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MELDUNG/1697: Geborgen im heimischen Umfeld (SB)



Alexander Powetkin trifft auf Mike Perez

Alexander Powetkin gehört nach wie vor zu den besten Akteuren im Schwergewicht hinter den Weltmeistern Wladimir Klitschko und Deontay Wilder. Der 35 Jahre alte Russe führt mit einer Bilanz von 28 Siegen und einer Niederlage die WBC-Rangliste an. Er trifft am 22. Mai in Moskau auf den zweitplazierten Mike Perez, der von 22 Profikämpfen bislang ebenfalls nur einen verloren hat. Da es sich um einen Ausscheidungskampf des Verbands WBC handelt, wird der Sieger neuer Pflichtherausforderer des in 33 Auftritten ungeschlagenen US-Amerikaners Wilder.

Nachdem Powetkin bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen die Goldmedaille im Superschwergewicht gewonnen hatte, gehörte er zu den umworbensten Amateurboxern weltweit. Das Rennen machte der Berliner Promoter Sauerland-Event, unter dessen Regie es der Russe bis zum regulären WBA-Weltmeister brachte. Wenngleich sich Powetkin in Moskau Wladimir Klitschko geschlagen geben mußte, gehörte er doch zu den gefährlichsten Herausforderern, mit denen es der Ukrainer zu tun bekommen hat. Daß Alexander Powetkin namhafte Kontrahenten nicht scheut, zeigte auch sein letzter Kampf, bei dem er sich im Oktober 2014 ebenfalls in der russischen Hauptstadt in der zehnten Runde gegen Carlos Takam durchsetzte. Wenngleich sich dieser als der erwartet zähe Gegner erwies, boxte ihn der Russe gekonnt aus, bis es schließlich zum Abbruch kam.

Auch der 29jährige Mike Perez hat es in sich, unterlag er doch im vergangenen Jahr Bryant Jennings nur ganz knapp nach Punkten. Der Kubaner dominierte die ersten sechs Runden, mußte dann aber dem hohen Anfangstempo Tribut zollen, so daß der US-Amerikaner im weiteren Verlauf besser zur Geltung kam. Durch diesen Erfolg wurde Jennings damals nächster Pflichtherausforderer hinter Deontay Wilder beim WBC, was zwar letztendlich nicht zum Tragen kam, ihm aber den Weg zum Titelkampf gegen Wladimir Klitschko ebnete. Perez zeigte sich von der Niederlage gut erholt, als er im Februar den 40jährigen Aufbaugegner Darnell Wilson bereits in der zweiten Runde auf die Bretter schickte.

Alexander Powetkin hatte sich nach dem Olympiasieg ein Jahr Zeit gelassen, um die Angebote diverser Promoter zu prüfen, die ihn unter Vertrag nehmen wollten. Sauerland erhielt nicht zuletzt deswegen den Zuschlag, weil er dem Russen gestattete, überwiegend im heimischen Tschechow bei Moskau zu trainieren und seine Kämpfe zumeist im Ausland zu bestreiten. Dieses Arrangement kam Powetkin sehr entgegen, der als heimatverbunden gilt, sich in der Russisch-Orthodoxen Kirche engagiert wie auch als Mitglied der Kremlpartei Einiges Rußland ein politisches Amt als Abgeordneter im Regionalparlament bekleidet.

In sportlicher Hinsicht erwies sich die räumliche Verteilung jedoch als Pferdefuß seiner Karriere, da sie einer langfristigen Zusammenarbeit mit einem ortsgebundenen Trainer im Wege stand. So wurde er zu Beginn seiner Profilaufbahn von dem ehemaligen russischen Nationaltrainer Alexander Simin betreut, der jedoch an die Grenzen seiner Möglichkeiten zu stoßen schien, als es galt, Powetkin in den höchsten Rängen der internationalen Schwergewichtsszene zu etablieren. Daher kam es 2009 zur Zusammenarbeit mit Teddy Atlas, der als Amateur von dem legendären Cus D'Amato betreut und später dessen Co-Trainer geworden war.

