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MELDUNG/2252: Weltergewicht - die beiden haben viel gemeinsam ... (SB)



Adrien Broner und Jessie Vargas trennen sich unentschieden

Adrien Broner und Jessie Vargas waren beide früher Weltmeister im Weltergewicht, haben in jüngerer Zeit ziemlich schlecht ausgesehen und wollten eindrucksvoll auf die Erfolgsspur zurückkehren. Nun verbindet sie eine weitere Gemeinsamkeit in Gestalt eines Unentschiedens, mit dem sie sich überhaupt nicht anfreunden konnten. Vor 13.964 Zuschauern im Barclays Center in Brooklyn lieferten sie einander einen turbulenten Kampf, der von den Punktrichtern nahezu ausgeglichen gewertet wurde (115:113, 114:114, 114:114). Während für Broner damit 33 Siege, drei Niederlagen sowie ein Unentschieden zu Buche stehen, hat Vargas 28 Auftritte gewonnen, zwei verloren und zwei unentschieden geboxt.

Der 28jährige Jessie Vargas machte geraume Zeit die bessere Figur, schlug häufiger und traf zunächst klarer als sein gleichaltriger Gegner, der jedoch gegen Ende immer besser zur Geltung kam und den Rückstand wettmachte. Nachdem Vargas acht Runden lang eine gute Vorstellung gegeben hatte, schien Broner im neunten Durchgang endlich aufzuwachen. Er landete einen gewaltigen Uppercut wie auch etliche weitere Treffer und erhöhte in der folgenden Runde den Druck. Vargas revanchierte sich mit einigen Körperschlägen und war auch in den letzten beiden Durchgängen auf der Hut, doch schien Broner mit seiner offensiven Kampfesweise die Punktrichter mehr zu beeindrucken. Alles in allem war es ein ausgeglichenes Duell, wobei Adrien Broner als der prominentere Akteur lediglich demonstrieren konnte, daß er einem Kontrahenten gewachsen ist, der eher am Ende der zehn besten Akteure dieser Gewichtsklasse als in den vorderen Rängen einzustufen ist.

Vargas boxt nicht in derselben Liga wie Errol Spence, Keith Thurman, Terence Crawford, Shawn Porter und Danny Garcia, selbst der Brite Amir Khan dürfte eine Nummer zu groß für ihn sein. Broner könnte natürlich zu seinen Gunsten anführen, daß er ein Halbweltergewichtler ist, wobei er auch im niedrigeren Limit jede Menge Probleme mit gefährlichen Gegnern wie Regis Prograis und Jose Ramirez bekommen würde. Er schlägt schlichtweg zu wenig und nicht wirkungsvoll genug, um sich in dieser Gewichtsregion durchsetzen zu können. Noch ist der Sender Showtime bereit, in Anbetracht Broners noch nicht aufgezehrter Popularität seine Auftritte zu übertragen, auch wenn er gegen hochklassige Kontrahenten jedesmal den kürzeren zieht. Das dürfte sich jedoch in absehbarer Zeit ändern, da der Ruf des früheren Weltmeisters in vier verschiedenen Gewichtsklassen verblaßt. [1]

Noch im Ring dankte Broner dem Gegner, der nicht umsonst Champion in zwei Gewichtsklassen gewesen sei und sich an diesem Abend zum Kampf gestellt habe. Unter dem Strich sei das Ergebnis jedoch ein Geschenk an Vargas, dem man nicht mehr als fünf Runden zusprechen könne. Er selbst habe sich großartig gefühlt, anfangs aufgewärmt und dann das Geschehen dominiert. Auch Vargas war der Überzeugung, mehr als genug für den Sieg getan zu haben, doch respektierte er die Entscheidung der Punktrichter. Er habe zunächst aus der Distanz, dann aber enger am Gegner geboxt und dessen Körper häufig getroffen, gegen Ende vor allem die Konterchance gesucht.

Jessie Vargas, der früher Champion im Halbwelter - und Weltergewicht gewesen war, hatte zuletzt mit einem hochklassigen Gegner im Ring gestanden, als er im November 2016 vorzeitig gegen den Philippiner Manny Pacquiao verlor, der ihm dabei den WBO-Titel abnahm. Danach legte der in Las Vegas lebende Vargas eine lange Pause von dreizehn Monaten ein, bis er im Dezember 2017 einen Aufbaukampf gegen Aaron Herrera gewann, der sämtliche Runden abgeben mußte. Das war ein gelungener Auftakt der Zusammenarbeit mit seinem neuen Trainer Mike McCallum, die sich nun in einem respektablen Auftritt fortsetzte, auch wenn es nach Einschätzung der Punktrichter nicht zum Sieg reichte.

Nach der Niederlage gegen Mikey Garcia im Juli 2017 hatte sich Broner von seinem langjährigen Trainer Mike Stafford getrennt und mit Kevin Cunningham in West Palm Beach zusammengetan. Auch Cunningham ist ein erfahrener und renommierter Vertreter seiner Zunft, hat er doch unter anderem Cory Spinks und Devon Alexander zu Weltmeisterehren geführt. Broner war in den leichteren Limits so erfolgreich, daß er zeitweise sogar als potentieller Nachfolger Floyd Mayweathers gehandelt wurde. Während dieser jedoch bis ins Halbmittelgewicht hinauf dominiert hatte, konnte sich Broner bereits im Weltergewicht nicht mehr durchsetzen, wo ihm der Argentinier Marcos Maidana 2013 die erste Niederlage beibrachte. Zwei Jahre später mußte er sich auch Shawn Porter geschlagen geben und im Sommer 2017 zog er gegen Mikey Garcia den kürzeren.

Damit stand fest, daß Broner im Weltergewicht auf keinen grünen Zweig kommen würde und dringend seine Kampfesweise überarbeiten mußte, um weiter im Geschäft zu bleiben. Gegen Vargas boxte er engagierter als in seinem vorangegangenen Auftritt, doch konnte man nur bedingt von einer Handschrift seines neuen Trainers sprechen. Cunningham war zwar der Überzeugung, daß sein Boxer gewonnen habe, räumte aber ein, daß er sich mehr Kombinationen Broners gewünscht hätte. Dieser habe in der Anfangsphase zu viele Runden abgegeben und insgesamt nicht genug getan, um den Gegner vorzeitig oder wenigstens klar nach Punkten zu besiegen. [2]

Mit seiner Börse von einer Million Dollar konnte Broner doppelt so viel wie sein Gegner einstreichen, der noch im Ring eine Revanche ins Gespräch brachte. Die Zuschauer in Brooklyn seien zwölf Runden lang auf ihre Kosten gekommen, so daß sich eine zweite Auflage geradezu aufdränge. Diesem Wunsch schloß sich Broner augenblicklich mit dem Vorschlag an, den Rückkampf bei ihm zu Hause in Cincinnati auszutragen.


Fußnoten:

[1] www.boxingnews24.com/2018/04/adrien-broner-vs-jessie-vargas-results/#more-261473

[2] www.espn.com/boxing/story/_/id/23281640/adrien-broner-jessie-vargas-fight-majority-draw

26. April 2018


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