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MELDUNG/2020: Auch das Kleingedruckte gilt (SB)



Santa Cruz drängt auf sofortige Revanche gegen Frampton

Seit wenigen Tagen ist Carl Frampton neuer WBA-Weltmeister im Federgewicht. Der in 23 Kämpfen ungeschlagene Nordire setzte sich im Barclays Center in Brooklyn nach Punkten gegen Leo Santa Cruz durch, der erstmals in seiner Profikarriere den kürzeren gezogen hat. Als aufmerksamer Beobachter saß Lee Selby am Ring, der im Mai 2015 den IBF-Titel gewonnen und seither zweimal erfolgreich verteidigt hat. Der Waliser, für den 23 Siege und eine Niederlage zu Buche stehen, würde sich gern mit Frampton messen, um die beiden Gürtel zusammenzuführen. Die Wertschätzung beruht offenbar auf Gegenseitigkeit, da auch der Nordire großes Interesse an einem Kampf mit diesem Gegner bekundete, dem er höchsten Respekt zolle. [1]

Weltmeister der WBO in dieser Gewichtsklasse ist der Mexikaner Oscar Valdez, den Gürtel des Verbands WBC hat derzeit Gary Russell jun. aus den USA im Besitz. Frampton und sein Manager Barry McGuigan wären wohl auch einem Vereinigungskampf gegen Russell nicht abgeneigt, während die Signale hinsichtlich einer Revanche mit Leo Santa Cruz eher widersprüchlich anmuten. Nach dessen Titelverlust am vergangenen Wochenende waren die Meinungen geteilt, was die Wertung der Punktrichter betrifft. Um die Frage zu klären, wer von beiden der bessere Boxer ist, wäre daher ein Rückkampf, wie ihn Santa Cruz fordert, durchaus wünschenswert.

Wie schon in seinem vorangegangenen Kampf gegen den Engländer Scott Quigg gab Frampton auch im Duell mit Santa Cruz nur in den ersten sechs Runden den Ton an, während er in der zweiten Hälfte ins Hintertreffen geriet. Als der Kalifornier begann, ihm den Weg abzuschneiden und den Schlagabtausch aufzuzwingen, wurde es eng für den Nordiren. Die Selbstkritik des entthronten Champions, er habe es unterlassen, den Gegner frühzeitig unter Druck zu setzen, bringt das letztlich kampfentscheidende Versäumnis auf den Punkt. Sollte es zu einer zweiten Auseinandersetzung kommen und Leo Santa Cruz die naheliegenden taktischen Konsequenzen ziehen, hätte er gute Aussichten, sich den Gürtel zurückzuholen.

Wenngleich Frampton im Hochgefühl seines Sieges versicherte, er sei zu einer Revanche bereit und würde diesen hochklassigen Gegner am liebsten seinen Landsleuten in Belfast vorstellen, hörten sich die nachfolgenden Äußerungen seines Teams hinsichtlich eines Rückkampfs wesentlich verhaltener an. Lee Selby wäre zweifellos eine leichter zu lösende Aufgabe als Leo Santa Cruz, der Frampton den Titel wieder abnehmen könnte, bevor er die Ernte seiner neugewonnenen Aufwertung als Weltmeister eingefahren hat. [2]

Obgleich verschiedene Medien berichteten, der Vertrag zwischen den beiden Lagern habe eine Rückkampfklausel enthalten, die Santa Cruz in Anspruch nehmen könne, erklärte Framptons Teams recht vage, man gehe nicht von einer solchen Vereinbarung aus. Die sarkastische Anmerkung einiger Kommentatoren, da habe wohl jemand das Kleingedruckte übersehen, spielte auf die Verwirrung stiftende Wortwahl der Nordiren an, die natürlich am besten wissen müßten, ob eine solche Klausel ausgehandelt wurde oder nicht. [2]

Jose Santa Cruz, der Vater und Trainer des gestrauchelten Boxers, ist der festen Überzeugung, daß sein Sohn den Kampf gegen Carl Frampton gewonnen habe. Aus diesem Grund strebe man eine Revanche an. Leo habe hinterher mit seinem Berater Al Haymon gesprochen, der ihm bestätigen konnte, daß der Vertrag eine Rückkampfklausel enthielt. Unter diesen Umständen fordere man eine sofortige Revanche, die in drei Monaten in Los Angeles oder Las Vegas ausgetragen werden könnte. [3]

Sollte damit die offenkundige Meinungsverschiedenheit ausgeräumt sein, zerschlügen sich Framptons Pläne, vor großer Kulisse und für eine stattliche Börse in England gegen Lee Selby anzutreten. Für Santa Cruz ist es von vordringlichem Interesse, den Rückkampf nicht erst irgendwann im nächsten Jahr auszutragen. Zum einen stünde er im Falle einer Verzögerung vor dem Problem, die Zwischenzeit zu überbrücken, zum anderen könnte Frampton den Titel unterdessen an einen anderen Rivalen wie Lee Selby, Gary Russell oder Oscar Valdez verlieren, was die Revanche entwerten würde.

Man kann wohl davon ausgehen, daß der Rückkampf entweder in Belfast oder erneut in New York über die Bühne gehen wird, wo sich Carl Frampton der Unterstützung einer irischstämmigen Fangemeinde sicher sein kann. So verständlich der Wunsch im Lager des Gegners sein mag, in Los Angeles oder Las Vegas anzutreten, werden sich Carl Frampton und Barry McGuigan nicht darauf einlassen. Würde die Revanche im Südwesten der USA ausgetragen, hätte Santa Cruz das Publikum auf seiner Seite. In Brooklyn feuerten die Fans des Nordiren ihren Favoriten unablässig mit lautstarken Sprechchören und Schlachtgesängen an. Daß jeder seiner Schläge wie ein Volltreffer bejubelt wurde, dürfte Eindruck auf die Punktrichter gemacht haben. Leo Santa Cruz stand jedenfalls mit seinem Einwand nicht allein, daß der Sieg der Herausforderers im Barclays Center nicht zuletzt auf die Stimmung zugunsten Framptons zurückzuführen war.


Fußnoten:

[1] http://www.espn.com/blog/dan-rafael/post/_/id/16462/notes-frampton-selby-interested-in-unification-showdown

[2] http://www.boxingnews24.com/2016/08/frampton-may-need-fight-santa-cruz-next/#more-214383

[3] http://www.boxingnews24.com/2016/08/santa-cruzs-father-son-didnt-lose-frampton/#more-214423

4. August 2016


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