mit Flossen beendet nicht nur die Praxis des Finnings, sondern sie bietet auch wesentlich verbesserte Informationen über die gefangenen Arten, die für die Ermittlung der Population benötigt werden.


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Quelle:
DUH-Pressemitteilung, 14.10.2010
Deutsche Umwelthilfe e.V.
Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell
Tel.: 0 77 32/99 95-0, Fax: 0 77 32/99 95-77
E-Mail: info@duh.de
Internet: www.duh.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2010