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MELDUNG/1927: Irgendwo im Nirgendwo (SB)



Sauerlands Heimspiel - Kubrat Pulew gegen Dereck Chisora

Die Schwergewichtler Kubrat Pulew und Dereck Chisora haben schlechte Erfahrungen mit den Brüdern Klitschko gemacht. Der Brite mußte sich im Jahr 2012 dem aufgrund einer Verletzung nur mit einem gesunden Arm boxenden Vitali Klitschko klar nach Punkten geschlagen geben, und der Bulgare wurde 2014 von Wladimir Klitschko in der fünften Runde spektakulär auf die Bretter geschickt. Zudem waren Pulew und Chisora schon einmal Europameister, und dieser Titel steht erneut zur Disposition, wenn die beiden am 7. Mai in Hamburg aufeinandertreffen. Überdies handelt es sich um eine Qualifikation, deren Sieger im nächsten Schritt um die Position des Pflichtherausforderers kämpfen darf.

Der amtierende IBF-Weltmeister Charles Martin aus den USA verteidigt seinen Titel am 9. April in London gegen den aufstrebenden Briten Anthony Joshua. Wer dabei die Oberhand behält, bekommt es mit dem Pflichtherausforderer zu, der im Kampf zwischen Joseph Parker und Carlos Takam ermittelt wird. Wie diese Konstellation zeigt, ist der Weg zum möglichen Titelgewinn für Pulew und Chisora noch weit und ungewiß.

Dessen ungeachtet kündigt Promoter Kalle Sauerland, bei dem beide Boxer unter Vertrag stehen, das Duell in Hamburg als sportlichen Hochgenuß an, da zwei der namhaftesten Schwergewichtler dabei aufeinanderträfen. Es stehe nicht nur der prestigeträchtige Gürtel des Europameisters auf dem Spiel, sondern auch die Chance, um den IBF-Titel zu kämpfen. Da es in diesem Gefecht um alles oder nichts gehe, sei Spannung garantiert.

Der 34jährige Kubrat Pulew, für den 22 Siege und eine Niederlage zu Buche stehen, legte nach dem Scheitern an Klitschko eine Pause von elf Monaten ein. Seither hat er Kämpfe gegen die nicht allzu gefährlichen Gegner Maurice Harris und Georgia Arias gewonnen. Wie der Bulgare erklärt, habe er beim Kampf gegen Klitschko eine Menge gelernt und fühle sich nun stärker als zuvor. Wenngleich Chisora ein guter Boxer sei, werde er bei ihrem Aufeinandertreffen den kürzeren ziehen. Er freue sich schon darauf, wieder Europameister zu werden, und rechne in Hamburg mit zahlreichen bulgarischen Landsleuten, deren Unterstützung ihn zum Sieg tragen werde. Da er das Zeug zum Weltmeister habe, werde er im zweiten Anlauf seine Chance nutzen. Zunächst konzentriere er sich jedoch voll und ganz auf den Briten, gegen den zu verlieren er sich schlichtweg nicht leisten könne.

Für den 32 Jahre alten Dereck Chisora sind 25 gewonnene und fünf verlorene Auftritte notiert. Er mußte sich 2014 seinem Landsmann Tyson Fury in der zehnten Runde geschlagen geben, der dadurch einen Titelkampf gegen Wladimir Klitschko bekam, den er bekanntlich für sich entscheiden konnte. Chisora hat sich seither leichte Gegner vorgenommen, von denen er fünf in Folge besiegen konnte, vier von ihnen sogar vorzeitig. Der Brite hat Pulew eigenen Angaben zufolge schon geraume Zeit im Visier und respektiert ihn als hervorragenden Athleten. Sobald es jedoch zum Kampf komme, werde er den Bulgaren ausboxen und zermürben. Diese Gelegenheit, sich gegen einen der führenden Schwergewichtler zu beweisen, komme wie gerufen. Er sei in ausgezeichneter körperlicher Verfassung, trainiere härter denn je und sei bereit, mit einem der besten Auftritte seiner gesamten Karriere erneut in Titelnähe vorzudringen. [1]

Für Sauerland Event macht dieses Duell insofern Sinn, als die Veranstaltung ohne Verhandlungen mit einem anderen Promoter in Eigenregie über die Bühne gebracht werden kann. Sollte sich der Kampf als relativ ausgeglichen und attraktiv erweisen, wäre eine Revanche nicht ausgeschlossen. Andererseits ist der Titel des Europameisters eher eine Durchgangsstation für einen jungen und ambitionierten Boxer, während Pulew und Chisora gemessen an ihrem Alter und Karriereverlauf damit eher auf ein Nebengleis steuern. Der Bulgare ist bei den Verbänden WBC (3), IBF (11) und WBA (14) noch recht günstig plaziert, Chisora taucht beim WBC (12) und bei der WBO (12) nicht mehr in den vorderen Rängen auf.

Der körperlich überlegene Pulew geht als Favorit in diesen Kampf, da es Chisora sehr schwer fallen dürfte, mit der Reichweite des Bulgaren zurechtzukommen. Gegen Fury, der freilich noch wesentlich größer als Pulew ist, konnte Chisora so gut wie keinen seinen Schwinger landen, da er nicht an den Gegner herankam. Der Brite versteht es nicht gut, sich an den Kontrahenten heranzuarbeiten und auf der Innenbahn zu schlagen, so daß er auch in diesem Fall auf verlorenem Posten stehen dürfte. Pulew verfügt über einen ausgezeichneten Jab und kommt mit kleineren Gegnern gut klar, zumal Chisora mit dem Kopf voran und weitgezogenen Schlägen zu kämpfen pflegt. Die ungestüme Kampfesweise des Briten dürfte geradezu eine Einladung für den Bulgaren sein. [2]


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/14977089/kubrat-pulev-fight-dereck-chisora-title-elimination-bout

[2] http://www.boxingnews24.com/2016/03/chisora-faces-pulev-may-7-hamburg-germany/#more-206626

18. März 2016


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