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MELDUNG/1968: Dramaturgie heißer Sommernächte (SB)


Vorschau auf ausgewählte Profikämpfe der kommenden Wochen


11. Juni: Roman Martinez gegen Wassyl Lomatschenko

Der Federgewichtler Wassyl Lomatschenko, gefeierter Olympiasieger 2008 und 2012, stellte einen 39 Jahre alten Rekord ein, als er 2014 in seinem dritten Profikampf Weltmeister wurde. Nun eröffnet sich dem Ukrainer die Möglichkeit, in seinem siebten Auftritt unter professionellen Bedingungen einen Titel in einer zweiten Gewichtsklasse zu gewinnen. Lomatschenko steigt ins Superfedergewicht auf, wo er im Theater des New Yorker Madison Square Garden auf Roman Martinez trifft, der den Gürtel der WBO verteidigt.

Lomatschenko sicherte sich im Juni 2014 durch einen Sieg über den zuvor ungeschlagenen Gary Russell den vakanten WBO-Titel im Federgewicht, den er danach dreimal erfolgreich verteidigte. Der 28jährige Rechtsausleger hat fünf Auftritte gewonnen und einen verloren. Für den 33 Jahre alten Puertoricaner Martinez stehen 29 Siege, zwei Niederlagen und drei Unentschieden zu Buche. Er ist damit im Profilager wesentlich erfahrener als der Ukrainer und hat zudem dessen Bezwinger Orlando Salido im April 2015 besiegt. Dabei sicherte er sich den WBO-Titel und verteidigte ihn bei der Revanche, die im September unentschieden endete.

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11. Juni: Ruslan Prowodnikow gegen John Molina

Wenngleich der russische Halbweltergewichtler Ruslan Prowodnikow zwei seiner letzten vier Kämpfe verloren hat, ist er doch in Sieg oder Niederlage stets für einen dramatischen Auftritt gut, wie ihn das Publikum besonders schätzt. Als er 2013 gegen Timothy Bradley den kürzeren zog, wurde dieses Duell vom renommierten Verband der Boxjournalisten später als "Kampf des Jahres" ausgezeichnet. Er gewann den Titel der WBO in einer wahren Schlacht mit Mike Alvarado und verlor ihn umstritten gegen Chris Algieri. Seine knappe Niederlage gegen den Argentinier Lucas Matthysse stand in der engeren Auswahl, als der spektakulärste Kampf des Jahres 2015 gekürt wurde. Mit einer Bilanz von 25 Siegen und vier Niederlagen wird der Russe in der aktuellen WBO-Rangliste an Nummer drei geführt.

Ruslan Prowodnikow trifft in Verona, New York, auf John Molina, dessen offensive Kampfesweise gut zu seiner eigenen passen dürfte und einen weiteren turbulenten Auftritt in Aussicht stellt. Molina, für den 28 gewonnene und sechs verlorene Auftritte zu Buche stehen, mußte sich im "Kampf des Jahres 2014" Lucas Matthysse geschlagen geben. In jüngerer Zeit konnte er keine Bäume ausreißen und hat drei seiner letzten vier Auftritte verloren, wobei er nach der klaren Niederlage gegen Adrien Broner im März 2015 positiv auf eine verbotene Substanz getestet und daraufhin einige Zeit gesperrt wurde.

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25. Juni: Anthony Joshua gegen Dominic Breazeale

Der britische Schwergewichtler Anthony Joshua hat sich für seine erste freiwillige Titelverteidigung den US-Amerikaner Dominic Breazeale ausgesucht. Der in 16 Kämpfen ungeschlagene neue IBF-Weltmeister trifft damit in der Londoner O2 Arena auf einen ebenfalls unbesiegten Herausforderer, der sogar 17 Erfolge vorzuweisen hat. Dennoch gilt Breazeale unter den Optionen des 26jährigen Champions als eine vergleichsweise leicht lösbare Aufgabe, da er noch keinen einzigen namhaften Gegner auf regulärem Weg besiegt hat.

