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MELDUNG/1664: Zäsuren einer vielversprechenden Karriere (SB)



Der finnische Schwergewichtler Robert Helenius kehrt zurück

Der finnische Schwergewichtler Robert Helenius hat sich nach einer ausgiebigen Pause von zwei Jahren erfolgreich im Ring zurückgemeldet. Im März 2013 hatte er den britischen Veteranen Michael Sprott besiegt. Nun traf der 31jährige in Tallinn auf den Ungarn Andras Csomor, der sich dem wesentlich größeren Gegner bereits in der ersten Runde geschlagen geben mußte. Während der unbesiegte Helenius damit seine Bilanz auf 20 gewonnene Profikämpfe verbessern konnte, stehen für Csomor nun elf Siege, fünf Niederlagen sowie ein Unentschieden zu Buche.

Nachdem der 1,99 m große Finne seinen Gegner zunächst mit einer Rechten niedergeschlagen hatte, kam dieser noch einmal auf die Beine. Sofort drang Helenius erneut auf ihn ein und bearbeitete den hilflos wirkenden Ungarn mit weiteren heftigen Schlägen. Nach einer Kombination fiel Csomor rücklings in die Seile, die seinen Sturz verhinderten. Als er sich ein letztes Mal aufgerafft hatte, mußte er drei weitere schwere Treffer einstecken, worauf er in den Seilen lehnend nur noch seinen Kopf verbarg, ohne sich zu wehren. Helenius versetzte ihm daraufhin einen Schlag gegen den Kopf und zwei zum Körper, worauf der Ringrichter einschritt und den Ungarn aus dem Kampf nahm, da er sich nicht mehr verteidigte.

Wenngleich man von einer gelungenen Rückkehr des hochgewachsenen Finnen sprechen kann, war Andras Csomor doch ein zu harmloser Gegner, als daß man daraus eine fundierte Einschätzung ableiten könnte, in welcher Verfassung sich Helenius nach der langen Unterbrechung seiner Karriere befindet. Er bewegte sich relativ langsam, was allerdings dem Umstand geschuldet sein mochte, von dem Ungarn nicht ernsthaft angefordert worden zu sein.

Robert Helenius, der im Alter von vierzehn Jahren im südfinnischen Porvoo zu boxen begonnen hatte, wurde nach seiner Amateurlaufbahn vom Berliner Promoter Sauerland Event unter Vertrag genommen und von Ulli Wegner trainiert. Seinen ersten größeren Erfolg feierte er im Januar 2010 durch einen Sieg über den früheren WBO-Weltmeister Lamon Brewster, den er vorzeitig bezwang, worauf dieser seine Karriere beendete. Im Jahr 2011 besiegte Helenius mit dem Nigerianer Samuel Peter und dem Weißrussen Sergej Liachowitsch zwei weitere ehemalige Weltmeister vorzeitig. Am 4. Dezember 2011 traf er in Helsinki im Kampf um den Titel des Europameisters auf den Briten Dereck Chisora, der sich knapp und umstritten nach Punkten geschlagen geben mußte.

Helenius hatte sich dabei eine Bänderverletzung zugezogen, die ihn zu einer fast einjährigen Pause zwang. Nach seiner Rückkehr setzte er sich am 10. November 2012 gegen Sherman Williams und im März 2013 gegen Michael Sprott jeweils einstimmig nach Punkten durch. Darauf folgte eine weitere verletzungsbedingte Abwesenheit, die seine vielversprechende Karriere in Mitleidenschaft zog.

Ende Dezember 2013 nahm eine Kontroverse zwischen Robert Helenius und seinem Promoter Sauerland an Heftigkeit zu. Das Team des Finnen erhob den Vorwurf, bei dessen Vertragsunterzeichnung im Jahr 2007 sei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen. Zudem habe man ihn mit Verletzungen an Hand und Schulter in den Kampf gegen Chisora geschickt, was ihn weit in seiner Karriere zurückgeworfen hatte. Sauerland wies diese Vorwürfe zurück und bestand auf Einhaltung des Vertrags, dessen Laufzeit zwei weitere Jahre umfaßte. Unter der Führung des Trainerteams sei Helenius zu einem der besten Schwergewichtler der Welt aufgebaut worden. Daher habe man kein Verständnis für die aus dem Umfeld des Finnen erhobenen Vorwürfe.

Letztlich kam es aber doch zur Trennung von Sauerland Event, worauf Helenius nun versucht, einen neuen Anlauf zu nehmen. Sollte es seine körperliche Verfassung erlauben, muß er bald gegen namhaftere Gegner antreten, um in den Ranglisten wieder Fuß zu fassen. Während seiner langen Abwesenheit ist in der Schwergewichtsszene viel geschehen. Zwar ist Wladimir Klitschko nach wie vor Weltmeister aller Verbände bis auf das WBC, bei dem unterdessen der US-Amerikaner Deontay Wilder zum Champion aufsteigen konnte. Beide Titelträger sind derzeit jenseits der Möglichkeiten des Finnen, der inzwischen so weit zurückgefallen ist, daß Tyson Fury, Alexander Powetkin, Bryant Jennings, Bermane Stiverne, Chris Arreola, Kubrat Pulew, Andy Ruiz, Mike Perez, Lucas Browne, "Zar" Glatskow, Carlos Takam, Tony Thompson, Derek Chisora, David Price und Anthony Joshua über ihm einzustufen sind. [1]

Lediglich der reguläre WBA-Weltmeister Ruslan Tschagajew könnte ein Titelträger sein, dem Robert Helenius eines nicht allzu fernen Tages gewachsen sein dürfte. Da der Finne jedoch noch geraume Zeit brauchen wird, um sich wieder hochzuarbeiten und ins Gespräch zu bringen, ist natürlich ungewiß, ob der Usbeke dann immer noch in Besitz des Gürtels ist. Viel wird davon abhängen, ob Helenius einen Promoter findet, der ihm durch die Auswahl geeigneter Gegner die Türen zu einem zügigen Wiederaufstieg ohne allzu große Risiken öffnen kann.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/03/helenius-obliterates-csomor-in-1st-round-tko/#more-189629

23. März 2015


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