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TIERVERSUCH/419: Gießener Wissenschaftler mit Tierschutz-Forschungspreis ausgezeichnet (idw)


Justus-Liebig-Universität Gießen - 16.04.2009 1

Gießener Wissenschaftler mit hochdotiertem Tierschutz-Forschungspreis ausgezeichnet

Prof. Dr. Hanno Würbel wird am 23. April in München der Felix-Wankel-Tierschutz-Forschungspreis verliehen - 30.000 Euro Preisgeld


Wissenschaftliche Grundlagen zur Lösung von Tierschutzproblemen in der Tierhaltung und im Tierversuch zu liefern - das ist das Ziel von Prof. Dr. Hanno Würbel, Professor für Tierschutz und Ethologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU). Würbels Forschung zu diesem Thema wird nun erneut mit einem Preis gewürdigt: Für seine Arbeit zur "Verbesserung der Aussagekraft von Tierversuchen durch systematische Umweltvariation" erhält Prof. Würbel den Felix-Wankel-Tierschutz-Forschungspreis 2009.

Der mit 30.000 Euro dotierte Preis ist der älteste Tierschutzforschungspreis im deutschsprachigen Raum und auch international hoch angesehen. Er wird durch die Ludwig-Maximilians-Universität München in der Regel alle zwei Jahre für hervorragende wissenschaftliche Arbeiten zum Tierschutz verliehen. Die Preisverleihung erfolgt am 23. April 2009 im Rahmen einer akademischen Feier in München.

Mit seiner preisgekrönten Arbeit hat Prof. Würbel - entgegen der bislang akzeptierten Lehrmeinung - nachgewiesen, dass die Standardisierung von Umweltbedingungen die Aussagekraft und Reproduzierbarkeit von Tierversuchen beeinträchtigt. Er konnte zeigen, dass vielmehr die systematische Variation von Umweltbedingungen bei Tierversuchen zu aussagekräftigeren und besser reproduzierbaren Ergebnissen führt. Damit lassen sich Wiederholungsversuche zur Verifizierung der Ergebnisse vermeiden, wodurch unzählige Versuchstiere eingespart werden können. Die Arbeit ist in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature Methods publiziert.

Würbels Befunde kommen einem Paradigmenwechsel gleich, wurde die Standardisierung doch bislang als Mittel zur Minimierung der Versuchstierzahlen propagiert. Dies kam daher, dass Standardisierung die Versuchstiere eines Tierversuchs homogener macht und damit die Variation in den Ergebnissen eines Tierversuchs verringert. Als Folge davon können Tierversuche mit kleineren Stichproben, das heißt mit weniger Tieren durchgeführt werden. Doch Würbel konnte zeigen, dass dieser Nutzen der Standardisierung zutiefst trügerisch ist, weil er mit einem Verlust an Aussagekraft erkauft wird. "Im schlimmsten Fall", so Würbel, "verkehrt sich der vermeintliche Nutzen einer geringeren Stichprobengröße in eine Verschwendung der Tiere für nicht aussagekräftige Versuche. Dies ist weder ethisch noch wissenschaftlich vertretbar." Mit der Methode von Prof. Würbel lassen sich letztlich mit weniger Versuchstieren auf Anhieb aussagekräftigere Ergebnisse erzielen.

Hanno Würbel ist Schweizer, studierte Biologie an der Universität Bern und promovierte an der ETH Zürich. Bereits in seiner Promotion beschäftigte er sich mit haltungsbedingten Verhaltensstörungen bei Labormäusen. Seit 2002 hat er die Professur für Tierschutz und Ethologie an der JLU inne. Schwerpunkte seiner Forschung sind Studien zur Verhaltensentwicklung von Tieren, zur artgemäßen Tierhaltung und zur Verbesserung der Aussagekraft von Tierversuchen. Vor einigen Jahren konnte er zeigen, dass eine artgerechte Haltung von Labormäusen möglich ist, ohne die Präzision und Reproduzierbarkeit von Tierversuchen zu beeinträchtigen. Für diese Arbeit wurde Prof. Würbel 2005 mit dem Tierschutzforschungspreis des Landes Hessen ausgezeichnet.

Prof. Würbels Forschung trägt maßgeblich dazu bei, die Tierschutzrichtlinien für Tierversuche umzusetzen, die eine Verringerung, eine Verfeinerung und einen Ersatz fordern (auch bekannt als 3R: reduction, refinement, replacement).

Publikation:
Richter, S. Helene, Garner, Joseph P. & Würbel, Hanno. Environmental standardization: cure or cause of poor reproducibility? Nature Methods, Vol. 6 No. 4, April 2009, pp. 257-261.

Weitere Informationen unter:
http://www.felix-wankel-forschungspreis.de
http://www.uni-giessen.de/cms/fbz/fb10/institute_klinikum/klinikum/tierschutz

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution217


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Justus-Liebig-Universität Gießen, Lisa Dittrich, 16.04.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. April 2009