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POLITIK/685: Ungelöste Probleme, wohin man schaut (tierrechte)


tierrechte 1.13 - Nr. 62, März 2013
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Katzen, Leguane, Wildschweine und Hunderte mehr
Ungelöste Probleme, wohin man schaut

Von Stephanie Elsner



Der Platz dieses Schwerpunkt-Teils reicht nicht aus, um alle Tierschutz-Probleme in unserem Land und das Verhalten der Politik zu beleuchten. Natürlich obliegt die Beseitigung von Missständen nicht allein der Bundespolitik, da Zuständigkeiten auch bei Ländern, Kommunen und last but not least der EU liegen. Doch das Verhalten der Bundesregierung gibt enorm den Takt an. Wir wollen noch ein paar Bereiche streifen.

Das Tierschutzgesetz musste zwar wegen der Umsetzung der EU-Tierversuchsrichtlinie geöffnet werden, aber das war die Chance, um viele andere drängende Tierschutz-Probleme gleich mit zu regeln. So hatte auch der Bundesrat gefordert, den Gesetzentwurf der Regierung in fast 50 Einzelpunkten nachzubessern, aber die Merkel-Regierung ignorierte dies. Auch hatte sie Art und Umfang der Änderungen des Tierschutzgesetzes so gewählt, dass der Bundesrat den Änderungen nicht zustimmen musste. Der Bundesrat hatte u.a. verlangt, nicht gegen die EU-Tierversuchsrichtlinie zu verstoßen. Vor allem hatte sich die Länderkammer für klare Verbotsreglungen zu markanten Tierschutzthemen ausgesprochen, wie z. B. dem Klonen von Tieren in der Landwirtschaft, der "Pelztier"-Haltung, dem Verkauf von Wildtieren auf Tierbörsen und ihrer Nutzung in Zirkussen, bestimmter Rodeopraktiken, der Qualzucht und dem Heißbrand von Pferden. Für die Tiere bleibt damit nicht nur vieles beim Alten, sondern größere Leiden sind vorprogrammiert - denke man allein an die Opfer von Klon-Experimenten oder den boomenden Markt der Reptilien- bzw. exotischen Tierhaltung.

Umgesetzt hat die Regierung jedoch, Sex mit Tieren (Sodomie oder Zoophilie genannt) zu verbieten und mit bis zu 25.000 Euro Bußgeld zu ahnden. Hierbei muss künftig keine Verletzung oder Verhaltensstörung mehr nachgewiesen werden, die Gefährdung des Tieres genügt. Das ist zwar großartig und überfällig, aber erscheint eher wie ein Manöver, um von den millionenfachen Tierschutzverstößen in der Agrarindustrie oder den oben genannten Bereichen abzulenken. Die Bundesregierung hat jetzt auch im geänderten Tierschutzgesetz (Paragraph 13b) eine Verordnungsermächtigung für die Bundesländer zum Schutz frei lebender Katzen festgeschrieben, d. h. zur Kastrationsverpflichtung für Freigängerkatzen. Unklar ist uns, warum nicht im Tierschutzgesetz selbst Regelungsmaßnahmen festgeschrieben wurden. Das hätte bundesweite Wirkung und effektive Hilfe bedeutet, jetzt entsteht maximal ein Flickenteppich (siehe auch tierrechte 3.12, S. 16).

Unbedingt ist auch die Novellierung des Bundesjagdgesetzes zu erwähnen. Tier- und Naturschutzverbände fordern seit Jahrzehnten eine Reform, denn es basiert noch auf dem Reichsjagdgesetz von 1934, ist völlig veraltet und erlaubt u.a. tierschutzwidrige Jagdmethoden wie die Fallenjagd, die Jagdhundeausbildung an lebenden Tieren, die Tötung von bedrohten Tierarten und den Abschuss von Haustieren. Ein EU-Urteil machte nun eine Überarbeitung des Gesetzes unumgänglich: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte im Juni 2012 wegweisend entschieden, dass Grundstückseigentümer die Jagd auf ihrem Grund und die Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften aus ethischen Gründen nicht mehr uneingeschränkt dulden müssen. Das Bundesministerium (BMELV) legte im Dezember einen Gesetzentwurf vor, der das Urteil umsetzen sollte. Doch der Entwurf torpediert es vielmehr. Mit diversen Regelungen wie einem aufwendigen Verfahren, in dem der Antragsteller "seine ethischen Motive" glaubhaft machen soll, durch die Androhung von Entschädigungszahlungen oder der anteiligen Übernahme von Wildschäden sollen Jagdgegner abgeschreckt werden, das Verbot zu erwirken. Deutlicher kann das Einknicken vor der Jägerlobby doch wohl nicht demonstriert werden.

Die "Taktfrequenz" für den Tierschutz muss endlich spürbar durch die Bundespolitik erhöht werden. Schwarz-Gelb hat das Gegenteil getan und Erde verbrannt.

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Quelle:
tierrechte 1.13 - Nr. 62/März 2013, S. 13
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. April 2013