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PROFI/679: Weltergewicht - Wiederauferstehung einer Legende ... (SB)



Manny Pacquiao gewinnt vorzeitig gegen Lucas Matthysse

Manny Pacquiao, Weltmeister in acht verschiedenen Gewichtsklassen und eine Legende des Boxsports, hat Lucas Matthysse überzeugend in die Schranken gewiesen und seinen ersten vorzeitigen Sieg seit 2009 erzielt. Der Philippiner behielt bei ihrem Kampf in Kuala Lumpur in der siebten Runde die Oberhand und nahm dem Argentinier den zweitrangigen Titel des regulären WBA-Weltmeisters im Weltergewicht ab. Während Pacquiao damit seine Bilanz auf 60 Siege, sieben Niederlagen sowie zwei Unentschieden ausbauen konnte, stehen für den entthronten Champion nun 39 gewonnene und fünf verlorene Auftritte zu Buche. [1]

Der 39jährige Philippiner schickte seinen Gegner im Verlauf des Kampf dreimal auf die Bretter. In der überlegen geführten dritten Runde erzielte er mit dem Uppercut einen Niederschlag, in der fünften war es eine Rechte gegen die Schläfe. Im folgenden Durchgang versetzte Pacquiao dem Kontrahenten mit dem Jab und linken Uppercuts weitere heftige Treffer, so daß sich ein nahes Ende abzeichnete. Als der vier Jahre jüngere Argentinier schließlich in der siebten Runde abermals zu Boden gehen mußte, nahm ihn Ringrichter Kenny Bayless unverzüglich aus dem Kampf.

Wie Pacquiao in einer ersten Stellungnahme sagte, sei Matthysse ein Gegner von gefährlicher Schlagwirkung. Daher habe er die Fäuste stets oben gehalten und sein Bestes gegeben. Ihn überrasche indessen, daß ihm gegen den bekanntermaßen zähen Argentinier ein vorzeitiger Sieg gelungen sei. Er habe hart für diesen Kampf trainiert und sei konzentriert zu Werke gegangen, ohne etwas zu überstürzen. Lucas Matthysse räumte unumwunden ein, einem großartigen Kämpfer und Champion unterlegen zu sein. Manchmal gewinne man und manchmal verliere man eben, diesmal habe er gegen eine Legende den kürzeren gezogen. Dies sei aber nicht das Ende seiner Tage im Ring. [2]

Bei seinem vorangegangenen Auftritt in Brisbane hatte Manny Pacquiao im Juli 2017 umstritten gegen den Australier Jeff Horn verloren und dabei den Gürtel der WBO eingebüßt. Nach dieser Niederlage trennte er sich von seinem Trainer Freddy Roach, mit dem er 17 Jahre und 34 Kämpfe zusammengearbeitet hatte. Soweit bekannt, hat er nie mit Roach persönlich über die Gründe gesprochen, zu seinem langjährigen Freund und Assistenztrainer Buboy Fernandez zu wechseln. Da der Philippiner überdies vor dem Kampf gegen Matthysse die mit 378 Tagen längste Pause seiner Karriere eingelegt und seit fast neun Jahren keinen Knockout mehr erzielt hatte, war durchaus ungewiß, ob ihn der Argentinier nicht überfordern würde.

Da aber auch Lucas Matthysse den Zenit seines Könnens weit überschritten hat, konnte er dem Philippiner zu keinem Zeitpunkt gefährlich werden. Seitdem er 2015 im Kampf um einen vakanten Titel im Halbweltergewicht in der zehnten Runde gegen Viktor Postol verloren und sich dabei eine schwere Gesichtsverletzung zugezogen hatte, schien er nicht mehr an frühere Leistungen anknüpfen zu können. Nach langer Abwesenheit von 19 Monaten kehrte er zwar erfolgreich zurück und gewann zwei Auftritte in Folge vorzeitig, doch handelte es sich dabei um keine namhaften Gegner. Zudem hatte der Argentinier seit jeher Probleme mit schnellen Rechtsauslegern, wie seine Niederlagen gegen Zab Judah und Devon Alexander gezeigt hatten. Das kam auch im Falle des Philippiners in aller Deutlichkeit zum Tragen.

Seit 23 Jahren im Boxgeschäft aktiv, wirkte Manny Pacquiao im Kampf mit Matthysse erheblich schneller und wirkmächtiger, als man ihn seit langem erlebt hat. Wenngleich er einen besseren Eindruck als bei seinen letzten Auftritten hinterließ, war doch vor allem die Schwäche des Argentiniers für den klaren Ausgang ihres Gefechts entscheidend. Matthysse war langsamer und bot ein relativ statisches Ziel, zumal er auf wirkungsvolle Einzeltreffer setzte, während ihn Pacquiao unablässig zermürbte. Der Argentinier hat den allergrößten Teil seiner Karriere im Halbweltergewicht zugebracht und war ihm körperlich unterlegen. Matthysse gehört von seiner Physis her nicht ins Weltergewicht, wo er mit den führenden Akteuren nie zurecht kam. Er konnte sich den nachrangigen WBA-Titel im Januar nur deswegen sichern, weil er mit Tewa Kiram einen relativ schwachen Kontrahenten vor den Fäusten hatte. Der Argentinier war vordem ein gefürchteter Kontrahent, dessen unermüdlicher Angriffslust und enormer Schlagwirkung kaum jemand standhalten konnte. Er muß nun offensichtlich dem Verschleiß zu vieler Schlachten im Ring Tribut zollen.

Manny Pacquiao hatte eine kluge Wahl getroffen, sich den namhaften, aber gealterten Matthysse zum Gegner auszusuchen. Errol Spence, Keith Thurman, Terence Crawford, Danny Garcia oder Shawn Porter hätten ihn vermutlich aufs sportliche Altenteil geschickt. Nach diesem unerwartet klaren Erfolg dürfte Pacquiaos ehemaliger Promoter Bob Arum von Top Rank wohl auf einen Kampf gegen Wassyl Lomatschenko im Dezember drängen. Dazu müßte der Philippiner allerdings mindestens eine Gewichtsklasse herunterkommen, da der Ukrainer derzeit im Leichtgewicht antritt und man sich in der Mitte treffen könnte. Eine Alternative wäre der ebenfalls bei Arum unter Vertrag stehende Terence Crawford, aktuell WBO-Weltmeister im Weltergewicht. Und sollte Pacquiao auch dieser Option abgeneigt sein, käme noch Jose Ramirez in Frage, der WBC-Champion im Halbweltergewicht. Für ein breiteres Publikum attraktiver wäre natürlich ein Kampf gegen Keith Thurman oder Errol Spence im Weltergewicht, zu dem es aus den genannten Gründen jedoch nicht kommen wird.


Fußnoten:

[1] www.boxingnews24.com/2018/07/manny-pacquiao-vs-lucas-matthysse-results/#more-266747

[2] www.espn.com/boxing/story/_/id/24100683/manny-pacquiao-ko-lucas-matthysse-7th-round-claim-wba-welterweight-title

15. Juli 2018


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