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MELDUNG/2168: Connor McGregor lästert über die Konkurrenz (SB)



Werbung um jeden Preis für das Spektakel mit Mayweather

Kein Tag vergeht ohne Neuigkeiten aus dem Munde Floyd Mayweathers und Connor McGregors, die unablässig Werbung für ihren Kampf am 26. August in der offenbar noch immer nicht ausverkauften T-Mobile Arena in Las Vegas machen. Insbesondere der Ire füttert die Medien laufend mit Einschätzungen seines Gegners und diverser weiterer namhafter Boxer, um sich permanent ins Gespräch zu bringen. Nach seiner inszenierten oder tatsächlichen Kontroverse mit Paulie Malignaggi, der erbost das Camp McGregors verlassen hat und nicht mehr als Sparringspartner zur Verfügung steht, hat der prominenteste Repräsentant der Mixed Martial Arts nun Gennadi Golowkin und Saul "Canelo" Alvarez verbal aufs Korn genommen, die drei Wochen später am selben Schauplatz aufeinandertreffen.

Beide sind seines Erachtens keineswegs die Crème de la Crème der Branche, während er voller Hochachtung von leichteren Boxern wie Guillermo Rigondeaux (Superbantamgewicht) und Wassyl Lomatschenko (Superfedergewicht) spricht. Die beiden sollten gegeneinander antreten, um zu klären, wer von beiden der Bessere sei. Hingegen sei "Canelo" zu plattfüßig und leicht zu treffen, meint der Ire. Er kämpfe unbeweglich und müsse jede Menge Jabs einstecken. Zu Golowkin fällt ihm indessen nicht allzu viel ein, außer daß er das Trainingslager zur Vorbereitung auf seinen Kampf gegen Saul Alvarez in schlechter körperlicher Verfassung angetreten habe. Woher der Ire das wissen will, ließ er tunlichst offen.

Daß McGregor nicht den Hauch einer Chance gegen "Canelo" und Golowkin hätte, liegt auf der Hand, zumal beide erheblich schwerer als er sind. Dem Iren geht es natürlich auch gar nicht darum, einen Kampf gegen einen von beiden ins Auge zu fassen, da er sich lediglich ihrer Namen bedient, um die Medien weiter mit Stoff zu versorgen. Er ist erfahren genug, um Floyd Mayweather nicht zu unterschätzen, auch wenn er verkündet, nach spätestes zwei Runden werde alles erledigt sein. Nachdem ursprünglich alle Boxexperten der Auffassung waren, McGregor sei Mayweather in einem regulären Boxkampf aussichtslos unterlegen, haben es die beiden Unterhaltungskünstler inzwischen geschafft, diese Einschätzung ins Wanken zu bringen und das Interesse an ihrem Duell anzuheizen.

Was die Aussagen des Iren zu den anderen von genannten Boxern betrifft, sind sie zum überwiegenden Teil keineswegs aus der Luft gegriffen. So sind Lomatschenko und Rigondeaux zweifellos außergewöhnliche Akteure, die längst wesentlich populärer wären, wenn sie in etwas höheren Gewichtsklassen antreten würden. Da der Ukrainer fast 30 Jahre alt ist, kann er sich nicht mehr allzu viel Zeit lassen, um gefährliche und namhafte Kontrahenten anzugehen. Der erfolgreichste Amateurboxer aller Zeiten hat noch nicht viele Profikämpfe bestritten, ist aber bereits Weltmeister in zwei Limits geworden. Zu Anfang nahm er sich mit Orlando Salido und Gary Russell zwei sehr gefährliche Rivalen vor, worauf er bei Miguel Marriaga, Jason Sosa, Nicholas Walters und Roman Martinez leichteres Spiel hatte. Daraus abzuleiten, er gehe kein Risiko mehr ein, steht in Widerspruch zu seiner erklärten Absicht, es mit jedem aufzunehmen. [1]

Natürlich wären die oftmals genannten Guillermo Rigondeaux und Mikey Garcia die derzeit prominentesten und gefährlichsten Gegner für ihn. Er müßte jedoch für den einen in einer niedrigeren Gewichtsklasse antreten und für den anderen weiter aufsteigen. Beides will wohlbedacht sein, wobei ein Abstieg ohnehin keinen Sinn machen würde. Davon abgesehen, was Lomatschenko im Sinn hat, darf man nicht vergessen, daß er bei Top Rank unter Vertrag steht. Da Promoter Bob Arum stets versucht, nur Boxer gegeneinander antreten zu lassen, die er beide unter Vertrag hat oder zumindest nicht mit einem verfeindeten Konkurrenten assoziiert sind, von denen der 86jährige viele hat, könnte auch das eine Bremse für die weitere Karriere Wassyl Lomatschenkos sein.

