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TIERVERSUCH/664: Hersteller - Tierversuchsfrei oder nicht? (tierrechte)


tierrechte 3.15 - Nr. 72, September 2015
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V

Hersteller: Tierversuchsfrei oder nicht?


Genaugenommen gibt es keine wirklich tierversuchsfreien Haushaltsprodukte, denn letztlich wurde jeder Inhaltsstoff irgendwann einmal im Tierversuch getestet. Auch bei vegan oder tierversuchsfrei zertifizierten Produkten handelt es sich letztlich nur um eine relative Tierversuchsfreiheit. Um Ihnen dennoch eine Orientierung zu geben, haben wir die wichtigsten Hersteller befragt.


Der Hersteller der bekannten Frosch-Produkte Werner & Merz legt bei der Frosch-Serie besonderen Wert auf deren Umweltfreundlichkeit. Die Produkte sollen z. B. pH-neutral und zu 98 Prozent biologisch abbaubar sein. Die meisten Produkte bestehen nach Angabe des Herstellers aus altbewährten Substanzen, die nicht mehr an Tieren getestet werden müssen. Das Unternehmen gibt zudem an, dass es keine Tierversuche durchführt und auch keine Aufträge für Tierversuche an Dritte vergibt. Zudem seien alle Frosch-Produkte vegan, d.h. sie enthalten keine tierischen Inhaltsstoffe. Als "vegan" gekennzeichnet ist jedoch nur ein Baby Wäsche-Spüler, da, so der Hersteller, die meisten herkömmlichen Weichspüler kationische Tenside auf tierischer Basis enthalten.


Hersteller haben großes Interesse an tierversuchsfreien Verfahren

Die Firma Henkel lässt ihre Produkte zwar nicht als "vegan" oder "tierversuchsfrei" zertifizieren, der deutsche Marktführer für Wasch- und Reinigungsmittel, befasst sich jedoch intensiv mit der Entwicklung von tierversuchsfreien Verfahren. Bei der eigens dafür gegründeten Phenion GmbH untersuchen mehr als 50 Mitarbeiter chemische Stoffe in Zellkultursystemen, Hautmodellen und Probandentests. Drei In-vitro-Methoden wurden von Henkel entwickelt und in die OECD-Richtlinien aufgenommen.(*) Damit sind diese Methoden auch in anderen toxikologischen Bereichen anwendbar.


Tierversuchsfrei: Strenge Vorgaben und Kontrollen

Der belgische Konzern Ecover kennzeichnet seine Produkte mit dem springenden Kaninchen-Label von Cruelty-Free International. Um dieses Siegel verwenden zu dürfen, muss der Hersteller nachweisen, dass alle seine Produkte und Inhaltsstoffe tierversuchsfrei sind. Dies betrifft sämtliche Inhaltsstoffe, Komponenten und Mischungen. Es wird ein Stichtag vereinbart, ab dem Produkte oder Inhaltsstoffe nicht mehr an Tieren getestet werden dürfen (cut-off-Datum). Darüber hinaus muss Ecover nachweisen, dass es ein effektives Lieferanten- Beobachtungssystem eingerichtet hat. Im ersten Jahr nach der Zertifizierung werden die Firmen durch einen unabhängigen Prüfer kontrolliert, danach alle drei Jahre. Die Zertifizierung muss jedes Jahr erneuert werden.


Vegan heißt tierversuchsfrei

Ein weiterer Hersteller von Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln ist Sodasan - eine Marke, die wie Ecover hauptsächlich in Biomärkten angeboten wird. Das Unternehmen hat alle Produkte mit Ausnahme von Gallseife mit der Veganblume als "vegan" zertifizieren lassen. Die Veganblume wird von der Vegan Society vergeben. Um das Label zu tragen, müssen die Hersteller nachweisen, dass Tierversuche weder für das Produkt noch für die Inhaltsstoffe durchgeführt wurden, auch nicht über die Zulieferer. Selbstverständlich dürfen keine tierischen Hilfsstoffe verwendet werden, weder als Produkt, noch als Beiprodukt oder Derivat. Aus Sicht des Unternehmens impliziert die Vegan-Blume automatisch, dass ein Produkt auch tierversuchsfrei ist.


Es gibt nur eine relative Tierversuchsfreiheit

Wie eingangs beschrieben, gibt es bei allem Produkten immer nur eine relative Tierversuchsfreiheit, da letztlich jeder Inhaltsstoff irgendwann einmal im Tierversuch getestet wurde. Doch es macht natürlich einen Unterschied, ob es sich um altbewährte Inhaltsstoffe handelt, für die vor Jahrzehnten Versuche am Tier durchgeführt wurden oder ob ein neuer Wirkstoff an Tieren getestet wird, nur damit ein Hersteller mit einer vermeintlichen Innovation auf den Markt kommen kann. Firmen wie Ecover oder Sodasan bemühen sich besonders, die Tierversuchsfreiheit ihrer Produkte zu dokumentieren. Das heißt jedoch nicht automatisch, dass für Produkte von Henkel oder aus der Frosch-Serie Tiere leiden mussten, nur weil sie nicht zertifiziert sind. Am Beispiel Henkel wird zudem deutlich, dass der Hersteller intensiv an der Entwicklung tierversuchsfreier Verfahren arbeitet. Viele konventionellen Hersteller nutzen ebenfalls altbewährte Substanzen, die nicht mehr an Tieren getestet werden müssen. Die Hersteller sind dabei selbst in einer schwierigen Situation, denn sie müssen garantieren, dass ihre Produkte sicher sind. Grundsätzlich sollten altbewährte, vegane und wenig komplexe Produkte oder Hausmittel bevorzugt werden. Um den Herstellern zu zeigen, dass Ihnen als Konsument die Tierversuchsfreiheit wichtig ist, ist es sinnvoll, die Firmen darauf hinzuweisen.


(*) Der In-vitro Skin Absorption (Penetrationstest), der In-Vitro 3T3 NRU Phototoxicity Test und die Isolated Chicken Eye Testmethode (ICE). Da Test- und Bewertungsstrategie-Kombinationen (sogenannte integrierte Teststrategien) immer bedeutender werden, setzt sich Henkel dafür ein, die derzeit sehr langwierige Anerkennung von tierversuchsfreien Methoden zu beschleunigen. Zudem ist das Unternehmen Mitglied bei der Europäischen Partnerschaft für alternative Ansätze zu Tierversuchen (EPAA), ein Zusammenschluss von EU-Kommission, Industrieverbänden und Unternehmen.


Das springende Kaninchen wird von der Coalition for Consumer Information on Cosmetics (CCIC) für tierversuchsfreie Produkte vergeben. Die Kriterien unterliegen dem "Human Household Product Standard (HHPS)".

Die Veganblume wird von der Vegan Society England vergeben. Es garantiert, dass das Produkt nicht am Tier getestet wurde und stellt sicher, dass es keinerlei tierische Bestandteile enthält.

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Quelle:
tierrechte 3.15 - Nr. 72/September 2015, S. 13
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
eMail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de
 
tierrechte erscheint viermal jährlich.
Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2015

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