Nachdem Atlas den Russen zum Titel des regulären WBA-Weltmeisters geführt hatte, trennten sich im Januar 2012 die Wege. Atlas bestand wegen seiner Tätigkeit als Kommentator für ESPN darauf, daß Powetkin zum Training in die USA reisen sollte. Hingegen bevorzugte das Team um den Champion, sich für einen Kampf in Europa im heimischen Tschechow vorzubereiten. Im Sommer 2012 wurde Kostia Chou als Trainer verpflichtet, der russisch-koreanischer Herkunft ist und lange in Australien gelebt hat. Der frühere Weltmeister im Halbweltergewicht betreute Powetkin bei zwei Kämpfen, doch für die Vorbereitung auf das Duell mit Wladimir Klitschko wurde vorübergehend der namhafte US-amerikanische Trainer Freddie Roach engagiert.

Inzwischen setzt Powetkin vollständig auf ein russisches Team und kämpft vorzugsweise in Moskau, wie es seinen Interessen am meisten entspricht. Man kann nur mutmaßen wo der Russe heute stünde, hätte er während seiner gesamten Profilaufbahn in enger und beständiger Zusammenarbeit mit einem einzigen kompetenten Trainer harmoniert.

Im Vorprogramm der attraktiv besetzten Veranstaltung in der russischen Hauptstadt verteidigt Grigori Drodsd den WBC-Titel im Cruisergewicht gegen seinen Vorgänger Krzysztof Wlodarczyk. Der Pole hatte im September 2014 nach einem hochklassigen Kampf in der achten Runde den kürzeren gezogen. Während für ihn 49 Siege und drei Niederlagen zu Buche stehen, hat der amtierende Champion 39 Auftritte gewonnen und nur einen verloren. Wie die beiderseitigen Bilanzen unterstreichen, treffen bei dieser Revanche zwei der führenden Vertreter des Cruisergewichts erneut aufeinander.

Mit von der Partie ist in Moskau auch Rachim Tschachkijew, der bei der Olympiade 2008 in Beijing Gold im Schwergewicht gewonnen hatte. Bei seinem ersten Anlauf auf einen Profititel scheiterte er im Juni 2013 an dem damaligen WBC-Weltmeister Wlodarczyk. Seither hat der Russe sechs Kämpfe gewonnen, von denen er fünf vorzeitig beenden konnte. Anfang April setzte er sich auf überzeugende Weise in der vierten Runde gegen Valeri Brudow durch. Der 32jährige Tschachkijew führt derzeit mit 22 Siegen sowie einer Niederlage die WBC-Rangliste an und bekommt es mit Mirko Larghetti zu tun, der 22 Auftritte gewonnen und einen verloren hat. Der Italiener mußte sich Ende August 2014 dem WBO-Weltmeister Marco Huck geschlagen geben, der damals noch bei Sauerland unter Vertrag stand.

Der Kölner Schwergewichtler Manuel Charr ist inzwischen in Moskau gut bekannt, wo er nun auf Alex Leapai trifft. Was ihn mit seinem australischen Gegner verbindet, ist die Bekanntschaft mit den Klitschkos, da Charr im September 2012 gegen Vitali und Leapai im April 2014 gegen Wladimir den kürzeren gezogen hat. Während für den gebürtigen Libanesen 27 gewonnene und drei verlorene Auftritte notiert sind, hat der Australier 30 Siege, sechs Niederlagen und drei Unentschieden vorzuweisen. Beide stehen gewissermaßen an einem Scheideweg ihrer Karriere, da sie nur im Falle des Erfolgs die Aussicht auf halbwegs einträgliche Kämpfe wahren können. [1]


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/04/alexander-povetkin-vs-mike-perez-on-may-22nd-in-moscow-russia/#more-191787

30. April 2015


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