Daß Joshua in nur 16 Kämpfen Weltmeister im Schwergewicht geworden ist, verdankt sich nicht zuletzt dem Umstand, daß er mit Charles Martin den mit Abstand schwächsten Titelverteidiger vor die Fäuste bekam. Dessen Demontage vollzog sich in der O2 Arena binnen zwei Runden, in denen der Titelverteidiger kaum einen Versuch unternahm, der Übermacht des Herausforderers etwas entgegenzusetzen. Der 30 Jahre alte Breazeale hat 15 schwache Gegner besiegt und sich zuletzt mit sehr viel Glück gegen zwei anspruchsvollere Kontrahenten durchgesetzt. Im September 2015 gewann er umstritten nach Punkten gegen Fred Kassi und im Januar war er gegen Amir Mansour auf der Verliererstraße, bis sich der 43jährige nach der fünften Runde aufgrund einer Verletzung zur Aufgabe gezwungen sah.

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25. Juni: Keith Thurman gegen Shawn Porter

Keith Thurman verteidigt den Titel des Verbands WBA im Weltergewicht im Barclays Center in Brooklyn gegen den früheren IBF-Champion Shawn Porter. Der Kampf sollte ursprünglich bereits am 12. März ausgetragen werden, mußte aber wegen einer Verletzung des Weltmeisters verschoben werden. Während der 27jährige Thurman aus Clearwater in Florida in 26 Auftritten ungeschlagen ist, stehen für den ein Jahr älteren Herausforderer aus Las Vegas 26 Siege, eine Niederlage sowie ein Unentschieden zu Buche.

Keith Thurman hat zuletzt im Juli 2015 im Ring gestanden, als er dem Außenseiter Luis Collazo in der fünften Runde das Nachsehen gab. Das war ein ansehnlicher Erfolg, doch leider gegen einen schwachen Herausforderer. Dasselbe galt im Grunde auch für Thurmans vorangegangenen Sieg über Robert Guerrero, der den Zenit seines Könnens längst überschritten hat. Shawn Porter hat sich in seinem letzten Kampf im Juni 2015 souverän gegen Adrien Broner durchgesetzt, den ambitionierten früheren Champion in vier verschiedenen Gewichtsklassen. Broner sah dabei wenig Land und mußte sich nach zwölf einseitigen Runden klar nach Punkten geschlagen geben.

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9. Juli: Tyson Fury gegen Wladimir Klitschko

Der in 25 Kämpfen ungeschlagene Tyson Fury verteidigt in Manchester die Titel der WBA und WBO sowie des kleineren Verbands IBO im Schwergewicht gegen seinen mittlerweile 40 Jahre alten Vorgänger Wladimir Klitschko, für den 64 Siege und vier Niederlagen zu Buche stehen. Nicht zur Disposition steht der Gürtel der IBF, da er Fury aberkannt wurde, nachdem sich dieser mit Blick auf die Revanche gegen Klitschko geweigert hatte, dem Pflichtherausforderer dieses Verbands den Vorzug zu geben.

Wladimir Klitschko wird natürlich versuchen, den Spieß umzudrehen und sich die Gürtel sofort zurückzuholen. Viele Experten waren nach dem ersten Kampf der Auffassung, daß in einer auf ganzer Linie enttäuschenden Vorstellung Fury kaum besser als der paralysiert wirkende Ukrainer gewesen sei. Hätte Klitschko nur ein wenig mutiger und aktiver geboxt, wäre er Punktsieger geworden und damit Weltmeister geblieben. Er hat mehrere Monate lang Zeit gehabt, seine damaligen Probleme zu analysieren, die Gründe der Niederlage herauszuarbeiten und ein anderes Vorgehen zu konzipieren. Sollte es ihm nicht gelingen, sich die Titel wiederzuholen, stünde er wohl am Ende seiner Laufbahn.

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11. Juli: Sergej Kowaljow gegen Isaac Chilemba

Sergej Kowaljow verteidigt seine drei Titel im Halbschwergewicht in Ekaterinburg gegen Isaac Chilemba. Der 33 Jahre alte Weltmeister der Verbände WBA, WBO und IBF tritt bei seiner achten Titelverteidigung erst zum dritten Mal in seiner Profikarriere in Rußland an. Der ungeschlagene Weltmeister, für den 29 Siege und ein Unentschieden zu Buche stehen, hat bei seinem letzten Auftritt am 30. Januar in Montreal auch die Revanche gegen den früheren Champion Jean Pascal gewonnen. Dieser war über weite Strecken klar unterlegen und mußte schließlich in der siebten Runde die Segel streichen.

