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MELDUNG/1542: Trainerwechsel verspricht frischen Rückenwind (SB)




Denis Boitsow geht von Karsten Röwer zu Ulli Wegner

Der Schwergewichtler Denis Boitsow stand früher bei der Hamburger Universum Box-Promotion unter Vertrag und war wie viele andere Akteure des Boxstalls von dessen Niedergang betroffen. Dem in 33 Profikämpfen ungeschlagenen Russen, der mehrfach als möglicher Kandidat für einen Kampf um die Weltmeisterschaft im Gespräch gewesen war, lagen Angebote aus aller Welt vor. Er entschied sich im vergangenen Jahr für Sauerland Event und zog nach Berlin um, was wohl die solideste Option gewesen sein dürfte.

Wie der damals 27jährige Boitsow berichtete, habe ihn seine ungewisse Zukunft lange beeinträchtigt. Jetzt habe er endlich wieder den Kopf frei und könne sich auf den Sport konzentrieren. Für seinen ersten Auftritt unter neuer Regie zeichnete sich ein Ausscheidungskampf gegen den Australier Alex Leapai ab, der zunächst wegen einer Verletzung Boitsows verschoben werden mußte, dann aber am 23. November 2013 in Bamberg nachgeholt wurde. Da der Sieger neuer Pflichtherausforderer Wladimir Klitschkos beim Verband WBO werden sollte, schien der favorisierte Russe bereits an die Tür des Weltmeisters zu klopfen. Sein Gegner war nur die Nummer acht der WBO-Rangliste und brachte eine eher durchwachsene Bilanz von 29 Siegen, vier Niederlagen sowie drei Unentschieden zu diesem Auftritt mit, bei dem Boitsow überdies vor heimischem Publikum antreten konnte.

Was beinahe wie ein Selbstgänger für den Ranglistenersten der WBO gewirkt haben mochte, mündete in einen katastrophalen Rückschlag für den Favoriten, der nach 33 Siegen in Folge bei diesem so wichtigen Kampf die erste Niederlage seiner Karriere hinnehmen mußte. Der von Karsten Röwer trainierte Boitsow unterlag Alex Leapai über zwölf Runden klar nach Punkten. Das erste Warnsignal kam in der zweiten Runde, als der Russe nach einem linken Haken des Australiers angeschlagen wirkte. Auch in der Folge machte Leapai den Kampf, während sich Boitsow auf Konter beschränkte. In der siebten Runde mußte der Russe erstmals in seiner Karriere zu Boden gehen, wo er angezählt wurde. Er schien konditionell nicht in der besten Verfassung zu sein und wurde im neunten Durchgang ein zweites Mal angezählt. Obgleich beide Boxer in der Schlußphase erschöpft wirkten, drängte der Australier mit letzter Kraft sogar auf eine vorzeitige Entscheidung.

Danach setzte eine Verletzungspause Boitsow lange außer Gefecht. Wie der inzwischen 28jährige Monate später berichtete, belaste ihn die damalige Niederlage noch immer. Er habe im vergangenen Jahr die WBO-Rangliste angeführt und stets nur Klitschko vor Augen gehabt. Im Kampf gegen Alex Leapai sei jedoch frühzeitig eine offenbar nicht vollständig ausgeheilte Trainingsverletzung am Knie wieder aufgebrochen. Er habe einfach nur Pech gehabt, aber es nicht darauf angelegt, in der Nachlese seines peinlichen Scheiterns nach Ausreden zu suchen.

Karsten Röwer und seine Trainingspartner hätten ihm gut zugeredet, so daß er wieder auf seine Fähigkeiten vertraue. Er sei vollkommen genesen, im Vollbesitz seiner Kräfte und fühle sich gut auf seinen nächsten Auftritt vorbereitet. Am 30. August traf Boitsow in Halle (Westfalen) auf den gleichaltrigen Timur Musafarow aus Essen, der bei seiner knappen Punktniederlage gegen den aktuellen Europameister Erkan Teper im vergangenen Jahr eine gute Figur gemacht hatte. Bei seinem ersten Kampf nach dem Scheitern an Leapai setzte sich der Russe einstimmig nach Punkten gegen Musafarow durch.

Nun hat Denis Boitsow, für den damit 34 Siege und eine Niederlage zu Buche stehen, seinen Trainer gewechselt. Er war offenbar zu dem Schluß gekommen, neue Wege beschreiten zu müssen, um irgendwann doch noch um die Weltmeisterschaft kämpfen zu können. Der Russe verabschiedete sich von Karsten Röwer und wird künftig von Uli Wegner betreut. Er setze auf einen Neuanfang, wofür Herr Wegner seines Erachtens der richtige Trainer sei, und freue sich auf die kommende Herausforderung, so Boitsow. Wegner war zuerst skeptisch und brachte klar zum Ausdruck, daß er Boitsow nur in Abstimmung mit dem Management und Karsten Röwer übernehmen werde. Promoter Kalle Sauerland gab dem Wechsel seinen Segen, so daß der Russe fortan unter dem bekanntermaßen strengen Trainingsregime Wegners steht. [1]

Denis Boitsow ist zweifellos ein talentierter Schwergewichtler, der es in der Vergangenheit bis fast an die Spitze gebracht hat. Was immer ihn an widrigen äußeren Umständen, mißlichen Verletzungen oder vielleicht auch nachlassendem Engagement aus der Bahn geworfen hat, dürfte in der Kommunikation mit seinem neuen Trainer sicher zur Sprache kommen. Ulli Wegner gilt als kompromißlos, was seine Anforderungen an Trainingsdisziplin und mitunter auch Lebensführung seiner Schützlinge betrifft, läßt aber auch nichts unversucht, sie mit allen Kräften zum Erfolg zu führen. Daher kann man wohl davon ausgehen, daß Boitsow tatsächlich ein neues Kapitel seiner Karriere aufschlagen wird, das schließlich einen Kampf um die Weltmeisterschaft in greifbare Nähe rückt.


Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/

29. Oktober 2014