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MELDUNG/2241: Schwergewicht - Coup gründlich mißlungen ... (SB)



Alexander Powetkin schickt David Price auf die Bretter

Im Vorprogramm des Titelkampfs der Weltmeister Anthony Joshua und Joseph Parker in Cardiff, der mit einem Punktsieg des Briten endete, traf Alexander Powetkin auf David Price. Der Russe war vor Jahren regulärer Weltmeister der WBA im Schwergewicht, während es sein Gegner zum Britischen und Commonwealth-Champion gebracht hatte. In der dritten Runde schien der 38jährige Powetkin seiner Favoritenstellung frühzeitig gerecht zu werden, als er den vier Jahre jüngeren und wesentlich größeren Briten mit einer wuchtigen Rechten zum Kopf auf die Bretter schickte. Price, der für schwache Nehmerqualitäten bekannt ist, kam jedoch nicht nur wieder die Beine, sondern ging seinerseits auf den Gegner los, den er mit mehreren Schlägen und einem abschließenden linken Haken in die Seile taumeln ließ.

Ringrichter Howard John Foster wertete diese Aktion als Niederschlag, da der Russe sichtlich angeschlagen war und nur von den Seilen aufrecht gehalten wurde. Der Brite setzte jedoch im folgenden Durchgang nicht nach, sondern beschränkte sich weitgehend auf seine Deckung, als habe ihn seine vorangegangene Offensive völlig erschöpft. So ließ sich Price die Gelegenheit entgehen, für eine Sensation zu sorgen und seiner Karriere noch einmal einen neuen Schub zu verleihen. Powetkin bestrafte ihn in der fünften Runde mit einer gewaltigen Rechten, nach der Price wie eingefroren stehenblieb, gefolgt von einem linken Haken, der ihn zu Boden stürzen ließ. Daraufhin erklärte der Referee den Kampf nach 1:02 Minuten der Runde für beendet.

Powetkin baute seine Bilanz aus 34 Siege und eine Niederlage aus, für Price stehen nun 22 Siege und fünf Niederlagen zu Buche. Der Brite sollte seine Karriere beenden, da sich abermals erwiesen hat, daß er keine schweren Treffer mehr verkraften kann. Überdies läßt seine Kondition derart zu wünschen übrig, daß er bei Fortsetzung seiner Laufbahn akute Gefahr liefe, weitere schwere Niederschläge hinnehmen zu müssen, die seine gesundheitliche Verfassung auf Dauer zu beeinträchtigen drohten.

Hingegen hat der Russe dank der Annahme dieses Kampfs und des Erfolgs seine Ausgangsposition deutlich verbessert, einen Titelkampf gegen Anthony Joshua oder ersatzweise einen anderen namhaften Gegner vor die Fäuste zu bekommen. Powetkin hatte sich auf das Duell in Cardiff eingelassen, obgleich Price im Grunde kein relevanter Gegner für ihn war, weil er beim Verband WBA Pflichtherausforderer Anthony Joshuas ist. Mit seinem Auftritt in der walisischen Metropole wollte er sich beim britischen Publikum ins Gespräch bringen und für einen Kampf gegen Joshua womöglich noch vor Ende des Jahre empfehlen. David Price war nicht chancenlos, dem Kontrahenten diesen Status abzujagen, aber letzten Endes doch nicht in der Lage, den erhofften Coup zu vollenden.

Dabei hinterließ Alexander Powetkin an diesem Abend in Cardiff keineswegs einen rundum überzeugenden Eindruck, wie insbesondere die für ihn äußerst kritische Situation in der dritten Runde zeigte. Hätte er in dieser Szene Anthony Joshua oder dem WBC-Weltmeister Deontay Wilder gegenübergestanden, wäre er mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den Brettern gelandet und ausgezählt worden. Der Russe ist schlichtweg zu klein für diese Riesen und offenbar aus Altersgründen inzwischen auch nicht mehr in der Lage, seine körperlichen Nachteile mit boxerischen Mitteln zu kompensieren. Auch der Kubaner Luis Ortiz, der Brite Dillian Whyte oder der Amerikaner Jarrell Miller hätten ihn in dieser Verfassung wohl überfordert. [1]

Powetkin, der in seiner Karriere bislang nur gegen Wladimir Klitschko verloren hat, der damals noch in Bestform zu boxen verstand, hat durchaus etliche namhafte Kontrahenten besiegt. Bedauerlicherweise fiel sein geplanter Titelkampf gegen Deontay Wilder, der 2016 in Moskau stattfinden sollte, ins Wasser, da der Russe kurz zuvor bei einer Trainingskontrolle der Antidopingagentur VADA positiv auf Spuren einer verbotenen Substanz getestet worden war. Ob er dem WBC-Champion Paroli geboten hätte, ist zwar fraglich, doch stand damals ein attraktiver Kampf zu erwarten, in dem wohl auch der Lokalmatador Akzente gesetzt hätte. Davon abgesehen hatte dessen Promoter Andrej Riabinskij die Versteigerung der Austragungsrechte mit einem ungewöhnlich hohen Gebot für sich entschieden, so daß beide Boxer eine millionenschwere Börse bekommen hätten.

Seither scheint Alexander Powetkin nachgelassen zu haben. Er ist insbesondere langsamer geworden und schlägt zumeist nicht mehr mit der gleichen Wirkung wie in der Vergangenheit. Dies zeigte sich Mitte Dezember 2017, als er Ekaterinburg eine Qualifikation gegen den Rumänen Christian Hammer gewann. Er war dem beim Hamburger Promoter Erol Ceylan unter Vertrag stehenden Rumänen zwar boxerisch überlegen, vermochte jedoch den wesentlich schwereren Gegner mit seinen Schlägen nicht nachhaltig zu beeindrucken. Umgekehrt geriet Powetkin heftig ins Stolpern, als er beispielsweise kurz Ende der vierten Runde einen Volltreffer einstecken mußte. Anthony Joshua bringt kaum weniger als Hammer auf die Waage, kann aber wesentlich wirksamer als der Rumäne zuschlagen. Daher könnte der Russe im Falle eines Titelkampfs gegen den Briten zwar eine Menge Geld verdienen, aber den Ring kaum als Sieger verlassen.


Fußnote:

[1] www.boxingnews24.com/2018/03/alexander-povetkin-vs-david-price-results/#more-260085

5. April 2018


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