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MELDUNG/1913: Große Worte, kleine Taten (SB)



Adrien Broner hat sich Ashley Theophane ausgesucht

Adrien Broner verteidigt den Titel der WBA im Halbweltergewicht am 1. April in Washington D.C. gegen Ashley Theophane. Der 26jährige Weltmeister, für den 31 gewonnene und zwei verlorene Auftritte zu Buche stehen, kündigt einen Spaziergang mit dem neun Jahre älteren Herausforderer an, der 39 Siege, sechs Niederlagen sowie ein Unentschieden auf dem Konto hat. Theophane steigt in der Tat als krasser Außenseiter in den Ring, zumal er in keiner Rangliste der vier maßgeblichen Verbände unter den Top 15 geführt wird und gegen Pablo Cesar Cano, Darren Hamilton, Ali Oubaali und Danny Garcia verloren hat, die mit Ausnahme Garcias erheblich schwächer als Broner einzustufen sind. Wenngleich er seit der Niederlage gegen Cano im Jahr 2013 sechs Kämpfe in Folge für sich entscheiden konnte, ließ die Qualität seiner Gegner doch sehr zu wünschen übrig.

Obgleich kaum jemand bezweifeln dürfte, daß dieser Kampf höchst einseitig verlaufen wird, ist sich Broner nicht zu schade, seinen kommenden Gegner herabzuwürdigen. Als habe er es mit einem gefährlichen Kontrahenten seines Formats zu tun, den er im Vorfeld einzuschüchtern versucht, erweist sich der Champion wie schon so oft in der Vergangenheit auch diesmal als großspuriger und unangenehmer Zeitgenosse.

Warum die WBA diesen Herausforderer akzeptiert, obgleich bei einer freiwilligen Titelverteidigung üblicherweise ein Kandidat aus den Top 15 des jeweiligen Verbands gewählt wird, bleibt ihr Geheimnis. Deshalb kann es nicht überraschen, daß die Ankündigung dieses Kampfs mit harschen Kommentaren durchsetzt ist, die von einer Fehlbesetzung sprechen, mit der sich Broner keinen Gefallen tue. Erlaube man Weltmeistern, sich mit zweit- oder drittklassigen Herausforderern abzugeben, mache man sie zu Totengräbern des Boxsports.

Träfe Ashley Theophane auf Gegner wie Rod Salka oder Carlos Molina, stünde vermutlich ein Duell auf gleicher Augenhöhe mit ungewissem Ausgang zu erwarten, das eine gewisse Spannung verspräche. Ihn jedoch gegen den Weltmeister antreten zu lassen, mutet so abwegig an, daß ein Ärgernis geradezu vorprogrammiert ist. Damit setzt sich die Serie der Geschenke an Adrien Broner fort, der trotz einer Niederlage gegen Shawn Porter um den vakanten WBA-Titel kämpfen durfte. Dabei traf er im Oktober auf den überforderten Chabib Allachwerdijew, der zuvor gegen Jessie Vargas den kürzeren gezogen und danach ein Jahr lang nicht mehr im Ring gestanden hatte. [1]

Broner erzwang den Sieg in der zwölften Runde und kündigte unmittelbar danach an, daß er bei seiner ersten Titelverteidigung gegen Ashley Theophane antreten werde, der bei den Mayweather Promotions unter Vertrag steht. Wie er damals erklärte, lasse er sich von niemandem vorschreiben, gegen wen er kämpfe. Er habe gehört, daß sein großer Bruder, der einzigartige Floyd Mayweather, einen gewissen Ashley unter Vertrag habe, den er für einen aussichtsreichen Kandidaten halte. Sollte das zutreffen, werde man sich von Boß zu Boß einigen. [2]

Wenngleich Broner beileibe nicht der einzige zur Selbstüberschätzung neigende Boxer ist, der sich voreilig als Nachfolger Floyd Mayweathers ins Gespräch gebracht hat, scheint er doch besonders resistent gegen jede Art von Kritik zu sein. Daß er sich in der Erwartung an Mayweather hängt, dadurch seine Karriere zu beflügeln, wäre ihm unbenommen, sähe er nicht demonstrativ auf seine Konkurrenten herab, ohne daß er jemals dicke Bäume ausgerissen hätte. Siege über Gavin Rees, Emmanuel Taylor, Carlos Molina, Chabib Allachwerdijew und bald wohl auch Ashley Theophane machen ihn noch längst nicht zum Superstar, auch wenn er das alle Welt glauben machen möchte.

Solange Broner ungeschlagen blieb und Weltmeister im Superfeder-, Leicht- wie auch Weltergewicht geworden war, blieb sein Anspruch unwiderlegt, in der Ära nach Mayweather die maßgeblichen Akzente zu setzen. Allerdings hatte er sich schon damals durch Siege über gute, aber keineswegs überragende Kontrahenten wie Antonio DeMarco und Paulie Malignaggi zum Champion gekrönt, jedoch die gefährlichsten Konkurrenten gemieden. So blieb es dem Argentinier Marcos Maidana vorbehalten, Broner die erste Niederlage beizubringen und ihm den Gürtel im Weltergewicht abzunehmen. Nachdem der Nimbus gebrochen war, klärte sich der Blick auf das tatsächliche Können Adrien Broners wie auch dessen Grenzen.

Welche Probleme Broner mit hochklassigen Gegnern bekommt, zeigte sich auch bei seinem Kampf gegen Shawn Porter im Juni 2005, den er einstimmig nach Punkten verlor. Nach seinem schwachen Auftritt mußte er sich heftige Kritik gefallen lassen, die nicht nur der Niederlage als solcher, sondern insbesondere deren Art und Weise geschuldet war. Etliche Kommentatoren mutmaßten, er habe sein Pulver bereits verschossen. Sollte er weiter darauf beharren, sich seine handhabbaren Gegner selber auszusuchen, statt sich mit namhaften Konkurrenten zu messen, erwiese er seinen Ambitionen einen Bärendienst. Wie er mit dieser Vorgehensweise eine Fangemeinde aufbauen will, die groß genug ist, um ihn zu einer Attraktion im Pay-TV zu machen, bleibt schleierhaft.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2016/02/broner-im-beating-theophanes-backside-april-1/#more-205553

[2] http://www.boxingnews24.com/2016/02/adrien-broner-vs-ashley-theophane-confirmed-april-1-spike/#more-205255

19. Februar 2016


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