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ATOM/715: BI Umweltschutz findet weitere Hinweise auf politische Einflußnahme (BI Lüchow-Dannenberg)


Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V. - Pressemitteilung vom 28. August 2009

PTB-Berichte 1983

BI Umweltschutz findet weitere Hinweise auf politische Einflussnahme:
"Eignungshöffigkeit frei erfunden"


Das Atomforum hat nach Presseberichten die Eignung Gorlebens bekräftigt. "Das ist ein Witz", kontert die Bürgerinitiative Umweltschutz (BI) Lüchow-Dannenberg, denn ein Genehmigungsverfahren hat es nie gegeben. Der Hinweis auf die "Eignungshöffigkeit", die in der Tat auch in den sogenannten "Atomkompromiss", der Vereinbarung zwischen Rot/Grün und der Atomwirtschaft, im Jahr 2000 Eingang gefunden hatte, helfe erst recht nicht weiter. "Wir können nun nachweisen, dass dieser Begriff der damaligen Fachbehörde diktiert wurde, um Gorleben zu realisieren, trotz geologischer Bedenken", sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.

Das späte Eingeständnis der Bundesumweltministers Sigmar Gabriel, Gorleben sei tot, werde im Wendland mit Skepsis aufgenommen. Ehmke: "Wir führen keinen Wahlkampf. Wir sind um Sachaufklärung bemüht und messen Politiker nicht an ihren Worten, sondern an ihren Taten. Außerdem sind wir lebendig, das werden wir auf am 5. September in Berlin mit dem Treck und der Kundgebung unter Beweis stellen."

Unterdessen unterfüttert die BI den Nachweis, dass die behauptete "Eignungshöffigkeit" Gorlebens frei erfunden wurde, mit weiteren Details aus den internen Papieren der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) aus dem Jahr 1983.

Aufgenommen wurde nämlich entgegen der Vorlage vom 5.5.83 am Tag darauf auch eine Passage zu den geplanten Schachtansatzpunkten zum Bau eines Endlagerbergwerks. In der Zweitfassung des PTB-Berichts, in dem plötzlich von einer "Eignungshöffigkeit" des Salzstocks Gorleben die Rede ist, heiße es wörtlich: "Durch je eine Schachtvorbohrung an den beiden vorgesehenen Schachtansatzpunkten konnte im Salzgebirge über die gesamt Schachtteufe das Vorhandensein von für das Schachtabteufen besonders geeigneten Salzschichten nachgewiesen werden, die eine optimale Standfestigkeit der Schächte gewährleisten." Dieser Passus fehle im ersten Entwurf. "Daraus lässt sich schließen, dass auch das Abteufen der Schächte durchgedrückt werden sollte", vermutet die BI.

Zur Erinnerung: Nach dem Kabinettsbeschluss der Kohl-Regierung vom 13.07.1983, für den die PTB die fachliche - und nachweislich politisch manipulierte - Vorlage geliefert hatte, begann das Abteufen des ersten Schachts am 17. März 1987. Im Gefrierverfahren wurde der Schacht niedergebracht. Doch am 12. Mai 1987 löste sich schlagartig ein 1,5 Tonnen schwerer Ausbauring aus Stahl aus seiner Verankerung und stürzte aus einer Höhe von 5 Metern auf die Schachtsole in einer Ausbautiefe von 239 Metern. Ein Bergmann erlag seinen schweren Verletzungen, andere wurden zum Teil schwer verletzt. Zur Sicherung des Schachts wurde Magerbeton in den Schacht gekippt, zwanzig Monate dauerte es, bis die Teufarbeiten am 2. Januar 1989 wieder aufgenommen wurden.

Der Gebirgsdruck war trotz des Gefrierverfahrens im Übergangsbereich Deckgebirge - Salzstock so stark, dass - vermutlich in Verbindung mit einem Schweißfehler - der Stahlring dem Gebirgsdruck nicht mehr standhielt und abstürzte. Im Nachhinein wurden bei der Fortsetzung der Teufarbeiten weitere Stahlringe als "Krücke" für den Schacht eingebaut. Zuvor hatte es immer wieder Wassereinbrüche gegeben.

"Schon ein Jahr nach Baubeginn wurde die fachliche Expertise der PTB - "besonders geeignet " - durch den schweren Unfall konterkariert," unterstreicht BI- Sprecher Wolfgang Ehmke. "Wir fragen: Wer aus Bonn intervenierte 1983, wer ließ diesen Passus zum Schachtabteufen einfügen? Und was ist von der fachlichen Expertise der PTB zu halten?"


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Quelle:
Pressemitteilung, 28.08.2009
Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.
Rosenstr. 20, 29439 Lüchow
Tel. 05841/46 84, Fax: 05841/31 97
Internet: www.bi-luechow-dannenberg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2009