Was Connor McGregor an "Canelo" Alvarez kritisiert, trifft durchaus zu. Der Mexikaner ist nicht besonders agil und sollte daher für Gennadi Golowkin eine gut zu treffende Zielscheibe abgeben. Was jedoch die Mutmaßung betrifft, der Kasache habe zwischen seinen Auftritten sehr viel Gewicht zugelegt, das er um den Preis des Substanzverlusts mühsam abbauen müsse, bleibt erst einmal abzuwarten, was er dieser Tage beim obligatorischen Wiegen auf die Waage bringt, das der Verband WBC 30 Tage vor einem Kampf vorschreibt. Die Hoffnung im gegnerischen Lager, der Kasache müsse am Ende zwangsweise abkochen und werde deshalb physisch geschwächt in den Ring steigen, könnte sich als bloßer Strohhalm erweisen, an den sich "Canelos" Team klammert.

Saul Alvarez hat mit dem Manöver, nach dem offiziellen Wiegen am Vortag des Kampfs durch nächtliches Rehydrieren enorm viel Gewicht zuzulegen, seit geraumer Zeit seine durchweg körperlich unterlegenen Gegner von vornherein ins Hintertreffen gebracht. Ob Golowkin am Abend ihres Kampfes wie bislang angenommen tatsächlich schwerer als der Mexikaner ist, muß sich erst noch erweisen. Daß der Kasache inzwischen von vielen Experten erheblich kritischer als in der Vergangenheit gesehen wird und man ihm gar erste Alterserscheinungen attestiert, hängt nicht nur mit blankem Opportunismus oder US-amerikanischem Lokalpatriotismus zusammen, der im Zweifelsfall eher einen Mexikaner als einen Kasachen einvernimmt.

Die besonderen Qualitäten Golowkins wurden selten sachkundig analysiert, wenn man ihm lediglich attestierte, er habe mörderischen Dampf in den Fäusten. Solange er alle Kämpfe vorzeitig gewann, war die Welt vordergründiger Einschätzungen in Ordnung. Bei seinem Sieg über Kell Brook in London mehrten sich Stimmen, Golowkin habe sichtlich nachgelassen, weil er von dem Briten getroffen worden sei. Tatsächlich hatte der Kasache seinem Gegner bereits in der ersten Runde einen Bruch am Augenbogen zugefügt, der später maßgeblich zur Aufgabe durch Brooks Trainer führte. Nachdem der Brite in der zweiten Runde eine gute Figur gemacht hatte, lief er von der dritten an überwiegend davon, bis er in der fünften am Ende war. Dennoch lag er bei den Punktrichtern in Front, was auf ein krasses Fehlurteil hinausgelaufen wäre, hätte Golowkin nicht für klare Verhältnisse gesorgt.

Als der Kasache dann gegen Daniel Jacobs erstmals seit 2008 wieder über die volle Distanz gehen mußte, um zu gewinnen, rief dies weitere Kritiker auf den Plan. Golowkin sei eben auch nur ein Mensch, den man besiegen könne. Die spürbare Erleichterung der Konkurrenz verwandelte sich über Nacht in die Fehleinschätzung, daß Jacobs im Grunde gewonnen habe. Nun faßten auch "Canelo" und sein Promoter Oscar de la Hoya, die den unbesiegten Kasachen zwei Jahre lang gemieden hatten, plötzlich Mut und zimmerten den Kampf gegen ihn im September zusammen. Dann wird sich zeigen, ob "GGG" tatsächlich schon auf dem absteigenden Ast ist oder den Mexikaner samt allen Kritikern eines Besseren belehren kann.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/08/mcgregor-not-impressed-golovkin-canelo/#more-240518

13. August 2017


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