Der 33jährige Isaac Chilemba stammt ursprünglich aus Malawi und lebt in Südafrika. Er hat 24 Auftritte gewonnen, drei verloren sowie zwei unentschieden abgeschlossen. Chilemba unterlag bei seinem letzten Kampf im November in Montreal dem Lokalmatador Eleider Alvarez nur knapp und umstritten nach Punkten. Damit verlor er einen Ausscheidungskampf, dessen Sieger neuer Pflichtherausforderer des WBC-Weltmeisters Adonis Stevenson wurde. Nun hat ihm seine Promoterin Kathy Duva von Main Events, bei der auch Kowaljow unter Vertrag steht, einen anderen Titelkampf beschafft.

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16. Juli: Arthur Abraham gegen Tim-Robin Lihaug

Der ehemalige WBO-Champion im Supermittelgewicht Arthur Abraham will nach seiner bitteren Niederlage am 9. April in Las Vegas einen neuen Anlauf nehmen. Abraham, der 44 Auftritte gewonnen und fünf verloren hat, trifft in der Max-Schmeling-Halle auf Tim-Robin Lihaug, für den 15 Siege und eine Niederlage notiert sind. Der Berliner hatte seinen Gürtel nach einer desolaten Vorstellung in der Spielerstadt, bei der er keine einzige Runde gewann, an den ungeschlagenen mexikanischen Pflichtherausforderer Gilberto Ramirez verloren. Nun will er es noch einmal wissen und erneut Weltmeister werden, was freilich ein außerordentlich schwieriges Unterfangen sein dürfte.

Für den jungen Norweger Lihaug ist der Kampf gegen Abraham ein Riesenschritt voran, da er es bislang nur mit Kontrahenten zu tun gehabt hat, die wesentlich schwächer als der ehemalige Weltmeister waren. Trotz seiner klaren Außenseiterposition gibt sich der 23jährige zuversichtlich, für eine faustdicke Überraschung sorgen zu können. Mit seinen 36 Jahren habe Abraham bereits diverse Titel gewonnen und jede Menge Geld verdient. Hingegen sei er selbst ein junger und hungriger Boxer, der sich seine Sporen erst noch verdienen wolle, so der Norweger. Das sehe er als seinen Vorteil an, zumal ihm diese Chance alles bedeute.

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23. Juli: Terence Crawford gegen Wiktor Postol

Im MGM Grand in Las Vegas treffen mit Terence Crawford und Wiktor Postol die Weltmeister der Verbände WBO und WBC im Halbweltergewicht aufeinander, die beide bei Promoter Bob Arum unter Vertrag stehen. Der 28jährige Crawford aus Omaha in Nebraska, dessen makellose Bilanz 28 Siege aufweist, verteidigt seinen Titel zum dritten Mal. Ungeschlagen ist auch der vier Jahre ältere Postol, der ebenfalls 28 Gegnern das Nachsehen gegeben hat und von Freddie Roach trainiert wird. Der zeitweise in Los Angeles lebende Ukrainer hat sich im Oktober 2015 den vakanten Titel durch einen spektakulären Sieg in der zehnten Runde gegen den gefährlichen Argentinier Lucas Matthysse gesichert.

Ein ins Auge springender Vorteil Wiktor Postols könnte seine Größe sein, da er mit 1,80 m den 1,73 m messenden Gegner beträchtlich überragt. Es handelt sich zweifellos um einen hochklassigen Kampf, der ein anspruchsvolles Niveau wie auch einen dramatischen Verlauf in Aussicht stellt. Crawford kann auf eine acht Jahre währende Profikarriere zurückblicken, in der Ricky Burns und Yuriorkis Gamboa seine namhaftesten Gegner waren. Postol ist neun Jahre im Geschäft, wobei der Sieg über Matthysse sein bemerkenswertester Erfolg war.

1. Juni 2016


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