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MELDUNG/1804: In die Jahre gekommen ... (SB)



Kommt es zum Kampf zwischen Arthur Abraham und Bernard Hopkins?

Schenkt man Dan Rafael von ESPN Glauben, der weithin als zuverlässige Quelle brandneuer Informationen und detaillierter Fakten anerkannt ist, könnte es im nächsten Jahr zu einem Kampf zwischen Arthur Abraham und Bernard Hopkins kommen. Legt man allein den Altersunterschied zugrunde, stiege der 35jährige WBO-Weltmeister im Supermittelgewicht aus Berlin als haushoher Favorit in den Ring, da der legendäre US-Amerikaner im Januar seinen 51. Geburtstag feiert. Hopkins, der einst Champion aller vier maßgeblichen Verbände im Mittelgewicht war, gehört jedoch zu den seltenen Ausnahmeerscheinungen, die eine höchst erfolgreiche zweite Karriere nachlegen konnten. Er wurde mit 49 Jahren ältester Weltmeister in der Geschichte des Boxsports und führte die Titel der WBA und IBF im Halbschwergewicht zusammen.

Im November 2014 bestritt er einen Vereinigungskampf mit dem WBO-Champion Sergej Kowaljow, der dabei einstimmig nach Punkten die Oberhand behielt und die drei Gürtel zusammenführte. Seither hat man Hopkins nicht mehr im Ring gesehen, obgleich es ihm nicht an Angeboten mangelte. Offenbar steht ihm der Sinn nach einem letzten bedeutenden Auftritt, der seine lange Laufbahn in einem krönenden Abschluß ausklingen läßt. Da käme Abrahams Titel gerade recht, der keineswegs in unerreichbarer Ferne läge.

In den USA wäre damit kein Staat zu machen, da Hopkins populär, der Berliner hingegen nur eingefleischten Boxfans ein Begriff ist. In Deutschland fände dieses Duell zweifellos vor großer Kulisse statt, zeichnet sich Abraham doch durch eine unverwüstliche Beliebtheit aus, während sich auch der US-Amerikaner mit einigen groben Pinselstrichen gut vermarkten ließe. Kalle Sauerland versicherte jedenfalls, er telefoniere regelmäßig mit den Golden Boy Promotions über die Möglichkeit, diesen Kampf zu realisieren. Als Termin scheint der Februar oder März 2016 im Gespräch zu sein.

Hopkins müßte allerdings ins Supermittelgewicht herunterkommen, was er wohl auch tun würde, sofern eine entsprechende Börse in Aussicht steht. Er hätte sicher auch Interesse an einem Kampf gegen Gennadi Golowkin, der jedoch im Mittelgewicht zu Hause ist und dem US-Amerikaner ins höhere Limit entgegenkommen müßte. In der Vergangenheit zeigte sich der Kasache nicht abgeneigt, sich mit Julio Cesar Chavez oder Carl Froch im Supermittelgewicht zu messen, doch kamen beide Duelle nicht zustande, da weder der Mexikaner noch der Brite für die Aussicht zu erwärmen war, von Golowkin auf die Bretter geschickt zu werden. Dieser hat inzwischen die Tür zum Bezahlfernsehen weit aufgestoßen, so daß Hopkins für ihn nicht attraktiv genug sein dürfte.

Das Halbschwergewicht ist für Bernard Hopkins ausgereizt, da Sergej Kowaljow und Adonis Stevenson zusammen alle vier Titel besetzen. Der Russe hat ihn so klar besiegt, daß eine Revanche keinen Sinn machen würde. Auch Stevenson wäre inzwischen wohl eine Nummer zu groß für den Altmeister, der bei seinem nächsten und mutmaßlich letzten Auftritt fast eineinhalb Jahre nicht mehr im Ring gestanden hat. [1]

Anders verhielte es sich mit Arthur Abraham, der längst nicht so massiv angreift wie Kowaljow und Stevenson. Wie Andre Ward im Super-Six-Turnier demonstriert hat, kann der Berliner schlecht mit einem Gegner umgehen, der ihn in der Nahdistanz ständig zudeckt, wühlt und mit ihm ringt. Wenngleich der Kalifornier noch immer als unerreichter Experte in dieser unschönen, aber sehr effektiven Kunst gilt, kann Hopkins durchaus auf sehr ähnliche Weise die Aktivitäten fast jeden Gegners eindämmen und neutralisieren. Da Abraham für gewöhnlich abzuwarten pflegt, bis sich der Kontrahent an seiner Doppeldeckung müde geboxt hat, um bei sich bietender Gelegenheit mit wuchtigen Schlägen über ihn herzufallen, könnte Hopkins dafür sorgen, daß der Berliner nur selten die erforderliche Bewegungsfreiheit und passende Distanz findet.

So gesehen wäre Arthur Abraham für Bernard Hopkins die günstigste Option, bei seiner mutmaßlichen Abschiedsvorstellung einen für die Zuschauer wenig attraktiven, aber erfolgreichen Kampf zu führen und zuguterletzt noch einmal Weltmeister zu werden. Andererseits würde Abrahams Trainer Ulli Wegner sicher nichts unversucht lassen, um eine Strategie für seinen Schützling auszubrüten, die selbst einem derart erfahrenen und listenreichen Veteranen wie Bernard Hopkins in die Parade fahren könnte.

*

Roy Jones will in Rußland gegen Enzo Maccarinelli antreten

Im Gegensatz zu Bernard Hopkins ist es dem inzwischen 46jährigen Roy Jones jun. nie mehr gelungen, an seine früheren Leistungen anzuknüpfen. Der einst als bester Boxer aller Gewichtsklassen gehandelte US-Amerikaner setzte seine Karriere auch dann noch fort, als er sein schwindendes Können in zunehmendem Maße mit seinem noch immer weithin bekannten Namen kompensieren mußte. Am 28. November trifft er in Rußland auf Enzo Maccarinelli, der vor Jahren WBO-Weltmeister im Cruisergewicht gewesen war. Der Waliser bekommt es allerdings zunächst am 10. Oktober mit Mehdi Amar zu tun, den er natürlich bezwingen muß, um den geplanten Kampf mit Roy Jones nicht zu gefährden. Wenngleich Amar lediglich als Aufbaugegner einzustufen ist, heißt das im Falle Maccarinellis keineswegs, daß damit der Sieger so gut wie feststände.

Roy Jones nahm kürzlich nach einem Treffen mit Wladimir Putin die russische Staatsbürgerschaft an und möchte geschäftlich in dem Land tätig werden. Daß er fortan für die Einreise kein Visum mehr benötigt, sieht er als einen unter mehreren Vorteilen an. Der US-Amerikaner will Weltmeister im Cruisergewicht werden, um seine Kritiker zu widerlegen, die seine Auftritte mit wachsender Skepsis verfolgen und ihm dringend raten, seinen Ruf nicht endgültig zu ruinieren. Wenngleich es nicht auszuschließen ist, daß ihn ein Weltmeister als leichte Beute ansieht und wegen seines klangvollen Namens als Herausforderer akzeptiert, ist diese Gewichtsklasse doch so stark besetzt, daß Jones eine weitere schwere Niederlage wie jene gegen Denis Lebedew vor fünf Jahren droht.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/09/arthur-abraham-vs-bernard-hopkins-possible-for-2016/#more-199454

25. September 2015


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